Finanzen

Russen ziehen Gelder aus der Schweiz ab, Franken schwächer

Lesezeit: 2 min
03.05.2018 23:08
Der Schweizer Franken verliert an Wert, weil reiche Russen ihre Vermögen wegen der Sanktionen nach Russland zurückholen.
Russen ziehen Gelder aus der Schweiz ab, Franken schwächer

Der Schweizer Franken verliert gegenüber dem Euro kontinuierlich an Wert. Aktuell liegt der Wechselkurs bei 1,19 Franken pro Euro. Damit hat der Franken innerhalb weniger eines Jahre mehr als zehn Prozent gegenüber dem Euro verloren. Im Mai 2017 lag der Wechselkurs bei 1,07 Franken pro Euro.

Nach einer Analyse von SFR Online ist der Hauptgrund für das Erstarken des Euros gegenüber dem Franken die gute konjunkturelle Lage in der EU. Letztes Jahr betrug das durchschnittliche Wachstum in den EU-Mitgliedsstaaten 2,4 Prozent. Gerade hat die EU-Kommission ihre Prognose für 2018 noch einmal angehoben: Ging sie im Herbst 2017 noch von einem Wachstum von 2,1 Prozent aus, erwartet sie nun ein Plus von 2,3 Prozent.

Auch die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft sind gut. Für 2018 erwartet die Schweizer „Expertengruppe des Bundes“ ein Wachstum von bis zu 2,4 Prozent. Geht man aber davon aus, dass der Franken in den letzten Jahren gegenüber dem Euro überbewertet war, wird sich der konjunkturelle Aufschwung in der Schweiz auf den Wechselkurs zwischen Franken und Euro weniger stark auswirken als es der Aufschwung in der Euro-Zone tun wird.

Die Entwicklung des Franken kommt insofern überraschend, als dass er in der Regel von diplomatischen und wirtschaftlichen Krisen profitiert und Investoren als Fluchtwährung in unsicheren Zeiten dient. So begann der Höhenflug des Franken im Jahr 2009, als die Finanz- und Wirtschaftskrise Europa zu erfassen begann. Marktbeobachter sind sich einig, dass der Franken in den darauffolgenden Jahren noch stärker gewesen wäre, wenn die Schweizerische Nationalbank (SNB) ab 2011 seinen Wert nicht durch Euro-Käufe künstlich verhältnismäßig niedrig gehalten hätte.

Als die SNB ihre Politik des Mindestkurses (das heißt, den Euro mindestens 1,20 Franken kosten zu lassen) nicht mehr aufrechterhalten konnte und Anfang 2015 den Franken dem freien Markt überließ, schoss er dann auch prompt in die Höhe. Doch offensichtlich wiegen die derzeitigen Krisen – der Syrien-Konflikt, das diplomatische Tauziehen zwischen Russland und dem Westen sowie die möglichen Handelskriege zwischen den USA und China beziehungsweise den USA und der EU – in Bezug auf den Wechselkurs zwischen Euro und Franken weniger schwer als der Wirtschaftsaufschwung in der EU-Zone.

Eine diplomatische Krise trägt ausnahmsweise sogar zur Schwächung des Franken bei. Von den Sanktionen der USA gegen Russland sind eine ganze Reihe von Geschäftsleuten aus Russland betroffen. Viele davon haben in den letzten Jahren große Teile ihres Vermögens in die Schweiz transferiert. Beispielsweise Wiktor Wekselberg. Der  61-jährige – der mit einem Vermögen von 13,5 Milliarden Dollar auf Platz 105 der Forbes-Liste der Superreichen steht – ist Eigentümer des Mischkonzerns Renova Group und hält Anteile am Aluminiumhersteller Rusal. Beide Unternehmen und ihre Vertreter stehen auf der US-Sanktionsliste. Wekselberg musste daher mit dem Einfrieren seiner Konten in der Schweiz rechnen und transferierte sein Vermögen vorsichtshalber nach Russland zurück. Die Umwechslung von Milliarden Franken in Rubel „könnte einer der Gründe sein, weshalb der Schweizer Franken in den letzten Tagen noch etwas geschwächt wurde“, so Claude Zehnder, Chefanalyst der Züricher Kantonalbank, gegenüber dem SFR.

Marktbeobachter rechnen damit, dass der Kurs des Franken in den nächsten Monaten weiter fallen und sogar die symbolisch wichtige Marke von 1,20 Franken für einen Euro überschreiten wird.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik CDU plant schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht
08.05.2024

Nachdem die Bundeswehr 2011 von einer Regierung unter Führung der Union von der Wehrpflicht befreit wurde, macht die CDU nun nach 13...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
07.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...