Eine sehr lockere Geldpolitik bleibt laut EZB-Präsident Mario Draghi trotz des Aufschwungs im Euro-Raum weiter erforderlich. Die Inflationsentwicklung bleibe entscheidend abhängig von einem kräftigen Anschub durch das ganze Arsenal der geldpolitischen Maßnahmen, sagte Draghi am Montag im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments. Dazu zähle das billionenschwere Anleihekauf-Programm, der erhebliche Bestand an erworbenen Wertpapieren, die Wiederanlage auslaufender Papiere und auch der Zinsausblick. Sein designierter neuer Stellvertreter, der Spanier Luis de Guindos, erwartet, dass sich die EZB-Politik mit der Zeit der der US-Notenbank annähert.
"Die Inflation muss nach wie vor noch überzeugendere Hinweise für eine nachhaltige Veränderung nach oben hin zeigen", sagte Draghi. Im Januar lag die Teuerung lediglich bei 1,3 Prozent - die EZB strebt aber knapp zwei Prozent als optimalen Wert für die Wirtschaft an. Das werde in den kommenden Monaten das Hauptmaß für die Geldpolitik sein. Die Euro-Notenbank verfehlt ihr Inflationsziel bereits seit Frühjahr 2013.
Der nach wie vor anhaltend schwache Inflationsdruck könne unter anderem daher rühren, dass der wirtschaftliche Nachholbedarf größer sei als gedacht. Das verlangsame womöglich den Aufbau von Preisdruck, sagte Draghi. Sichtbar sei das etwa auf dem Arbeitsmarkt. So sei das Lohnwachstum trotz starker Beschäftigungszuwächse nur verhalten. Insgesamt sei aber die Beziehung zwischen Wachstum und Inflation zum Großteil intakt. Daher erwartet die Notenbank Draghi zufolge, dass die Teuerung unterstützt durch die Geldpolitik allmählich anziehen wird.
In der Euro-Zone war die Wirtschaft 2017 um 2,5 Prozent gewachsen und damit so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr. Angesichts des Aufschwungs haben die Euro-Wächter zum Jahresstart ihre monatlichen Anleihenkäufe auf 30 Milliarden Euro halbiert. Die in Deutschland umstrittenen Transaktionen sollen aber noch bis mindestens Ende September weiterlaufen. Der Leitzins liegt nach wie vor auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.
Draghis künftiger Vize de Guindos rechnet unterdessen damit, dass sich die EZB mit der Zeit geldpolitisch in die gleiche Richtung bewegen wird wie die US-Notenbank Fed. Aktuell gelte aber: "Die Europäische Zentralbank ist in einer anderen Situation, in einer anderen Phase des Geschäftszyklus." In den USA endeten die Anleihenkäufe im Herbst 2014. Seit Dezember 2015 hebt die Fed zudem in kleinen Schritten behutsam die Zinsen an.