Finanzen

Lufthansa meldet Anspruch auf Teile von Air Berlin an

Lesezeit: 3 min
24.08.2017 17:02
Die Lufthansa hat Ansprüche an bestimmte Teile der insolventen Air Berlin angemeldet. Bestehende und potentiell neue Aktionäre des Unternehmens halten sich aber noch zurück.
Lufthansa meldet Anspruch auf Teile von Air Berlin an

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Lufthansa drückt in den Verhandlungen über die Aufteilung von Air Berlin aufs Tempo. Deutschlands größte Fluggesellschaft gab am Mittwoch offiziell ihr Interesse an Teilen des insolventen Rivalen bekannt, wie Lufthansa am Abend nach der ersten Sitzung des Gläubigerausschusses in Berlin laut Reuters mitteilte. Über Einzelheiten einer entsprechenden Absichtserklärung sei Stillschweigen vereinbart worden. Air Berlin erklärte nach dem Treffen in der Firmenzentrale, die Vertreter der Gläubiger hätten einstimmig einen Weiterbetrieb der Fluglinie beschlossen. „Unser Ziel ist und bleibt, zügig zu tragfähigen Abschlüssen zu kommen und so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten“, sagte der Air-Berlin-Generalbevollmächtigte Frank Kebekus.

Eine mit den Beratungen vertraute Person hatte der Nachrichtenagentur Reuters erklärt, Lufthansa habe sogar sein Interesse an großen Teilen von Air Berlin offiziell bekundet. In der Absichtserklärung an das Gremium hieß es demnach, die Lufthansa wolle die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki und weitere Teile der Fluggesellschaft übernehmen.

Demzufolge habe Lufthansa für die Übernahme einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag geboten. „Es geht um Niki und weitere Flugzeuge, insgesamt bis zu 90“, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. In dem Konzept, das am Mittwoch dem Gläubigerausschuss von Air Berlin zugegangen sei, werde ein niedriger dreistelliger Millionen-Euro-Betrag dafür geboten. Zudem werde darin dargelegt, wie der Übergang der Start- und Landerechte sowie der Betriebsgenehmigungen rechtlich geregelt werden könne.

Besonders starke Kritik an dem Vorpreschen der Lufthansa kam von Ryanair-Chef Michael O'Leary. Der nannte es ein „abgekartetes Spiel“. Jetzt rudert SPD-Wirtschaftsministerin Zypries zurück. Es seien noch keine Entscheidungen getroffen und von einer Vereinbarung könne keine Rede sein. Zypries hatte sich bereits öffentlich dafür ausgesprochen, dass die Lufthansa große Teile von Air Berlin übernehmen soll.

Welche Vereinbarung letztendlich auch immer getroffen wird – für die Aktionäre ist das Endergebnis entscheidend. Der Monatschart von Air Berlin auf 10-Jahres-Sicht beschreibt ein drastisches Bild. Was vor dem Beginn der EU-Schuldenkrise noch für Investoren interessant aussah, wird heute verramscht. Im Sommer 2017 lagen die Kurse noch über 20 Euro. Danach gab es nur eine Richtung. Aktuell gibt es für zwei Air Berlin Aktien eine Tüte Milch.

Im Mai 2017 gab es zuletzt einen deutlichen Schub. Damals wurden die ersten Gerüchte publik, dass die Lufthansa Air Berlin übernehmen könnte. Dies heizte den Aktienkurs kurzfristig an. Doch der Effekt ist inzwischen verpufft. Immerhin lag das Hoch im Mai 2017 bei knapp 1,40 Euro. Clevere Anleger haben hier ihre Aktien abgestoßen. So viel wert war eine Air Berlin Aktie zuletzt Anfang 2015.

Rückblickend hatte die insolvente Fluggesellschaft ihre stärkste Phase zwischen Mitte 2008 und Ende 2010. In dieser Phase liefen die Kurse seitwärts und sind nicht gefallen.

Bei Lufthansa sieht das Bild völlig anders aus. Hier schwanken die Kurse in den vergangenen zehn Jahren deutlich. Aktuell befindet sich die größte deutsche Fluggesellschaft bei einem Aktienkurs von etwa 20 Euro. Auf diesem Niveau lagen die Kurse übrigens auch schon vor zehn Jahren.

So gesehen ist diese Aktie auch nichts für langfristig Anleger. Offenbar ist oberhalb der Marke von der 20 Euro Schluss. Dafür scheint die Lufthansa ein perfekter Kauf zu sein bei Werten zwischen acht und zehn Euro. Darunter ist die Aktie in all den Jahren nicht gefallen und es ging in der Folge immer wieder hoch hinaus. Besonders extrem stechen aus dem Chart einzelne Phasen heraus, in denen die Aktie sich in relativ kurzer Zeit fast verdoppelt. Dies geschah in der jüngsten Vergangenheit im Herbst 2016. Seit dem Startschuss bei zehn Euro ging es innerhalb eines dreiviertel Jahres auf 20 Euro hoch.

Ein ähnliches Kursmuster gibt es 2012 auch zu entdecken. Dann schafft es die Aktie zahlreiche Monate in Folge steigende Kurse vorzuweisen.

Spannend wird es jetzt, was nach der vermeintlich unausweichlichen Übernahme von Air Berlin geschieht. Dazu zoomen wir einmal in den Chart hinein und schauen uns die aktuellen Bewegungen an. Denn Sie erkennen bereits im obigen Monats-Chart, dass die "August-Kerze" sehr lang ist. Das bedeutet, es es sehr viel Handelsvolumen gegeben hat.

Sie sehen hier den Stundenchart des gesamten bisherigen Augusts. Besonders auffällig ist hierbei das gehandelte Volumen. Am 15. August – genauer gesagt in der 17 Uhr-Stunde – wurden am meisten Aktien der Lufthansa verkauft. Um diesen Zeitpunkt herum, kamen die Nachrichtenmeldungen heraus, dass Air Berlin Insolvenz angemeldet hat.

Seitdem halten sich die Kurse die Waage. Direkt zu dem Zeitpunkt der Meldungen haben vermutlich die meisten reagiert. Allerdings hat diese Reaktion noch wenig Früchte getragen. Die Lufthansa-Aktie ist immer noch auf demselben Niveau, das sie zur Zeit der Insolvenz-Nachrichten hatte – vielleicht 20 Cent teurer. Vergleichsweise ist das nicht der Rede wert. Augenscheinlich warten die Investoren noch ab.

Entscheidend wird für viele Spekulanten der Deal sein, wenn klar wird, welche Teile Lufthansa von Air Berlin übernimmt und zu welchem Preis. Bis dahin halten die Anleger die Füße still und das ist wahrscheinlich auch gut so. Betrachten wir den 10-Jahres-Verlauf der Aktie, sollte es eigentlich bald wieder bergab gehen. Schließlich hat die Lufthansa-Aktie nur noch 20 Prozent Luft bis zum Allzeithoch von 26,64 Euro. Das war am 8. Juli 1998 und ist somit schon eine ganze Weile her. Seitdem konnte der Konzern den Aktienkurs nicht erhöhen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
07.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...