In den russischsprachigen sozialen Medien macht derzeit ein Video aus der Sowjetzeit die Runde. Im Jahr 1956 wurde ein russischer Kinofilm über den Usbeken Abū Alī al-Husain ibn Abd Allāh ibn Sīnā (latinisiert: Avicenna), der als Vater der Alchemie und Medizin gilt, veröffentlicht. In dem Kinofilm geht es um die Eindämmung von Epidemien. Als Beispiel werden die Worte Avicennas zur Bekämpfung der Pest angeführt.
Maßgeblich ist ein berühmter Dialog zwischen Avicena, der oftmals von Thomas von Aquin zitiert wird, und dem usbekisch-muslimischen Mathematiker, Kartografen und Pharmakologen, Abu r-Raihan Muhammad ibn Ahmad al-Biruni.
Avicenna besucht in dem Sowjet-Film den Pharmakologen al-Biruni. Bevor sie sich die Hände geben, sagt Avicenna: “Verehrter al-Biruni. Können Sie den Bediensteten zunächst sagen, dass sie uns saubere Kleidung und Essigwasser bringen können, damit wir unsere Hände waschen?”
Al-Biruni fragt: “Aus welchen Ländern kommt diese Sitte?”
Avicenna antwortet: “Das muss die Sitte all jener Länder sein, in denen die Pest ausgebrochen ist.”
Er fährt in einer Gesprächsrunde mit folgenden Worten fort: “Das Wichtigste ist, keine Angst zu haben. Die Ansteckung verläuft von Mensch zu Mensch. Das Virus klebt sich an alles fest. An die Hände und an die Haare. Es kommt auch dann zu einer Ansteckung, wenn der Wind weht. Die Menschen sollten es unterbinden, zusammenzukommen. Die Basare und Moscheen sollten für eine Weile geschlossen werden. Verrichtet Euer Gebet zuhause (...) Eine Person kann bis zu hundert Menschen infizieren. Verlasst die Moscheen. Wenn Ihr nicht krank werden wollt, verbringt Eure Zeit zuhause”. Diese Worte sollten sich vielleicht auch die 300 Personen merken, die sich am vergangenen Freitag vor der arabischen Dar as-Salam Moschee versammelt haben, um gezielt gegen die Bestimmungen zur Bekämpfung des Corona-Virus zu verstoßen.
Auf den Straßen der usbekischen Hauptstadt riecht es seit Tagen stark nach brennenden Aromen, so dass die Menschen trotz der hohen Temperaturen gezwungen sind, Türen und Fenster zu schließen. In den Städten werden an öffentlichen Orten Steppenraute-Mengen verbrannt. Der Rauch verscheucht nicht nur Wildtiere, sondern soll auch vor allem die Ausbreitung des Corona-Virus eindämmen.
Die gelben oder hellgrünen Steppenraute-Trauben werden zusammen mit dem Altpapier in speziellen Kisten verbrannt, in denen die bitteren Samen der Pflanze platziert werden. In Apotheken wird das Kraut auch in Pulverform in kleinen Packungen verkauft, die weniger als einen US-Dollar kosten.
Das Etikett besagt, dass die Steppenraute zur “Prophylaxe von Infektionen der Atemwege, Grippe und Erkältungen sowie gegen Hausinsekten” verwendet wird. Es wird empfohlen, “es auf eine feuerfeste Oberfläche zu legen und zu verbrennen”. Jede Basartheke hat Metallsiebe an den Seiten angebracht, von wo aus das wundersame Kraut kontinuierlich begast wird, berichtet Asia News.
Es war der berühmte Avicenna, der in seinem “Kanon der Heilwissenschaft” schrieb, dass die Steppenraute das beste Mittel gegen Atemwegsentzündungen ist. Es kann auch als Diuretikum und Schmerzmittel eingesetzt werden. Das usbekische Gesundheitsministerium gab Anfang März 2020 eine Erklärung ab, wonach “es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass Steppenraute gegen Corona-Virus wirksam ist”. Das Vertrauen der Bürger in die Pflanze wurde dadurch jedoch nicht beeinträchtigt.