Deutschland

Arm und gar nicht mehr sexy: Bayern fordern Bailout für Berlin

Die Stadt Berlin ist pleite, und die reichen Bayern wollen nicht mehr zahlen. 3,3 Milliarden Euro hat Berlin aus dem Länderfinanzausgleich bekommen. Nun fordern die Bayern, dass der Bund die Berliner rettet.
02.02.2013 03:20
Lesezeit: 2 min

Berlin hat einen glänzenden Ruf – als Partystadt. Finanziell ist die Stadt seit Jahren pleite. Im Jahr 2012 war die Bundeshauptstadt nur mit Geldern aus dem Finanzausgleich funktionsfähig zu halten. Wie die meisten anderen Bundesländer lebt Berlin in großem Stil über seine Verhältnisse. Finanziert wird der Spaß von Bayern und Baden-Württemberg. Allein aus Bayern flossen 3,9 Milliarden in die finanzschwachen Länder: 14 an der Zahl, die ohne fremde Hilfe pleite wären.

Angesichts der schlechten Wirtschaftslage insgesamt finden es die Bayern nun nicht mehr sexy, dass Berlin sich von den anderen Ländern aushalten lässt.

In München stößt die Praxis der Umverteilung schon lange sauer auf. Nun aber scheint es den Bayern erstmals ernst zu sein: Nach Informationen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten wollen die Bayern für das Jahr 2013 den Länderfinanzausgleich neu strukturieren: Man könne es den eigenen Landsleuten nicht vermitteln, dass Berlin dauernd Negativ-Schlagzeilen mit Milliarden-Debakeln produzieren, wie zuletzt beim Projekt Größenwahn Flughaben Schönefeld: „Diesmal wird sich Bayern nicht einfach mit einem Solidaritäts-Slogan abspeisen lassen“, sagt ein hochrangiger CSU-Mann, der wegen der politischen Sensibilität nicht mit Namen genannt werden möchte.

Die Bayern besorgt vor allem die Ungewissheit der Euro-Rettung: „Niemand weiß in Wahrheit, wie das weitergeht. Die EU in ihrer gegenwärtigen Form birgt viele Risiken, ob der Euro zu retten ist, ist äußerst zweifelhaft. Möglicherweise erleben wir schon bald die Rückkehr des Europas der Vaterländer.“

In einem solch ungewissen Umfeld sei es nicht vertretbar, dass die bayrischen Kommunen und das Land sparen müssen, weil Geld nach Griechenland und sonst wohin geht – und das Land sich so gebärde, als wäre der Länderfinanzausgleich ein wohlerworbenes Recht, der unter der Solidaritäts-Flagge bis in alle Ewigkeit Zahlungen aus dem Süden sicherstelle: „Wir gehen davon aus, dass in diesem Jahr die Struktur des Länderfinanzausgleichs verändert werden muss.“ Eine Verfassungsklage soll die Realität abbilden, sagt der Insider. Am Dienstag soll diese Klage im Kabinett in München beschlossen werden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Kernpunkt der Klage ist, dass beim derzeitigen Modell ein „Münchner oder Kölner weniger wert“ ist als „ein Berliner oder Hamburger“, sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder der Süddeutschen Zeitung.

Der bayrische Finanzminister schlägt vor, dass der Bund Berlin retten soll. Ein Bailout sei gerechtfertigt, weil Berlin viele Bundesaufgaben habe übernehmen müssen. Es sei nicht einzusehen, warum andere Länder dafür zahlen müssten.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit nimmt das Thema wie gewohnt auf die leichte Schulter. Das alles sei bloß „eine reine schwarz-gelbe Wahlkampfaktion“. Wowereit geht davon aus, dass alles beim Alten bleibt.

Wowereit rechnet offenbar mit der Langmut der Südländer. Er glaubt, dass eher der neue Großflughafen fertig wird als dass Bayern seine Zahlungen wirklich einschränken könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...