Finanzen

US-Unternehmen müssen deutlich mehr für ihre Schulden bezahlen

Die hohen Schulden vieler US-Unternehmen machen Anleger nervös. Die Renditen der Anleihen steigen deutlich.
23.05.2018 17:22
Lesezeit: 3 min

Steigende Anleihe-Renditen und im Gegenzug sinkende Kurse haben seit Jahresbeginn dazu geführt, dass viele US-Unternehmen künftig mehr für den Schuldendienst bezahlen müssen. Wie die Financial Times berichtet, stiegen die Zinsen für Unternehmen mit bester Kreditwürdigkeit (Investment Grade) so stark wie seit mindestens 20 Jahren nicht mehr.

Investoren, welche Anleihen von Unternehmen mit Investment Grade-Status gekauft haben, mussten seit Jahresbeginn demnach Kursverluste von 3,8 Prozent verkraften. Dies gehe aus Indizes hervor, welche von Bank of America Merrill Lynch veröffentlicht werden, berichtet die FT.

Analysten zufolge sind die steigenden Zinsen Folge der geldpolitischen Normalisierung der Zentralbank Federal Reserve, welche keine Anleihen mehr kauft, die Leitzinsen anhebt und ihre Bilanz verkürzen will. Zudem habe der deutliche Anstieg der Renditen für US-Staatsanleihen in den vergangenen Wochen Investoren nervös gemacht. Die Renditen für Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit lagen am Mittwoch bei etwa 3 Prozent und damit so hoch wie zuletzt im Jahr 2013.

Viele US-Unternehmen hatten die Phase tiefer Leitzinsen und günstiger Finanzierungsbedingungen dazu genutzt, in großem Umfang Schulden aufzunehmen. Zwar ging das Volumen der Anleiheemissionen im Investment Grade-Bereich im ersten Quartal 2018 verglichen mit dem Vorjahr um 8 Prozent zurück, doch Unternehmen aus den Sektoren Lebensmittel, Getränke, Einzelhandel und Metallverarbeitung steigerten die Schuldenaufnahme um das Doppelte.

Inzwischen werden einige Geldgeber angesichts des Schuldenbooms nervös. „Auf den ersten Blick wirken die Unternehmen solider als 2007, etwa wenn man den hohen Bargeldbestand betrachtet. Doch die durchschnittlichen Z Scores bewegen sich ungefähr in den gleichen Sphären wie damals – wenn nicht sogar ein bisschen tiefer. Das ist ein beunruhigendes Zeichen. Zudem notieren die Aktienmärkte auf sehr stattlichem Niveau. Ohne den Einfluss dieses erhöhten Marktwerts lägen die Z Scores noch niedriger. Der Grund sind die gewaltigen Schulden, die in den Unternehmensbilanzen aufgebaut wurden. Interessanterweise scheint dies die Kapitalmärkte aber immer noch nicht zu beunruhigen. Alles hängt von den Wachstumsraten ab – also der Entwicklung von Umsatz, Gewinn und Cashflow bei den Unternehmen sowie des BIP auf Länderebene: Kommt es bei steigenden Zinsen zu einer Verlangsamung oder gar einem Wachstumsstopp, wird das Pulverfass explodieren. Wegen der deutlich höheren Verschuldung fiele der Abschwung an den Kreditmärkten wohl schärfer aus als 2007, sagt der Ökonom Edward Altman im Gespräch mit Finanz und Wirtschaft.

Es gäbe deutlich Parallelen zur Zeit vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007, sagt Altman. „Eine Parallele ist die hohe Liquidität: Es ist viel Kapital für Investments in den Aktienmarkt vorhanden sowie in alles, was eine Überrendite zu Staatsanleihen bietet. Auch scheinen Anleger (…) die Risiken vergessen zu haben. 2007 war ich außerdem besorgt, dass Gesellschaften, deren operativer Gewinn die Zinskosten nicht deckt, weiterhin günstiges Kapital erhalten. Das ist auch jetzt wieder der Fall. Der Schuldenberg ist wesentlich grösser als 2007 – und das auf allen Ebenen. Besonders deutlich wird dies bei Unternehmen außerhalb des Finanzsektors und bei den Staatshaushalten. Nicht ganz so krass – aber dennoch Anlass zur Sorge – ist die Lage bei Privathaushalten und Finanzunternehmen. Das Verhältnis zwischen Gesamtverschuldung und globaler Wirtschaftsleistung notiert klar höher als 2007. Wir befinden uns in unbekannten Gewässern.

