Politik

Britisches Höchstgericht: Venezuelas Goldschatz in London steht selbsternanntem Präsidenten Guaido zur Verfügung

Im Streit um die in London lagernden Goldvorräte Venezuelas hat der britische High Court ein Urteil gefällt. Demnach kann der selbsternannte und vom Westen unterstützte Interimspräsident Guaido über den Schatz verfügen.
02.07.2020 16:24
Aktualisiert: 02.07.2020 16:24
Lesezeit: 2 min
Britisches Höchstgericht: Venezuelas Goldschatz in London steht selbsternanntem Präsidenten Guaido zur Verfügung
Juan Guaido. (Foto: dpa) Foto: Marcelo Camargo

Im Streit um die in London gelagerten Goldreserven Venezuelas im Wert von rund 890 Millionen Euro hat ein britisches Gericht zugunsten des venezolanischen Oppositionsführers und selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó entschieden. Das berichtete die britische Nachrichtenagentur PA am Donnerstag aus dem Londoner High Court.

Das Gold befindet sich in einem Tresor der Bank of England. Es wurde vom Vorstand der venezolanischen Zentralbank im Auftrag des regierenden Präsidenten Nicolás Maduro angefordert, um die Folgen der Coronavirus-Pandemie zu lindern. Die Bank of England verweigerte aber die Herausgabe, weil die Goldreserven auch von der selbsternannten Gegenregierung unter der Führung Guaidós beansprucht werden. Daraufhin verklagte die Regierung in Caracas die Bank of England auf Herausgabe der Vorräte.

Der High Court stellte nun fest, dass «die britische Regierung eindeutig Guaidó als Staatschef Venezuelas anerkennt». Daraus folge notwendigerweise, dass Maduro nicht mehr als Präsident Venzuelas betrachtet werde, so der zuständige Richter. Die Anwälte der Maduro-Seite kündigten umgehend an, in Berufung zu gehen.

Machtkampf geht weiter

Der Nationale Wahlrat in Venezuela hat ungeachtet der Corona-Krise für den 6. Dezember eine Parlamentswahl angesetzt und bringt damit Guaidó in ein Dilemma. Die Entscheidung für den Termin sei einstimmig gefallen, sagte die Vorsitzende, Indira Alfonzo. Der Wahlrat war erst im Juni vom Obersten Gericht ernannt und Alfonzo zu dessen Präsidentin bestimmt worden, seine Mitglieder sind dem regierenden Präsidenten Nicolás Maduro treu.

Die Opposition in dem südamerikanischen Krisenstaat läuft Gefahr, bei der Wahl ihre letzte Bastion zu verlieren. Das Parlament ist die einzige staatliche Institution in Venezuela, die von der Opposition kontrolliert wird. Maduro hat dem Parlament mittlerweile allerdings alle Kompetenzen entzogen und sie auf eine regierungstreue Verfassungsgebende Versammlung übertragen.

Boykottiert Oppositionsführer Guaidó die Wahl, riskiert er, seine Legitimation einzubüßen. Er sprach sich dennoch bereits gegen eine Beteiligung aus. „Wir Venezolaner erkennen keine Farce an, wie wir es im Mai 2018 nicht gemacht haben“, schrieb er auf Twitter. „Wir haben uns für ein Leben mit Würde und in Demokratie entschieden.“

Das einst reiche Venezuela – das Land mit den größten Rohölreserven der Welt – steckt in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise, die zuletzt durch die Corona-Pandemie noch einmal verstärkt wurde. Das Gesundheitssystem liegt am Boden; es fehlt an Lebensmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und Treibstoff. Immer wieder fällt der Strom aus. Zahlreiche Ärzte haben wie Millionen Venezolaner ihre Heimat verlassen. Viele Militärs und Politiker sollen in kriminelle Geschäfte wie illegalen Bergbau und Drogenhandel verwickelt sein.

Vor eineinhalb Jahren erklärte sich Parlamentspräsident Guaidó selbst zum Übergangsstaatschef. Er forderte damit Maduro offen heraus und versucht seitdem, ihn aus dem Amt zu drängen. Zahlreiche Staaten - darunter Deutschland und die Vereinigten Staaten - erkennen ihn als legitimen Interimspräsidenten an. Trotz der internationalen Unterstützung konnte Guaidó sich bislang nicht durchsetzen. Maduro sitzt fest im Sattel, auch weil er das Militär auf seiner Seite, die Polizei im Griff und Verbündete wie Russland und China hat.

Guaidó bekam zudem einen neuen Rivalen. Das Parlament spaltete sich im Januar in Anhänger und Gegner der Maduro-Regierung auf. Parlamentarier der regierungstreuen Sozialistischen Einheitspartei und Abtrünnige des Oppositionsbündnisses wählten Luis Parra zum Vorsitzenden. Rund 100 Abgeordnete der Opposition bestätigten parallel dazu Guaidó. Eine Niederlage bei der Parlamentswahl könnte ihn wie eine Nicht-Teilnahme weiter schwächen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...