Deutschland

„Anti-Diskriminierungsgesetz“: Bayern und Baden-Württemberg drohen Berlin mit Ende der Polizei-Kooperation

Im linksgrünen Berlin werden Klagen gegen Polizisten von einem „Antidiskriminierungsgesetz“ erleichtert. Bayern und Baden-Württemberg drohen nun mit dem Ende der Entsendung von Polizisten in die Hauptstadt.
16.06.2020 11:54
Aktualisiert: 16.06.2020 11:54
Lesezeit: 2 min
„Anti-Diskriminierungsgesetz“: Bayern und Baden-Württemberg drohen Berlin mit Ende der Polizei-Kooperation
Polizisten bei einer linksradikalen Demonstration in Berlin. (Foto: dpa) Foto: Ralf Hirschberger

Kurz vor Beginn der Innenministerkonferenz reißt die Kritik von Ministern der CDU/CSU am Berliner Antidiskriminierungsgesetz nicht ab. Besonders Bayern und Baden-Württemberg äußerten am Montag erneut Bedenken, ob ihre Polizisten bei Unterstützungs-Einsätzen in Berlin nicht Nachteile erleiden könnten. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) zeigte sich gelassen und verwies auf den Gesetzestext, der die Haftung anderer Länder ausschließe. Unterstützung erhielt er von Innenministern aus seiner Partei.

Das Antidiskriminierungsgesetz (LADG) soll Menschen in Berlin vor Diskriminierung etwa wegen ihrer Hautfarbe oder Herkunft durch Behörden schützen. Es soll Klagen zum Beispiel gegen Polizisten erleichtern. Zugleich hat die gegenseitige Unterstützung der Länder in der Polizeiarbeit eine lange Tradition und gilt gerade bei Großlagen mit vielen Einsatzkräften als unverzichtbar. Jedes Bundesland ist dabei auf die Unterstützung der anderen Länder angewiesen.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir haben grundsätzlich eine gute Zusammenarbeit, und wir wollen uns auch nicht davonstehlen. Aber um das fortsetzen zu können, erwarten wir glasklare Belege, dass sich jetzt keine neuen Belastungen für unsere Beamten ergeben.» Es sei wichtig, dass das Thema bei der am Mittwoch in Erfurt startenden Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern auf der Tagesordnung stehe. «Das muss von Berlin nun klar dargelegt und ausgearbeitet werden.»

Herrmann betonte, auch für Bayern gelte, dass jedem Einzelfall nachgegangen werden müsse, sollte es zu rassistischen Handlungen oder Äußerungen gekommen sein, immerhin müssten gerade Polizisten hier Vorbild sein. «Aber pauschale Vorwürfe gegen die Polizei aus allen Ländern helfen da nicht weiter», sagte Herrmann, der damit in die gleiche Kritikkerbe schlägt, wie etwa sein Parteifreund, Bundesinnenminister Horst Seehofer und andere Innenpolitiker aus der Union.

Seehofer hatte wenige Tage vor dem Beschluss des Gesetzes kritisiert, es sei «im Grunde ein Wahnsinn» und gefordert, die Polizei nicht unter Generalverdacht zu stellen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte am Montag, man werde ernsthaft prüfen, ob es weiterhin verantwortbar sei, Kollegen nach Berlin in Einsätze zu schicken. Die neue Gesetzgebung sei für ihn «fast schon eine Umkehrung des Rechtsstaats, indem jetzt Polizeibeamte auf einmal ihre Unschuld beweisen müssen». Deshalb gebe es auch im Südwesten Überlegungen, ob man es noch verantworten könne, Berlin in Zukunft noch zu unterstützen.

Berlins Innensenator Geisel reagierte mit Unverständnis auf die Kritik. Er habe ja bereits kürzlich erklärt, «wer lesen kann, ist im Vorteil», sagte Geisel. Einige Innenminister hätten das Gesetz offenbar nicht gelesen. «Im Paragrafen 8 ist geregelt, dass sich Ansprüche nach LADG ausschließlich gegen das Land Berlin richten und alle anderen Bundesländer von solchen Ansprüchen befreit sind.» Das habe er immer wieder erklärt.

Geisel sagte weiter: «Ich habe jetzt den Ministern aus den anderen Ländern das Gesetz geschickt. Ich habe einen Brief an Herrn Seehofer geschickt, in dem das erläutert ist. Und ich werde das natürlich auch noch mal auf der Innenministerkonferenz darstellen.» Man müsse diese Kritik aus anderen Ländern eben auch einordnen: «Im Vorfeld der Innenministerkonferenz gibt es eben immer etwas politische Folklore.»

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) versicherte: «Es ist Teil unseres föderalen Systems, dass wir uns gegenseitig unterstützen und das wird von mir nicht in Frage gestellt.» Man werde daher selbstverständlich weiterhin Polizisten nach Berlin schicken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardärsmanager fliehen aus US-Aktien: Der stille Countdown zur Rezession hat begonnen
17.04.2025

Eine neue Erhebung der Bank of America zeigt: Die Stimmung unter den großen Vermögensverwaltern kippt dramatisch. Während die Finanzwelt...

DWN
Politik
Politik Merz und EU offen für Tauruslieferung an Ukraine: Kreml warnt vor direkter Kriegsbeteiligung
17.04.2025

In der Opposition war Merz offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Als voraussichtlicher Kanzler ist er das...

DWN
Panorama
Panorama Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
17.04.2025

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen...

DWN
Technologie
Technologie Mechanische Speicher als geopolitische Alternative: Lithium-Batterien geraten unter Druck
17.04.2025

Angesichts wachsender Abhängigkeit von China bei Lithium-Batterien rücken mechanische Energiespeicher in den Fokus. Eine...

DWN
Technologie
Technologie Japanisches Genie revolutioniert Energiewende – Supermagnet jetzt 20 Milliarden Euro wert
17.04.2025

Im globalen Wettrennen um Energiesouveränität und technologische Vorherrschaft hat sich ein unscheinbares Element als strategischer...

DWN
Politik
Politik Taiwan, Sanktionen und Respekt - China stellt klare Bedingungen für Handelsgespräche mit den USA
17.04.2025

China fordert mehr Respekt und klare Signale der USA, bevor Handelsgespräche beginnen – eine Einigung ist entscheidend für die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steht das Verbrenner-Verbot vorm aus? Europas Rechte bläst zum Gegenschlag gegen EU-Establishment
17.04.2025

Konservative und rechte Kräfte im EU-Parlament wollen das Aus für Verbrennungsmotoren kippen – mit wachsender Unterstützung auch aus...