Der russische Bebauungsplan für die Nordseeroute wurde wenige Tage vor dem Jahreswechsel von Ministerpräsident Dmitri Medwedew unterzeichnet. Das Dokument war seit einiger Zeit in Arbeit.
Medwedew unterzeichnete das Dokument am 21. Dezember 2019 und es wurde am 30. Dezember 2019 auf der Website der Regierung veröffentlicht. Das Unternehmen Rosatom, welches das Kernkraftunternehmen mit den höchsten Zuständigkeiten für die Nordseeroute ist, hatte eine Schlüsselrolle bei der Ausarbeitung des Dokuments gespielt. Der Bebauungsplan baut auf den Dekreten von Präsident Putin vom Mai 2018 auf. Demnach sollen die jährlichen Frachten auf der Nordseeroute, die auch als Nordostpassage bekannt ist, bis zum Jahr 2024 auf 80 Millionen Tonnen gesteigert werden.
Aus dem Dokument geht hervor: “Gemäß dem Erlass des Präsidenten Russlands vom 7. Mai 2018 Nr. 204 „Über nationale Ziele und strategische Aufgaben der Entwicklung der Russischen Föderation für den Zeitraum bis 2024 soll der Güterverkehr durch die NSR bis 2024 auf 80 Millionen Tonnen steigen.”
Bis April 2020 soll ein regionales geologisches Explorationsprogramm verabschiedet werden. Bis Juni 2020 sollen wichtige Entscheidungen über den Ausbau einer Eisenbahnlinie zum Seehafen Sabetta und zum LNG-Terminal an der Nordküste der Jamal-Halbinsel getroffen werden.
Damit Russland seine Ambitionen auf der Arktis-Route realisieren kann, ist eine massive Entwicklung der natürlichen Ressourcen erforderlich, und mehrere der größten Unternehmen des Landes sind beteiligt. Dazu zählen die Öl- und Gasunternehmen Novatek, Gazprom Neft, Rosneft und die Independent Oil Company. Hinzu kommen Mineralien- und Erzentwickler wie Nornickel, VostokCoal, Baimskaya, KAZ Minerals, Vostok Engineering und Severnaya Zvezda.
Auch der Bau einer großen Anzahl neuer Schiffe ist Teil des Plans. Bis zum Jahr 2035 sollen etwa 40 neue Schiffe gebaut werden, darunter mehrere nukleare Eisbrecher. Neben fünf LK60-Eisbrechern werden drei Schiffe der Lider-Klasse gebaut, von denen das erste im Dezember 2027 einsatzbereit sein wird. Das zweite und dritte Schiff sollen Ende 2030 bzw. 2032 einsatzbereit sein.
Der Lider wird in der Lage sein, das dickste Eis der Arktis zu durchbrechen und breite Schiffswege in der Region für Begleitschiffe zu öffnen. Es wird mit einer Motorleistung von 120 Megawatt ausgestattet. Darüber hinaus werden mindestens 13 neue hydrografische Schiffe gebaut, darunter ein sehr leistungsfähiges Schiff mit der Top-Eisklasse Arc7. Außerdem sind mindestens 16 verschiedene Unterstützungs- und Rettungsschiffe geplant.
Der Plan beschreibt auch die Aufrüstung und Verlängerung der Lebensdauer mehrerer bestehender Schiffe, darunter die nuklearen Eisbrecher “Yamal”, “Taymyr” und “Vaygach” sowie die Spezialschiffe für Kernmaterial “Lotta”, “Imandra” und “Serebryanka”.
Es sollen zudem Entscheidungen über die Entwicklung neuer großer Infrastrukturprojekte getroffen werden, darunter mehrere Eisenbahnstrecken. Bis Dezember 2022 wird die Regierung entscheiden, ob die Belkomur-Eisenbahnstrecke zwischen Archangelsk, Syktywkar und Perm sowie eine Strecke von Sosnogorsk nach Indiga an der Küste von Petschora geplant werden soll. Bis Mitte 2024 sollen wichtige Entscheidungen über die Entwicklung einer Eisenbahnverbindung über den Fluss Ob von Salechard nach Labytnangi und bis nach Nadym und Novy Urengoy getroffen werden.
Vier Regionalflughäfen, Amderma, Pevek, Chersky und Keperveem, werden den Plänen zufolge grundlegend saniert. Die großen Baggerarbeiten im Golf von Ob, die den Weg für das Segeln mit großen Schiffen in der Region ebnen sollen, sollen im Dezember 2021 abgeschlossen sein. Bis Dezember 2021 soll auch der Verkehrsknotenpunkt Murmansk, der eine neue 46 Kilometer lange Eisenbahn- und Hafenanlage am westlichen Ufer der Kola-Bucht umfasst, fertiggestellt werden.
Die Regierung in Moskau wird auch ein neues Gesetz über die Arktis verabschieden. Die neuen Rechtsvorschriften werden voraussichtlich im ersten Quartal 2020 verabschiedet und beinhalten wichtige Anreize für die Entwickler natürlicher Ressourcen. Nach Schätzungen der Regierung werden die vorgeschlagenen Steuervergünstigungen in den nächsten 15 Jahren zu Neuinvestitionen in der russischen Arktis in Höhe von 216 Milliarden Euro führen. Fünf Kategorien von Projekten werden zu erheblichen Steuersenkungen berechtigt sein, darunter Offshore-Erdölprojekte, die Produktion von LNG, die petrochemische Industrie und die Mineralgewinnung.