Deutschland

12-Stunden-Arbeitstag kommt: Millionen Deutsche werden psychisch krank

Die Bundesregierung will für mehrere Branchen den 12-Stunden-Arbeitstag - angeblich vorübergehend - einführen. Genau das hatten Arbeitgeberverbände schon im November 2019 gefordert. Einer Studie zufolge sollen Millionen Deutsche dadurch psychisch krank werden.
08.04.2020 19:06
Aktualisiert: 08.04.2020 19:06
Lesezeit: 2 min
12-Stunden-Arbeitstag kommt: Millionen Deutsche werden psychisch krank
Aktenordner zum Thema "Sozialrecht" und "Arbeitsrecht" liegen auf einem Tisch. (Foto: dpa) Foto: Friso Gentsch

Die geplante Einführung des 12-Stunden-Arbeitstags für Mitarbeiter in Branchen, die mit der Herstellung, der Verpackung und dem Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs zu tun haben sowie Mitarbeiter in der Arzneimittelbranche, in der Landwirtschaft, in der Energie- und Wasserversorgung, in Apotheken und Sanitätshäusern, Beschäftigte in der Geld- und Werttransportbranche oder im Daten- und Netzwerkmanagement, könnte zu zahlreichen psychischen Störungen innerhalb der deutschen Bevölkerung führen. Dabei sind schon jetzt genug Deutsche psychisch krank. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN) wörtlich: “Basierend auf epidemiologischen Studien sind in Deutschland jedes Jahr 27,8 % der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. Dies entspricht mit 17,8 Millionen Menschen der Einwohnerzahl von Nordrhein-Westfalen". Es ist nicht nachvollziehbar, warum Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil diesen Vorstoß mittragen.

Elf Stunden Ruhezeit zwischen dem Feierabend und dem Wiederbeginn der Arbeit - so sieht es das deutsche Arbeitszeitgesetz vor. Bei jedem fünften Vollzeitbeschäftigten fällt die Arbeitspause nach eigenen Angaben aber mindestens einmal im Monat kürzer aus, wie aus einer Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hervorgeht. Am verbreitetsten seien verkürzte Ruhezeiten im Gesundheitswesen, wo 39 Prozent der Beschäftigten davon betroffen seien.

Wer schneller wieder zur Arbeit müsse, habe mehr psychosomatische Beschwerden als Arbeitnehmer mit einer mindestens elfstündigen Ruhezeit, betonen die Forscher. Dazu zählten zum Beispiel Rückenschmerzen, Schlafstörungen oder emotionale Erschöpfung. Auch die sogenannte Work-Life-Balance verschlechtere sich signifikant. Dieser Zusammenhang bestehe unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit und gelte für alle Beschäftigten.

Bislang gibt es im Arbeitsgesetz einzelne Ausnahmen von der Elf-Stunden-Regel. So kann etwa in Krankenhäusern, aber auch in der Landwirtschaft oder bei Verkehrsbetrieben die Ruhezeit um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn sie durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird. Abweichende Regelungen können auch tarifvertraglich getroffen werden.

Über eine Reform des Arbeitszeitgesetzes wird in Deutschland seit längerem diskutiert. Starre Regelungen zu Ruhezeiten und täglichen Höchstarbeitszeiten entsprächen nicht mehr den Bedürfnissen von Beschäftigten wie Betrieben, hatten die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bereits im November 2019 (!) betont.

Die BAuA-Forscher weisen darauf hin, dass verkürzte Ruhezeiten häufig mit langen Arbeitszeiten und Überstunden einhergehen. Sie betonen, dass Mindestruhezeiten "nach wie vor ein wichtiges und sinnvolles Instrument des Arbeitsschutzes" seien. Auch im Hinblick auf die empfohlenen rund acht Stunden Schlaf am Tag seien verkürzte Ruhezeiten äußerst kritisch zu betrachten. In der Schlafforschung gebe es daher seit Langem die Forderung, die Mindestruhezeiten auszuweiten.

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