Finanzen

Citigroup: EZB ist einziger Käufer italienischer Staatsanleihen

Lesezeit: 2 min
02.01.2018 17:11
Die Renditen von Staatsanleihen aus der Eurozone sind deutlich gestiegen. Privatinvestoren halten sich fast geschlossen von italienischen Papieren fern.
Citigroup: EZB ist einziger Käufer italienischer Staatsanleihen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Eine schwindende Nachfrage durch die Europäische Zentralbank (EZB) drückt auf die Kurse europäischer Staatsanleihen. Im Gegenzug stieg die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundestitel am Dienstag auf ein Zwei-Monats-Hoch von 0,462 Prozent. Die Renditen 30-jähriger deutscher Anleihen stiegen um etwa 5 Basispunkte auf 1,31 Prozent.

Die höchsten Ausschläge verzeichneten südeuropäische Länder. Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, stiegen die Renditen in Italien, Spanien und Portugal um jeweils rund 7 Basispunkte. Zehnjährige italienische Papiere rentierten mit 2,018 Prozent so hoch wie zuletzt Ende Oktober. Insbesondere in den vergangenen Tagen stieg die Rendite zehnjähriger italienischer Papiere stark an, was auf eine wachsende Skepsis der Investoren schließen lässt. Anfang Dezember lag die Rendite noch bei etwa 1,6 Prozent.

Hauptgrund für die Entwicklung ist Beobachtern zufolge das Zurückfahren der Anleihekäufe durch die EZB. Zum neuen Jahr halbiert die Zentralbank der Eurozone das Volumen ihrer Bond-Käufe auf 30 Milliarden Euro monatlich. Das sei zwar keine Überraschung, sagte Commerzbank-Anlagestratege Rainer Guntermann. Angesichts der vergleichsweise großen Emissionen neuer Schuldtitel in den kommenden Wochen sei aber unklar, wie der Markt sich darauf einstelle.

Vor wenigen Tagen hatte EZB-Direktor Benoit Coeure von einer weiteren Verlängerung der Anleihekäufe Abstand genommen. Es gebe eine realistische Chance, dass die im Oktober 2017 beschlossene Verlängerung die letzte sei, sagte Coeure dem chinesischen Finanzmagazin Caixon Global vom Samstag.

Die EZB hatte im Oktober eine Halbierung der Käufe – aber im Gegenzug eine Verlängerung des Programms bis zum Ende des laufenden Jahres beschlossen. Ein Ausstieg aus dem Kaufprogramm dürfte schwierig werden, weil die EZB damit die Renditen von Anleihen hochverschuldeter Staaten wie Italien, Spanien oder Portugal am Kapitalmarkt drückt. Fällt diese Unterstützung ganz weg oder wird diese schwächer, müssen die Staaten der Eurozone mehr Geld für Zinszahlungen ausgeben und ihr ohnehin enger finanzieller Spielraum wird noch kleiner.

Wie die Citigroup berichtet, ist die EZB inzwischen praktisch der einzige Käufer italienischer Staatsanleihen. Private Investoren haben in den vergangenen Jahren demnach entweder ihre italienischen Papiere an die EZB verkauft, oder diese erst gar nicht gekauft, wie der Finanzblog Zerohedge berichtet.

Aus der Grafik der Citigroup geht hervor, dass die Nachfrage der Investoren nach italienischen Staatsanleihen etwa im Jahr 2014 zu sinken begann. Heute besitzen Banken, andere Finanzinstitutionen und Ausländer so gut wie keine Anleihen des Landes mehr, sondern fast ausschließlich die EZB. Diese ist dazu übergegangen, mehr italienische Papiere zu kaufen, als nach dem sogenannten Kapitalschlüssel eigentlich vorgesehen ist.

