Politik

Industrie fordert deutsche Reaktion auf Trumps Steuerreform

Der Lobbyverband BDI fordert die Bundesregierung auf, auf die Senkung der Unternehmenssteuern in den USA adäquat zu reagieren.
03.12.2017 17:17
Lesezeit: 3 min

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Nach der Zustimmung im US-Senat für die Trumps Steuerreform werden Alarmrufe aus der deutschen Wirtschaft laut. Der Industrieverband BDI warnte am Sonntag vor massiven Nachteilen für europäische Unternehmen. Die deutsche Politik rief er dazu auf, nun ebenfalls eine Reform der Unternehmenssteuern anzugehen, die eine Senkung der Steuern bringen könnte: "Jede neue Bundesregierung muss schnellstmöglich strukturelle Verbesserungen im Unternehmensteuerrecht auf den Weg bringen", erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.

Die vom Senat gebilligte Vorlage sieht eine Reduzierung der Firmensteuer auf 20 Prozent von bislang 35 Prozent vor. Damit sie durch Trumps Unterschrift Gesetz werden kann, muss sie mit einem Entwurf des Repräsentantenhauses abgestimmt werden.

Die in den USA beschlossenen Steuerreform stößt auf scharfe Kritik der deutschen Wirtschaft. «Die zur Gegenfinanzierung der erheblichen Steuersatzsenkungen vorgesehenen Maßnahmen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen gehen weit über die Vermeidung missbräuchlicher Strukturen hinaus und haben einen klar protektionistischen Charakter», sagte Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), am Sonntag.

Die Reformpläne seien mit international abgestimmten Steuerprinzipien nicht vereinbar und führten zu erheblichen Doppelbesteuerungen für die betroffenen Unternehmen. «Unternehmen in Deutschland und Europa droht ein massiver Schaden.»

Lang sagte für die deutschen Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil in den USA voraus. «Umso wichtiger ist, dass sich Deutschland diesem internationalen Wettbewerb stellt», sagte er.

Zugleich kritisierte Lang die in Europa vorgesehenen Steuerverschärfungen für die Digitalwirtschaft, die von den EU-Finanzministern am Dienstag initiiert werden sollten. Die Maßnahmen würden in den USA als Provokation verstanden und drohten auch die Unternehmen der Industrie 4.0 in Deutschland erheblich zu treffen. "Sowohl die USA wie die EU müssen sich wieder auf international abgestimmte Besteuerungsprinzipien besinnen und ihre Kooperation stärken." In der EU sollen Internetkonzerne wie Google und Facebook künftig vom Fiskus stärker zur Kasse gebeten werden. Entsprechende Vorschläge stoßen in den USA auf Protest.

Der Senat hatte am frühen Samstag nach langen Verhandlungen den Gesetzentwurf von Trumps Republikanern gebilligt. Dieser sieht Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche vor. Für Normalverdiener ergeben die geplanten Veränderungen ein gemischtes Bild. Nun müssen Senat und Repräsentantenhaus, das bereits eine eigene Gesetzvorlage verabschiedet hat, ihre Entwürfe abgleichen, sodass die Reform mit Trumps Unterschrift Gesetz werden kann. Das soll nach dem Willen des Präsidenten noch vor dem Jahresende geschehen. Die Gespräche zwischen beiden Kongresskammern dürften in der neuen Woche beginnen.

Ein Erfolg ist für Trump wichtig, weil er mit dem größten Umbau des Steuersystems seit den 80er Jahren ein zentrales Wahlversprechen einlösen würde. Das Projekt soll der bereits deutlich wachsenden US-Wirtschaft nachhaltig Schwung verleihen. Zudem würde Trump damit sein erstes großes Gesetzesvorhaben überhaupt durchbringen. Im November 2018 finden Kongresswahlen statt. Dabei werden das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats gewählt. Auch an den Finanzmärkten sind die Erwartungen hoch. Die Aussicht auf kräftige Entlastungen für Firmen hat die US-Börsen auf Rekordstände getrieben. Die Unternehmensteuer soll dauerhaft auf 20 Prozent von bislang 35 Prozent verringert werden. Außerdem sollen US-Gesellschaften dazu gebracht werden, ihre im Ausland erzielten Gewinne in der Heimat zu investieren, indem die Rückführung dieses Geldes von der Besteuerung weitgehend ausgenommen wird.

