Politik

Deutsche Wirtschaft fordert Rückkehr zu normalen Zinsen

Die Deutsche Wirtschaft sieht nach dem Sieg von Emmanuel Macron in Paris die Zeit für das Ende der ultralockeren Gedlpolitik gekommen.
08.05.2017 11:37
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach dem Sieg von Emmanuel Macron bei der Präsidentenwahl in Frankreich sind aus aus Deutschland zahlreiche Simmen mit der Forderung nach einem Kurswechsel der Europäischen Zentralbank (EZB) laut geworden. Rene Wagner von Reuters fasst die Stimmen zusammen:

"Es ist höchste Zeit, dass die EZB ein Ende der Niedrigzinspolitik einleitet", sagte der Präsident des Verbandes der Familienunternehmen, Lutz Goebel, am Montag nach der Niederlage der Euro-Gegnerin Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National. "Mit dem brandgefährlichen Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen bereitet die EZB die nächste Finanzblase vor, vor allem finanziert sie den Reformunwillen in Europa." Wenn die EZB jetzt die Kehrtwende einleite, würden die Franzosen die Notwendigkeit von Reformen nachvollziehen können. "Macron könnte den Schwarzen Peter der EZB zuschieben, die ja nicht um eine Wiederwahl bangen muss, und damit seinen innenpolitischen Gegnern den Wind aus den Segeln nehmen", so Goebel.

Auch der CSU-Politiker Hans Michelbach fordert eine geldpolitische Wende: "Das ist schon lange überfällig", sagte der Unions-Obmann im Finanzausschuss des Bundestages. "Es ist meiner Meinung nach an der Zeit, das Signal für eine schrittweise Anpassung der EZB-Geldpolitik an die Wirtschafts- und Inflationsentwicklung zu senden und die Anleihenkäufe schrittweise zurückzuführen." Das würde das Vertrauen von Sparern und Märkten in die Geldpolitik stärken.

Die EZB hält ihren Leitzins seit März 2016 auf dem Rekordtief von null Prozent. Damit sowie mit dem Kauf von Wertpapieren will sie die Konjunktur und die Inflation anschieben. Da die Wirtschaft der Euro-Zone im ersten Quartal mehr als doppelt so stark wuchs wie die der USA, die Arbeitslosigkeit in vielen Ländern sinkt und auch die Preise deutlicher steigen, nehmen Spekulationen über einen Einstieg in den Ausstieg aus ihrer extrem lockeren Geldpolitik zu. EZB-Direktor Yves Mersch plädiert für ein behutsames Vorgehen. "Jedwede Diskussion sollte natürlich in einer strukturierten, geordneten und angemessen umsichtigen Weise stattfinden", sagte das Mitglied des sechsköpfigen EZB-Führungsteams. Markterwartungen hinsichtlich Deflationsrisiken und weiterer Zinssenkungen hätten nachgelassen. "Und der Fokus beginnt sich in Richtung einer Normalisierung der Geldpolitik in der Zukunft zu verändern."

Experten wie Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnen aber nicht mit einem raschen Kurswechsel. "Die Währungsunion kommt auch bei einem französischen Präsidenten Macron nicht zur Ruhe. Deshalb werden die Vertreter der hoch verschuldeten Länder im EZB-Rat weiter auf eine lockere Geldpolitik drängen." Krämer rechnet trotz der Wahl Macrons nicht damit, dass die EZB ihre Leitzinsen bereits in diesem oder im nächsten Jahr erhöht.

Die Wirtschaft erhofft sich von Macron Veränderungen. "Wenn sich der Reformstau in Frankreich in den kommenden Jahren auflösen würde, wäre das ein ermutigendes Signal für die wirtschaftliche Entwicklung Europas", erklärte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer. "Damit könnte sich Europa weiter aus der Krise arbeiten und die EZB zu einem normalen Zinsniveau zurückkehren."

Macrons wichtigste Aufgabe sei es, die Franzosen hinter seinem Reformprogramm zu versammeln, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf. "Wir in Deutschland wünschen uns ein starkes Frankreich in Europa." Der deutsche Markt ist das französische Exportziel Nummer eins, umgekehrt ist Frankreich Deutschlands zweitwichtigster Absatzmarkt nach den USA.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...