Je weiter die Federal Reserve ihre Geldpolitik strafft, desto mehr werden sich die Finanzierungsbedingungen hochverschuldeter Unternehmen zuspitzen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die US-Bürger. „Allen voran nimmt die positive Wirkung der monetären Lockerung und der ultraniedrigen Zinsen über die kommenden Quartale ab. Kletternde Zinsen werden sich verstärkt auf der Kostenseite niederschlagen – haben doch viele Unternehmen das Umfeld genutzt, ihre Bilanzen mit billigem Fremdkapital aufzupumpen. (…) Gleichzeitig warnen die Analysten von BCA Research, sich weiterhin auf den ‚Fed Put‘ zu verlassen. Angesichts steigender Inflation könne nicht mehr darauf gebaut werden, dass die US-Notenbank beim ersten Anzeichen einer Konjunkturverlangsamung oder schwächelnder Märkte die Zinsschraube wieder lockert. Die Margen sind ebenfalls ein Risikoherd: (…) haben sich in den jüngsten US-Quartalsberichten Indizien gehäuft, wonach steigende Löhne und höhere Rohstoffnotierungen die Profitabilität unter Druck bringen dürften. Divergierende Signale kommen letztlich auch aus der Weltwirtschaft“, schreibt Finanz und Wirtschaft.

Ein Problem stellt zudem der Umstand dar, dass viele Unternehmen die billigen Schulden in der Vergangenheit dazu benutzt haben, um eigene Aktien zurückzukaufen. Sie haben es also versäumt, das operative Geschäft mit langfristigen, produktiven Investitionen zu stärken. Vor Kurzem wurde bekannt, dass US-Unternehmen im vergangenen Jahr so viele Aktien zurückgekauft haben, wie nie zuvor.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rheinmetall-Prognose: Verdeckte Hinweise auf ein Rekordjahr
12.03.2025

Rheinmetall gibt sich in seiner offiziellen Prognose für 2025 zurückhaltend – doch zwischen den Zeilen zeigt sich ein anderes Bild. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilieninvestoren: Ist es sinnvoll, ein Aktienportfolio zu hebeln?
12.03.2025

Immobilieninvestoren nutzen häufig Fremdkapital, um die Rendite zu steigern. Macht der Einsatz eines Hebels auch bei Aktien Sinn?

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Batteriehersteller Northvolt pleite: Tausende Arbeitsplätze in Gefahr
12.03.2025

Der schwedische Batteriehersteller Northvolt hat Insolvenz angemeldet – mit unklaren Folgen für sein Milliardenprojekt in...

DWN
Immobilien
Immobilien SOS Energetische Sanierung: Bei Wohnimmobilien geht zu viel Energie verloren
12.03.2025

Es gibt einen massiven Sanierungsbedarf im deutschen Wohnmarkt: Der „Sanierungsstau“ wird durch die stark gestiegenen Baukosten und dem...

DWN
Politik
Politik Feuerpause Ukraine: Moskau am Zug
12.03.2025

Die Ukraine stimmt einer Waffenruhe zu – unter Druck der USA. Präsident Trump will mit Putin verhandeln, doch Moskau schweigt. Während...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Porsche: Gewinn bricht um 30 Prozent ein
12.03.2025

Porsche steckt in der Krise: Der Gewinn bricht um über 30 Prozent ein, die Auslieferungen sinken, und die Profitabilität leidet....

DWN
Politik
Politik US-Zölle: EU kündigt Gegenzölle an
12.03.2025

Die USA erheben neue Zölle auf Stahl und Aluminium – die EU schlägt zurück. Brüssel plant milliardenschwere Gegenzölle auf...

DWN
Politik
Politik Der Papst ist krank - wie geht es weiter?
12.03.2025

An diesem Donnerstag ist Papst Franziskus genau zwölf Jahre im Amt. Derzeit liegt er im Krankenhaus. Sein Zustand hat sich zuletzt...