Die deutsche Wirtschaft sieht in den Plänen eine ernsthafte Bedrohung, wie der Industrieverband BDI deutlich machte. Diese bedeuteten eine Verschärfung des Steuerwettbewerbs und hätten "klar protektionistischen Charakter" zum Nachteil europäischer Firmen. "Jede neue Bundesregierung muss schnellstmöglich strukturelle Verbesserungen im Unternehmensteuerrecht auf den Weg bringen."

Trump feierte die Senatszustimmung als bedeutenden Etappensieg. "Wir sind einen Schritt näher an massiven Steuersenkungen für arbeitende Familien in ganz Amerika", erklärte er auf Twitter. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte: "Wir sind jetzt in der Lage, Amerika wettbewerbsfähiger zu machen, Arbeitsplätze vor der Verlagerung ins Ausland zu schützen und die Mittelschicht substanziell zu entlasten." Demokraten sprachen dagegen von Geschenken für Unternehmen und Wohlhabende, die mit neuen Milliardenschulden erkauft würden. Die Planungen der Republikaner laufen darauf hinaus, dass der US-Schuldenberg von 20 Billionen Dollar binnen zehn Jahren um 1,4 Billionen höher wird.

Die Entscheidung im Senat fiel mit 51 zu 49 Stimmen knapp aus. Alle Demokraten votierten dagegen. Von den 52 Republikanern schlug sich einer auf die Seite der Opposition: Bob Corker wollte nach eigenen Worten die Aufblähung des Haushaltsdefizits auf Kosten künftiger Generationen nicht mitverantworten.

Sechs weitere Senatoren der Republikaner, deren Zustimmung ebenfalls in Zweifel stand, wurden mit einer Vielzahl von Ergänzungen der Gesetzesvorlage in letzter Minute auf Linie gebracht. Die Gespräche darüber zögerten die Abstimmung bis in die frühen Morgenstunden hinaus. Die Demokraten kritisierten, die Zusätze seien hastig entworfen und böten Steueranwälten und -beratern neue Schlupflöcher, um das Geld ihrer Mandanten dem Fiskus vorzuenthalten. "Die Republikaner haben es geschafft, ein schlechtes Gesetz noch schlechter zu machen", sagte der ranghöchste Demokrat im Senat, Chuck Schumer.

Zwei republikanische Senatoren kündigten ihre Unterstützung für den Entwurf erst an, nachdem sie stärkere Entlastungen für Kleinbetriebe durchsetzen konnten, die als sogenannte "Pass-through"-Gesellschaften firmieren. Der demokratische Senator Richard Blumenthal sagte, der Milliardär Trump kontrolliere mehr als 500 solcher Firmen und werde direkt von der Änderung profitieren. "Daher dürfte der Präsident in Feierstimmung sein, aber die meisten Amerikaner werden diesen Tag bereuen."

Die Steuervorlage des Senats sieht auch einen teilweisen Rückbau der Gesundheitsreform Obamacare von Trumps Vorgänger Barack Obama vor. Konkret geht es darum, eine Strafe abzuschaffen, die anfällt, wenn Bürger sich der Krankenversicherungspflicht widersetzen. Kritikern zufolge würde die Rücknahme der Pflicht dazu führen, dass die Versicherungskosten für Alte und Kranke aus dem Ruder laufen. Gemäßigte Republikaner hatten entscheidend dazu beigetragen, dass Trump die im Wahlkampf zugesagte Abschaffung von Obamacare nicht gelang. Eine von ihnen ist Senatorin Susan Collins. Sie stimmte nun doch für das Steuergesetz. Sie habe Zusicherungen bekommen, dass die Nachteile durch den Rückbau der Gesundheitsreform in späteren Gesetzen verringert werden sollen, sagte Collins. Der Steuerentwurf der Republikaner im Repräsentantenhaus ist nicht mit Obamacare verknüpft.

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