Die Citigroup erwartet, dass Anleger erst dann wieder Anleihen Italiens kaufen werden, wenn deren Rendite das implizierte Risiko adäquat abbildet. Die Euro-Anleihemärkte könnten im Jahr 2018 aus ihrer Sicht unter Druck geraten: „Wie unsere Strategen dargestellt haben, könnte die EZB dies (den Rückzug privater Investoren aus italienischen Papieren – die Red.) durch eine ‚Italian Operation Twist‘ kontern – indem sie die Laufzeit der Anleihen verlängert – aber eine solche Reaktion würde nicht schnell kommen, weil es die EZB scheut, einzelne Staaten zu bevorzugen solange dies nicht Teil eines ordentlichen Programms ist. Aus unserer Sicht bleibt die Situation in Italien eines der signifikantesten Risiken für den Euro-Kapitalmarkt im Jahr 2018. Wahrscheinlich würde eine steigende Unsicherheit insbesondere Papiere der Euro-Südländer und die dortigen Banken treffen. Das Szenario einer ernsten Finanzierungskrise ist aus unserer Sicht weniger wahrscheinlich, hätte aber weitreichende Folgen für den europäischen Anleihemarkt.“

Ein bedeutender Unsicherheitsfaktor für den italienischen Anleihemarkt sind die in einigen Wochen stattfindenden Parlamentswahlen, die zu einer deutlichen Machtverschiebung und dem Aufstieg Euro- und EU-kritischer Parteien wie der 5 Sterne-Bewegung oder der Lega Nord sowie möglicherweise zur politischen Rückkehr von Silvio Berlusoni führen könnten. Auch monatelange Koalitionsverhandlungen sind möglich. „Keines der möglichen Ergebnisse verspricht für Italien mehr Stabilität – einem Land, dass das schwächste Glied des Blocks aus 28 Mitgliedsländern bleibt“, schreibt die FT.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Legale Tricks: Steuern sparen bei Fonds und ETFs - so geht's!
20.05.2024

Steuern fressen einen großen Teil der Börsengewinne auf. DWN zeigt Ihnen 11 legale Wege, wie Sie Steuern bei Fonds und ETFs sparen und...

DWN
Panorama
Panorama In wenigen Klicks: Verbraucher finden optimale Fernwärme-Tarife auf neuer Plattform
20.05.2024

Eine neue Online-Plattform ermöglicht es Verbrauchern, die Preise für Fernwärme zu vergleichen, was eine bedeutende Rolle in der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft IEA schlägt Alarm: Rohstoffmangel gefährdet Klimaschutzziele
20.05.2024

Die Internationale Energie-Agentur warnt vor einem drohenden Mangel an kritischen Mineralien für die Energiewende. Mehr Investitionen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fußball-EM 2024: Bierbranche hofft auf Rückenwind
20.05.2024

Weil die Deutschen immer weniger Bier trinken, schrumpft der hiesige Biermarkt und die Brauereien leiden. Eine Trendwende erhofft sich die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Irreführende Praktiken“: Shein muss deutsche Website anpassen
20.05.2024

Nach einer Abmahnung durch deutsche Verbraucherschützer hat Shein eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Laut vzbv-Chefin Pop machen...

DWN
Technologie
Technologie BYD baut erstes Werk in der EU: Eine Gefahr für Deutschlands Autobauer?
20.05.2024

Bereits seit Dezember 2023 steht fest, dass BYD, Chinas wichtigste und staatlich geförderte Marke für Elektroautos, ein Werk in Szeged in...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat (zweiter Teil): Die Welt ist im Wasserkampf
20.05.2024

Jörg Barandat war unter anderem militärischer Berater im Auswärtigen Amt sowie Dozent für Sicherheitspolitik an der Führungsakademie...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat: „Wasser und Energie sind untrennbar miteinander verbunden.“
19.05.2024

Wasser sollte nicht getrennt von anderen Faktoren wie Energie und Klima betrachtet werden, sagt Jörg Barandat, langjähriger Berater...