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Cloud-Dienste: Deutschland will sich von den USA und China emanzipieren

Lesezeit: 2 min
10.07.2019 17:02
Die Bundesregierung will einen deutschen Cloud-Dienst einführen. Derzeit speichern deutsche Firmen ihre Daten bei Cloud-Anbietern aus den USA und China. Die dortigen Behörden können jederzeit darauf zurückgreifen, der Wirtschaftsspionage werden Tür und Tor geöffnet.

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Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier plant den Aufbau eines deutschen Cloud-Dienstes, mit dem europäische Unternehmen unabhängig von asiatischen oder US-amerikanischen Konkurrenten  - wie beispielsweise Amazon - Daten speichern können. “Deutschland hat ein Recht auf technologische Souveränität. Data Clous sollten nicht nur in den USA oder in China eingerichtet werden, sondern auch in Deutschland, damit europäische Unternehmen, die sichere und zuverlässige Datenspeicherung wünschen, diese Option haben”, zitiert Bloomberg den Wirtschaftsminister. 

Altmaiers Pläne sind ein zweiter Versuch, einen unabhängigen deutschen Cloud-Dienst aufzubauen. Die Deutsche Telekom AG hatte zuvor ihre eigene Cloud (Open Telekom Cloud, Anm. d. Red.) als sichere Alternative zu US-amerikanischen Plattformen vermarktet. Allerdings entschied sich die Telekom Ende 2018, Services auf Basis von Amazon Web Services, welche die Cloud von Amazon darstellt, anzubieten. 

Altmaier sagte, er suche Partner für seine geplante “Cloud-Allianz” und befinde sich in Gesprächen mit SAP, der Telekom und anderen Unternehmen. Er erwarte eine Entscheidung der Unternehmen in den kommenden Monaten. Bloomberg zufolge sind europäische Politiker - einschließlich der in Deutschland - angesichts der weltweiten Handelsspannungen vorsichtiger geworden, wenn es darum geht, ihre Daten Technologieanbietern aus China oder den USA anzubieten. 

Der Mittelstand in Deutschland kann profitieren

Sollte Altmaiers Plan tatsächlich umgesetzt werden, könnten sich vor allem deutsche Unternehmen des Mittelstands im Rahmen der Digitalisierung nachhaltig davor schützen, dass ihre Daten über die Clouds von externen Regierungen abgeschöpft werden. 

Denn gemäß dem im vergangenen Jahr unterzeichneten Cloud Act der Trump-Regierung - oder dem “Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act” - können alle US-amerikanischen Cloud-Anbieter aufgefordert werden, die auf ihren Servern gespeicherten Daten den US-Behörden bereitzustellen, unabhängig davon, wo diese Daten physisch gespeichert sind.

Ein ähnliches Konzept ist seit 2017 im chinesischen Recht verankert, wonach Informationen von Bürgern im Inland gespeichert und den Behörden auf Anfrage zugänglich gemacht werden müssen.

Agnes Pannier-Runacher, stellvertretende Wirtschaftsministerin Frankreichs, sagte in einem Interview mit Bloomberg im Jahr 2019, dass europäische Unternehmen, die die Kontrolle über ihre Daten aufgeben, ein “systemisches Risiko” für die Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität einer Volkswirtschaft darstellen.

Das Magazin Techtag empfiehlt Mittelständlern den Multi-Cloud-Ansatz. t3n digital pioneers führt aus: “Dadurch, dass in einer Multi-Cloud Infrastruktur-Ressourcen verschiedener Anbieter parallel genutzt werden, macht sich das Unternehmen weniger abhängig von einem einzelnen Anbieter.” Der Multi-Cloud-Ansatz ist offenbar vor allem deshalb vorteilhaft, weil durch einen möglichen Cyber-Angriff nicht alle Daten auf einmal abgeschöpft werden können, weil die betroffene Firma ihre Daten bei verschiedenen Cloud-Anbietern gespeichert hat.

Auch der Vorstand der Bundesbank hat das Thema aufgegriffen. Joachim Wuermeling, Mitglied des Vorstands der Bundesbank, hatte zuvor in einem Interview mit der Börsen Zeitung gesagt, dass die Bundesbank gegen die Stoßrichtung sei, wonach jede Bank ihre Daten an denselben Cloud Service auslagert. “Es kommt immer auf die konkrete Anwendung an. Wir müssen allerdings darauf achten, dass der Einsatz von neuen Technologien keine unbeherrschbaren Risiken enthält. Die Cyber-Sicherheit muss gewährleistet werden (...) Wenn aber sehr viele Banken in Zukunft die gleichen Dienste derselben Cloud-Anbieter nutzen, dann muss die Aufsicht überlegen, ob sie nicht einzelne Bestandteile der Wertschöpfungskette herausgreift, um diese übergreifend zu beaufsichtigen." 

 


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