Politik

Russland will Zeugen Jehovas als Extremisten verbieten

Russland hat das Zentrum der Zeugen Jehovas in Moskau geschlossen und will die Organisation wegen Extremismus verbieten. In Deutschland sind die Zeugen Jehovas seit kurzem in allen Bundesländern den Kirchen gleichgestellt.
23.03.2017 18:03
Lesezeit: 1 min

+++Werbung+++

[vzaar id="2845103" width="600" height="338"]

Das russische Justizministerium hat die Aktivitäten des Verwaltungszentrums der Zeugen Jehovas in Russland ausgesetzt. Als offizielle Begründung nannte das Ministerium die „extremistischen Aktivitäten“ der Organisation.

Das Justizministerium teilte laut der staatlichen Nachrichtenagentur TASS mit, dass es das Verwaltungszentrum der Zeugen Jehovas auf die Liste der nichtstaatlichen und religiösen Organisationen gesetzt habe, deren Tätigkeit als „Extremismus“ eingestuft werde.

Der Oberste Gerichtshof wird am 5. April über den Antrag des Justizministeriums entscheiden, die Zeugen Jehovas zu einer extremistischen Organisation zu erklären und ihre Aktivitäten im Land zu verbieten und zu beenden. In seinem Antrag nennt das Justizministerium eine Vielzahl von Verletzungen der russischen Gesetze, einschließlich des Bundesgesetzes über Widerstand gegen extreme Aktivitäten.

Das Verwaltungszentrum der Zeugen Jehovas in Russland war bereits im Jahr 2016 einmal von einem Moskauer Gericht verwarnt worden. Wenn ein NGO in Russland nach einer Warnung nicht nachweisen kann, dass die angebliche Verfehlung abgestellt wurde oder neue „Beweise von extremistischer Tätigkeit“ auftauchen, wird der NGO geschlossen. Ein Moskauer Gericht ist am 16. Januar zu der Auffassung gelangt, dass dieser Fall auf die Zeugen Jehovas zutrifft.

Für die Zeugen Jehovas hätte ein Verbot gravierende Folgen: Der Philippine Daily Inquirer berichtet, dass etwa 8.000 philippinische Mitglieder der Gruppe ihre Ausweisung fürchten. Sie hatten sich in der Sache an die Regierung in Manila gewandt, die seit geraumer Zeit eine Annäherung an Moskau vorantreibt.

In Deutschland haben die Zeugen Jehovas dagegen gerade einen wichtigen Schritt zur Anerkennung gemacht: Als letztes Bundesland hat Anfang Februar Nordrhein-Westfalen die Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Damit ist die Glaubensgemeinschaft den großen Kirchen gleichgestellt. Sie könne unter ihren Mitgliedern Steuern erheben oder auch Lehrpläne für einen eigenen Religionsunterricht erstellen, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei laut dpa Anfang Februar in Düsseldorf. Die umstrittene Religionsgemeinschaft war 2006 in Berlin nach langem Rechtsstreit erstmals von einem Bundesland als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt worden.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte zuvor erklärt, es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass sich die Zeugen Jehovas nicht rechtstreu verhielten. Die anderen Länder folgten nach und nach und nahmen eine entsprechende rechtliche Aufwertung vor.

Ein Sprecher der Glaubensgemeinschaft erklärte, „ein gutes Verhältnis zu den staatlichen Behörden“ sei den Zeugen Jehovas wichtig. Man sei nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. In Deutschland gebe es gut 200.000 Mitglieder. Kritiker sprechen hingegen laut dpa von einer „autoritären Sekte“ und „restriktiven Organisation“, die blinden Gehorsam erwarte und ihre Mitglieder sozial isoliere.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...