Politik

Ehemaliger deutscher EU-Diplomat soll für China spioniert haben

Ein ehemaliger deutscher EU-Diplomat soll Wirtschaftsspionage für China geleistet haben. Im Zuge der Ermittlungen fanden mehrere Durchsuchungen statt. Überhaupt gilt Brüssel als Hochburg fremder Spione.
23.01.2020 10:16
Lesezeit: 1 min
Ehemaliger deutscher EU-Diplomat soll für China spioniert haben
Ein hochrangiger deutscher Diplomat soll Wirtschaftsspionage für China betrieben haben. (Foto: dpa) Foto: Marijan Murat

Die Generalbundesanwaltschaft hat Ermittlungen in einem mutmaßlichen Spionagefall aufgenommen. Wie der Spiegel berichtete, sind im Zusammenhang mit den Untersuchungen gegen einen früheren deutschen Diplomaten der EU und zwei weitere Verdächtige Büros und Wohnungen in Berlin, Bayern, Brüssel und Baden-Württemberg durchsucht worden.

Der Beschuldigte G. S. arbeitet seit 2017 bei einer bekannten Beratungs- und Lobbyorganisation, welche die Vorwürfe gegen den Mann zurückweist. Anfragen der Deutschen Wirtschaftsnachrichten wurden von dem Unternehmen nicht beantwortet.

Eine Anwaltskanzlei, welche den Verdächtigen vertritt, wird vom EUObserver folgenermaßen zitiert: „Die Umstände (der Ermittlungen in Deutschland) betreffen nicht die Aktivitäten unseres Klienten, weswegen wir keinen Grund für eine Stellungnahme unseres Klienten erkennen.“

Während der Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen gegen den Mann und seine mutmaßlichen Helfer derzeit noch nicht eingeschätzt werden kann, verdienen andere Umstände Erwähnung. So berichtet der Spiegel, dass es „sehr selten“ sei, dass chinesische Spione in Deutschland beziehungsweise Europa auffliegen würden: „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre es einer der sehr wenigen Fälle, in welchen chinesische Spione tatsächlich auffliegen. Zwar ist immer wieder die Rede von groß angelegten Spionageoperationen Chinas in Deutschland und Europa. Tatsächlich gelingt den Ermittlern aber nur selten ein Erfolg gegen Pekings Geheimdienste.“ Die Gründe, warum dies angeblich so ist, bleiben im Dunkeln.

Bemerkenswert ist zudem, dass die Gegenspionage-Kapazitäten der EU Medienberichten zufolge angeblich nur schwach ausgeprägt sind. So berichtet die Welt, dass dem Außenamt der EU zufolge derzeit rund 250 chinesische und 200 russische Spione in Belgien tätig sein sollen. Daneben seien auch viele amerikanische und marokkanische Spione in Brüssel aktiv, so die Welt. Doch Belgien verfüge nur über etwa 30 Gegenspione, berichtet der EUObserver. Und das EU-Außenamt selbst beschäftige nur etwa eine Handvoll Spezialisten für Gegenspionage.

Im Februar warnte der interne Sicherheitsdienst des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) EU-Diplomaten zudem vor dem Besuch von bestimmten Lokalen im EU-Viertel, darunter ein beliebtes Steakhouse und ein Café in unmittelbarer Fußnähe zum Hauptgebäude der Europäischen Kommission und zum Dienstgebäude des EAD.

„Spektakulär ist ein Spionagefall, der mehr als 15 Jahre zurückliegt: Im Jahr 2003 wurden am Sitz des Europäischen Rates, dem Justus-Lipsius-Gebäude, wo damals die Regierungschefs und die jeweiligen Fachminister tagten, in den Übersetzerkabinen kleine Spionageboxen gefunden, die von außen aktiviert werden konnten. Damit sollten Gespräche in den deutschen, britischen, spanischen und französischen Delegationen abgehört werden. In Verdacht gerieten die USA und Israel, Beweise dafür gab es aber nicht“, schreibt die Welt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...

DWN
Politik
Politik New York-Wahl: Was Mamdanis Sieg für Europa bedeutet
22.11.2025

Der Sieg eines radikalen Sozialisten in New York, Deutschlands Stillstand und Polens Aufstieg: Ein Kommentar darüber, wie politische und...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...