Gemischtes

US-Justiz erlässt Haftbefehl gegen Winterkorn

Die US-Justiz hat nach der Anklage im Dieselskandal auch einen Haftbefehl gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn erlassen.
05.05.2018 11:06
Lesezeit: 2 min

Dies bestätigte ein Sprecher des zuständigen Gerichts in Detroit am Freitag. Das Justizministerium erklärte, für die Behörden sei Winterkorn weiterhin auf der Flucht. Volkswagen wollte sich nicht dazu äußern. Eine Sprecherin bekräftigte lediglich, dass der Konzern mit den Behörden kooperiere. Die US-Staatsanwaltschaft wirft ihm Verschwörung zur Täuschung der Behörden bei den Abgasmanipulationen vor. Größere Auswirkungen dürfte der Haftbefehl aber nicht haben. Denn eine Auslieferung muss der 70-Jährige nach Angaben des Bundesjustizministeriums nicht fürchten, solange er auf deutschem Boden bleibt.

Die US-Ermittler haben Anklage erhoben und gehen davon aus, dass Winterkorn bereits im Mai 2014 über Unregelmäßigkeiten bei Dieselabgaswerten informiert wurde. Im Juli 2015 sei bei einem Treffen in der Wolfsburger Konzernzentrale im Beisein von Winterkorn und anderen VW-Managern über mögliche Konsequenzen beraten und schließlich vorgeschlagen worden, die Abschalteinrichtung in VW-Modellen nicht offenzulegen. Winterkorn habe diesem Vorgehen zugestimmt. Der frühere Vorstandschef hat stets jede persönliche Verstrickung in den Abgasskandal bestritten. Dass es eine Software zur Manipulation von Dieselabgaswerten gebe, wisse er selbst erst seit September 2015. Damals war der Abgasskandal auf Druck der US-Umweltbehörden aufgeflogen.

In Deutschland ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Betrugs und der Marktmanipulation gegen Winterkorn und andere Beschuldigte.

Winterkorn war vor sieben Jahren von einer Handelsblatt-Jury zum "Manager des Jahres 2011" gekürt worden.

Dem früheren VW-Chef Martin Winterkorn drohen allerdings auch in Deutschland noch strafrechtlichen Folgen aus den Diesel-Abgasmanipulationen seines Konzerns. Als Winterkorn Anfang 2017 im Bundestags-Untersuchungsausschuss ausgesagt habe, von alledem nichts gewusst zu haben, habe ihm schon damals im Saal kaum einer geglaubt, sagte die SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann im Deutschlandfunk am Samstag. "Aber wir konnten auch den Gegenbeweis nicht antreten".

Dass nun in den USA Anklage erhoben und ein Haftbefehl gegen Winterkorn erlassen worden sei, in Deutschland aber bisher nicht, habe mit den unterschiedlichen Rechtssystemen in beiden Ländern zu tun. Sie gehe aber davon aus, dass auch die deutsche Justiz noch handeln werde, sobald sie alle Beweise zusammenhabe. Es sei aber richtig, wenn die deutsche Justiz lange prüfe, um sicher zu sein, dass es nicht nur für eine Anklage, sondern für eine Verurteilung reiche. Nichts wäre nämlich peinlicher, als würde man jetzt unter dem Druck der Öffentlichkeit ein Verfahren eröffnen und dann reichten die Beweise nicht - mit der Konsequenz, dass das Verfahren eingestellt werde.

Lühmann plädierte dafür, dass bei solchen Vorgängen wie dem Diesel-Abgasskandal die Manager stärker strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Wenn der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein derartiges fordere, habe er recht. Diese Manager erhielten mit dem Argument, sie trügen eine hohe Verantwortung, sehr viel Geld. Wenn das so sei, dann müssten sie auch bei Fehlern dafür einstehen und bestraft werden. Lühmann geht davon aus, dass Winterkorn bei Volkswagen nicht der einzige war, der an der VW-Spitze von den Manipulationen wusste.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...

DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...