Politik

Industrie: Europas Energiepreise 5 Mal so hoch wie in den USA

Energie ist in Europa um ein Vielfaches teurer als in den USA. Verantwortlich sind der dortige Schiefergas-Boom und die Energiepolitik der EU. Die Risiken der Schiefergas-Förderung solle man in Europa vernachlässigen, fordert die Industrie.
10.04.2013 13:11
Lesezeit: 2 min

Vor Kurzem veröffentlichte die Europäische Kommission ihr Grünbuch zur Klima- und Energiepolitik bis 2030. Die Debatte rund um die langfristige Energiestrategie der EU ist damit wieder aufgeflammt. Kontrovers ist vor allem der angestrebte Ausbau der erneuerbaren Energien. Markus Beyrer, Generaldirektor der Europäischen Arbeitgeberverbandes BusinessEurope, kritisiert in einer Stellungnahme die zu hohen Energiepreise innerhalb des Euroraumes.

Er verlangt ein realistischeres Vorgehen bei der Förderung neuer Technologien, dass die Wettbewerbsfähigkeit miteinbezieht. Den Zeitplan, den die Kommission für ihre nachhaltige Energiepolitik aufgestellt hat, bezeichnet er als unrealistisch. Technologische Entwicklungen wie der Schiefergas-Boom in den USA und politische Tatsachen wie die stockenden Bemühungen um eine globale Klimastrategie seien zu berücksichtigen. „Europa hat keine Energiepolitik. Es hat nur eine Klimapolitik“, sagte Beyrer dem Telegraph. Die Preise für an der Börse gehandeltes Gas seien in Europa derzeit vier- bis fünfmal höher als in den USA. Dies hat große Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit vieler Branchen, vor allem für die Chemie-Industrie.

Schiefergas sei ein „Game-changer“, so der Industrie-Vertreter. Die Diskussion darüber sollte in Europa nur auf Basis des vorliegenden Wissens geführt werden, die potentiellen Risiken seien zweitrangig. Welche negativen Folgen die Schiefergas-Förderung im großen Maßstab haben könnte, ist noch nicht vollständig erforscht (hier). Energiekonzerne fordern trotzdem die Zulassung der Methode auch in Europa.

Auch das CO2-Handelssystem der EU kritisiert Beyrer. Es gebe ein Wirrwarr an Regelungen, die nur die Energiekosten nach oben treiben und kaum Erfolge bei der Kohlendioxid-Vermeidung bringen. Genauso alarmierend seien die transatlantischen Unterschiede in der Arbeitskräfte-Produktivität. Diese hätte in der verarbeitenden Industrie der USA seit Anfang der 2000er-Jahre um 1,8 Prozent zugenommen, in der Eurozone nur um 0,66 Prozent.

Diese Darstellung entspricht in erster Linie den Interessen der von Beyrer vertretenen Großunternehmen. Die geringen Produktivitäts-Steigerungen im europäischen Durchschnitt sind in erster Linie durch die Folgen der Finanz- und Eurozone zu erklären. So verdankt etwa Deutschland seine riesigen Export-Überschüsse vor allem seiner hohen Produktivität (hier).

BuinessEurope ist der größte europäische Unternehmerverband mit 41 nationalen Mitgliedsverbänden aus 35 Ländern. Konzerninteressen stehen im Vordergrund. Beyrer war in Österreich jahrelang Generalsekretär der Industriellenvereinigung und später Chef der Staatsholding ÖIAG. Im Zuge der Ermittlungen rund um einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im vergangenen Jahr wurde bei ihm Beweismaterial sichergestellt. Dabei ging es um ein weitläufiges Korruptionsnetzwerk, in das mehrere Parteien verstrickt waren. Auch Beyrer musste vor dem Ausschuss aussagen, er wurde jedoch nie als Beschuldigter geführt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Dobrindt und Frei verteidigen Linie der Bundesregierung
04.06.2025

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit aktueller Grenzpraktiken infrage – doch Innenminister Dobrindt und Kanzleramtschef Frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen vor Engpässen bei seltenen Erden aus China
04.06.2025

China verschärft seine Exportkontrollen bei strategisch wichtigen Mineralien – mit direkten Folgen für die deutsche Industrie. Vor...

DWN
Politik
Politik Polens Präsident Nawrocki – Ein Trump-Statthalter in Warschau?
04.06.2025

Mit Karol Nawrocki zieht ein Hardliner in den Präsidentenpalast ein – unterstützt von Donald Trump und im offenen Konflikt mit der...