Politik

Milliarden an EU-Steuergeldern für Entwicklung der Türkei

Die Türkei erhält von den EU-Steuerzahlern Milliarden zum Aufbau der Demokratie. Das EU-Parlament stellt die Zahlungen in Frage.
03.07.2017 01:26
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Türkei soll von der EU zwischen 2007 bis April 2017 etwa eine Milliarde Euro zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie erhalten haben. Ein Sprecher der Europäischen Kommission sagte dem EU Observer Anfang des Monats Juni, dass zwischen 2007 und April 2017 rund 979,6 Millionen Euro ausgezahlt wurden, wobei die Türkei im Verlauf des aktuellen Jahres noch weitere Zahlungen erhalten soll.

Die Türkei befindet sich in einer Phase der Transformation von einem parlamentarischen System zu einem Präsidialsystem. Allerdings wird die Einführung des Präsidialsystems dem aktuellen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nahezu uneingeschränkte Machtbefugnisse geben und das Parlament komplett aushebeln.

Obwohl die Abgeordneten des EU-Parlaments mittlerweile für einen Abbruch der Beitrittsgespräche mit der Türkei plädieren, hält die EU-Kommission an einer Politik der "offenen Tür" fest. Die einzelnen EU-Staaten wollen ebenfalls nicht auf Konfrontationskurs gegen Ankara gehen, um den Flüchtlings-Deal nicht zu gefährden. Der Vorsitzende der liberalen Fraktion ALDE im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, sagte in der vergangenen Woche im Rahmen einer Rede im EU-Parlament, dass Erdogans "Hunger nach Macht jetzt ohne Grenzen" sei. "Er kann tun, was er will. Wir nehmen keine Maßnahmen in Bezug auf die Türkei vor. Wir setzen noch nicht einmal die Beitrittsgespräche aus", so Verhofstadt. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte dem EU Observer, dass die Türkei trotz der "herrschenden Umstände" weiterhin EU-Gelder erhalten soll. Allerdings sei eine genaue Prüfung der Finanzmittel erfolgt, "um sicherzustellen, dass sie voll und ganz mit unseren Interessen und Werten übereinstimmen", so der Sprecher.

Die Beträge sind nicht unbedeutend. Die Türkei erhält mehr Geld aus dem so genannten Instrument für Heranführungshilfe (IPA) der EU als jedes andere Land. Von 2007 bis 2013 wurden der Türkei rund 4,8 Milliarden Euro zugeteilt, das sind mehr als 40 Prozent aller IPA-Zuweisungen. Davon wurden 2,68 Milliarden Euro zugesichert und 2,19 Milliarden Euro tatsächlich ausbezahlt. Weitere 1,65 Milliarden Euro wurden seit 2014 zugesichert, aber noch nicht ausgezahlt. Am Dienstag (20. Juni) forderte der Außenausschuss des EU-Parlaments erneut das Ende der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.

Die deutsche EU-Abgeordnete Renate Sommer sagt, dass ein Stopp der Beitrittsverhandlungen auch zu einem Stopp der Zahlungen aus der IPA führen würde. "Wir fordern die Umleitung der IPA-Mittel, um sie ausschließlich für die Unterstützung der Zivilgesellschaft zu nutzen und die Situation der Flüchtlinge in der Türkei zu verbessern", so die CDU-Politikerin. Der Europäische Rechnungshof hat Anfang des Monats angekündigt, die Verwendung der Gelder in der Türkei zu überprüfen.

Seit dem Putsch vom 15. Juli 2016 wurden in der Türkei zahlreiche Anwälte, Militärs, Journalisten, Akademiker und Polizisten unter Putschverdacht verhaftet. Nach Angaben des EU Observers wurden 234 Journalisten, 4.400 Anwälte und Staatsanwälte und etwa 8.270 Akademiker verhaftet. Anfang Juni 2017 wurde auch der Chef von Amnesty International (AI), Taner Kilic, verhaftet. Die überwiegende Anzahl der Verhafteten sollen Mitglieder der Gülen-Bewegung sein, die in der Türkei als Terrororganisation eingestuft wird. Allerdings kritisieren mittlerweile auch die schärfsten Gegner der Gülen-Bewegung die Massenverhaftungen. Die Opposition wirft Erdogan vor, dass dieser nicht Mitglieder der Gülen-Bewegung, sondern vor allem Oppositionelle aus allen Lagern verhaften lasse.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neue Studie: KI nimmt jungen Menschen die Jobs weg
10.09.2025

Künstliche Intelligenz entzieht der jungen Generation die Perspektive: Während Ältere profitieren, verlieren Berufseinsteiger massenhaft...

DWN
Politik
Politik Waffen statt Zukunft: UN warnt vor globalem Rüstungsboom
09.09.2025

Die weltweiten Militärausgaben erreichen neue Rekordhöhen – und das auf Kosten von Frieden, Bildung und Klimaschutz. Ein aktueller...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa rüstet auf: Verteidigungs-Startups erleben Investoren-Boom
09.09.2025

Die geopolitische Unsicherheit und Trumps neue Außenpolitik befeuern massive Investitionen in europäische Verteidigungs-Startups....

DWN
Politik
Politik Arbeitszeit-Debatte: Mehr als die Hälfte der Deutschen wünscht kürzere Arbeitszeiten
09.09.2025

Um Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, sollten die Menschen in Deutschland mehr arbeiten, argumentieren führende Politiker....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Wirtschaft: Scheitert die Eurozone an Deutschland?
09.09.2025

Die Eurozone taumelt zwischen Mini-Wachstum und Rekord-Arbeitslosigkeit: Während Spanien boomt, steckt Deutschland weiter in der Krise –...

DWN
Panorama
Panorama Blackout: Brandanschlag auf Strommasten verursacht Stromausfall in Berlin- Bekennerbrief wird geprüft
09.09.2025

Ein Feuer an zwei Strommasten hat in der Nacht zu einem großflächigen Stromausfall im Südosten Berlins geführt. Rund 50.000 Haushalte...

DWN
Finanzen
Finanzen Rechnungshof warnt: Milliardenhilfen für Länder könnten ins Leere laufe
09.09.2025

Der Bundesrechnungshof stellt die Wirksamkeit des geplanten Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für zusätzliche...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Dauerbelastung: Können Erwachsene besser damit umgehen?
09.09.2025

Digitale Medien prägen unseren Alltag in allen Altersgruppen – vom Smartphone über Social Media bis hin zu Streamingdiensten. Während...