Der Auftragsschwund in der deutschen Industrie hat sich zu Beginn der zweiten Jahreshälfte wegen der schwächelnden Auslandsnachfrage überraschend fortgesetzt. Das Neugeschäft schrumpfte im Juli um 0,9 Prozent zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem Anstieg von 1,8 Prozent gerechnet. Im Juni hatte es mit 3,9 Prozent den stärksten Rückgang seit rund anderthalb Jahren gegeben. Zudem schrumpfte die Produktion der deutschen Industrie.
„Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe haben sich, nach einem sehr dynamischen zweiten Halbjahr 2017, seit Jahresbeginn merklich abgeschwächt“, erklärte das Ministerium. „Dabei dürften die weltweiten Verunsicherungen durch Handelskonflikte eine Rolle gespielt haben.“
Darüber hinaus gebe es Engpässe bei der Zulassung neuer Autos wegen strengerer Abgasregeln (WLTP). Dadurch seien die Bestellungen von Fahrzeugen gesunken. „Ein Teil davon dürfte nachgeholt werden“, erwartet das Ministerium.
Das Auslandsgeschäft schrumpfte im Juli um 3,4 Prozent. Die Bestellungen aus der Euro-Zone fielen um 2,7 Prozent, die aus dem Rest der Welt um 4,0 Prozent. Die Inlandsnachfrage wuchs dagegen um 2,4 Prozent.
„Es stellt sich die Frage: Was ist hier im Busch? Führt die Zolldiskussion doch bereits schon zu größerer Zurückhaltung bei Bestellungen? Was zu den Auftragseingängen nicht passt, ist die noch immer gute Stimmung in der deutschen Industrie. Das heutige Zahlenmaterial wirft also eine ganze Reihe von Fragezeichen auf. Die Auftragsdaten ermahnen zur Demut. Möglicherweise fällt das zweite Halbjahr für die deutsche Volkswirtschaft holprig aus – holpriger jedenfalls als bislang angenommen“, wird Thomas Gitzel von der VP Bank von Reuters zitiert.
Zuletzt hatte es vermehrt Anzeichen dafür gegeben, dass das Wachstum der Weltwirtschaft an Tempo verliert.
Ökonomen vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnen mit einem baldigen Ende des Aufschwungs in Deutschland. Zwar sei die Hochkonjunktur noch nicht vorbei, sagte IfW-Experte Stefan Kooths anlässlich der am Donnerstag vorgelegten Herbstprognose des Instituts. „Deutschland muss sich aber auf den Abschwung gefasst machen.“ Bereits zu Beginn des kommenden Jahrzehnts sei mit ausgereizten Kapazitäten zu rechnen. Dann dürfte es Engpässe etwa beim Personal und bei Gütern geben, die für die Produktion notwendig sind. Besonders betroffen sei die Bauwirtschaft.