Politik

Hat Portugal über seine tatsächlichen Schulden gelogen?

Lesezeit: 2 min
08.08.2013 14:09
Pais Jorge muss nach nur fünf Wochen von seinem Amt als Staatssekretär in Portugal zurücktreten. Der ehemalige Citigroup-Banker versuchte, der Regierung riskante Derivate-Papiere zu verkaufen. Dadurch wurde die offizielle Verschuldung Portugals verschleiert. Der Fall erinnert fatal an die Manipulationen Griechenlands, mittels derer Goldman Sachs Athen in die EU geschoben hatte.
Hat Portugal über seine tatsächlichen Schulden gelogen?

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Regierung in Portugal hat sich in riskante Derivate-Geschäfte verwickeln lassen, in der Hoffnung dadurch ihre Staatsschulden zu reduzieren. Der erst kürzlich im Amt bestätigte Staatssekretär Pois Jorge ist von seinem Posten zurückgetreten, da er der Regierung während seiner Tätigkeit als Citigroup-Banker riskante Derivate verkaufen wollte. Dieses Geschäft hätte einen Teil der öffentlichen Schulden auf den Konten des Staates verschleiert.

Das Konzept ist aus Griechenland bekannt: Hier hatte die Investment-Bank Goldman Sachs tatkräftig mitgewirkt, als es darum ging, die Lage Griechenlands rosiger darzustellen als sie tatsächlich ist. Die Rolle des heutigen Chef-Kontrolleurs Mario Draghi, der damals in London für Goldman arbeitete, konnte bisher nicht aufgearbeitet werden. Der Europäische Gerichtshof untersagte der EZB die Herausgabe der Akten, auf die Bloomberg geklagt hatte. Die Doppelrolle Draghis ist mittlerweile dank der erfolgreichen Blockade-Politik der EZB und der EU in Vergessenheit geraten (mehr zu diesem spektakulären Fall - hier).

Jorge wird vorgeworfen, vor acht Jahren eine Präsentation gehalten zu haben, in der der Vorgänger-Regierung Portugals Derivate angeboten worden seien. Der Deal kam jedoch nicht zustande. Mit seinem Rücktritt wolle Jorge die aktuelle Regierung schützen. In einem Statement sagte Jorge, er werde es nicht erlauben, dass seine Arbeit bei der Citigroup „als Waffe gegen die Regierung eingesetzt“ werde, berichtet Bloomberg. Der Name auf der besagten Präsentation sei „gefälscht, sagte Jorge. Zudem wies der Ex-Banker jegliche Verantwortung bei den Verhandlungen  des Deals von sich.

Die Personalpolitik der Regierung scheint absurd. Zuerst lässt sie sich von einem Banker giftige Derivate-Papiere andrehen. Anschließend befördert sie ihn in den Staatsdienst. Jorge wurde von Finanzministerin Maria Luis Albuquerque ins Amt berufen. Albuquerque ist selbst erst seit dem ersten Juli im Amt, nachdem ihr Vorgänger in einer Kabinettsumbildung gehen musste.

Das portugiesische Parlament untersucht den Derivate-Handel staatlicher Unternehmen. Die Regierung beteuert, sie habe bereits die Anzahl „giftiger“ Verträge um die Hälfte reduziert. Durch einen Vergleich mit den Banken sollen die Verluste auf 1,5 Milliarden Euro reduziert worden sein.

Lissabon versucht alles, um seine Staatsschulden zu reduzieren. So soll der staatliche Pensionsfonds seinen Investitionsanteil an portugiesischen Staatsanleihen von 50 auf 90 Prozent erhöhen. Die Rentner tragen zu einem großen Teil die Schulden und das Risiko mit (mehr hier).

Portugal erhielt im Zuge der Schuldenkrise einen Bailout von der Troika. Das Hilfsprogramm läuft 2014 aus. Die Schuldensituation in Portugal hat sich nicht nachhaltig verbessert. Studien zufolge versucht die EU nur noch eine Illusion aufrecht zu erhalten, indem sie verkündet, Portugal sei noch nicht insolvent (mehr hier).

Die geplante Rekapitalisierung der Banken mit zwölf Milliarden Euro reicht nicht aus. EU-Kommissionspräsident Barroso bereitet bereits ein zweites Rettungsprogramm vor (hier). Wie hoch die portugiesischen Schulden wirklich sind, weiß angesichts der nebulösen Finanzgeschäfte der Regierung niemand so ganz genau.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steigende Kaufkraft in Deutschland 2025: Studie sieht große regionale Unterschiede
15.01.2025

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage soll die Kaufkraft der Deutsche laut einer Studie 2025 leicht steigen. Höhere Löhne und...

DWN
Politik
Politik Kalifornien untersagt Immobilienspekulation in Brandgebieten
15.01.2025

Kalifornien verbietet Immobilienspekulation in Brandgebieten. Gouverneur Newsom will Angebote unter Marktwert für drei Monate untersagen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unmotivierte Arbeitnehmer: Nur 48 Prozent der Deutschen geben am Arbeitsplatz ihr Bestes
15.01.2025

Nicht nur die Wirtschaft schwächelt in Deutschland, auch die Arbeitsmoral der Arbeitnehmer. Ein weltweiter Vergleich zeigt: Nicht einmal...

DWN
Politik
Politik EPA: Elektronische Patientenakte kommt - Lauterbach betont Sicherheit der E-Patientenakte
15.01.2025

Die EPA (Elektronische Patientenakte) wird in Arztpraxen eingeführt - zunächst nur in Testregionen, später bundesweit....

DWN
Finanzen
Finanzen Aktionäre in Deutschland: Weniger Deutsche investieren ihr Geld an der Börse
15.01.2025

Die Zahl der Aktionäre in Deutschland ist erneut rückläufig: Zum zweiten Mal in Folge sank die Anzahl, liegt aber weiterhin über der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession: Deutschlands Wirtschaft 2024 erneut geschrumpft
15.01.2025

Unsichere Konsumenten, schwächelnde Industrie und sinkende Exporte: Die Rezession setzt Deutschland weiter zu. Auch 2025 stehen die...

DWN
Politik
Politik Syrien: Übergangsregierung spricht sich gegen schnelle Rückkehr von Flüchtlingen aus
15.01.2025

Deutschland diskutiert über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge. Seit dem Sturz von Baschar al-Assad fällt der Asylgrund für die...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-XRP-Prognose 2025: Die aktuelle XRP-Kursentwicklung und was Anleger jetzt wissen sollten
15.01.2025

Der Ripple-Kurs, der lange Zeit von Unsicherheiten geprägt war, zeigt sich auch zu Beginn des Jahres 2025 relativ stabil - und legt...