Im vergangenen Jahr sollen insgesamt 100 türkische Top-Ingenieure aus den Bereichen der Rüstungsindustrie und der Luftfahrt in die Niederlande ausgewandert sein. Eine Reihe von ihnen soll eine sofortige Anstellung bei der niederländischen Firma ASML, welche der weltweit größte Anbieter von Lithographiesystemen für die Halbleiterindustrie ist, erhalten haben. Insbesondere der türkische Rüstungskonzern Aselsan soll vom “Brain Drain” betroffen sein.
Der türkischsprachige Dienst von euronews zitiert den sozialdemokratischen Abgeordneten İlhami Özcan Aygun: “Wir beobachten, dass sich die niederländische Regierung in der vergangenen Zeit für türkische Ingenieure, die an wichtigen militärischen Projekten arbeiten, interessiert hat. Insbesondere im Verlauf des vergangenen Jahres wurden zahlreiche türkische Ingenieure durch niederländische Technologie- und Militärfirmen abgeworben.”
Aygun fügte hinzu, dass der Wertverfall der Türkischen Lira ein wichtiger Auslöser dieses Trends ist. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und die türkische Regierung wollen einen Aktionsplan umsetzen, um den “Brain Drain” einzudämmen.
Ein ehemaliger Aselsan-Ingenieur sagte dem Blatt Gazete Duvar unter der Bedingung der Anonymität: “Bei Aselsan gibt es unter den Ingenieuren eine große Abwanderung in die Niederlande. Zwischen ASML und türkischen Ingenieuren liefen zahlreiche Gehaltsverhandlungen. ASML wirbt gezielt Ingenieure von Aselsan ab. Wir erhielten alle über Linkedin Messages, um uns in die Niederlande abzuwerben.”
Der Ingenieur führte weiterhin aus, dass es zahlreiche Ingenieure gibt, die als Leiharbeiter bei türkischen Top-Unternehmen arbeiten und nur wenig verdienen, obwohl sie dieselbe Leistung wie die Festangestellten erbringen. Es gebe Leiharbeiter-Ingenieure, die weitaus erfahrener und besser als die Festangestellten seien, aber nicht dieselbe Anerkennung erhalten würden.
Als generelle Gründe für die Abwanderung von hochqualifizierten türkischen Ingenieuren führt Webtekno an, dass die Ingenieure in der Türkei 45 Stunden in der Woche arbeiten müssen und nur zehn Tage Urlaub im Jahr haben. Hinzu kommt, dass der Währungsverfall der Türkischen Lira in Verbindung mit einer grassierenden Inflation die Lebensbedingungen der Bürger massiv erschwert hat.