Angesichts der Coronakrise stehen nach Gewerkschaftsangaben hunderttausende Stellen in der Metall- und Elektrobranche auf dem Spiel. "Wir reden von 300.000 Arbeitsplätzen, die im Feuer stehen", sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner am Mittwochabend im Club Wirtschaftspresse in München.
Betroffen seien überwiegend Beschäftigte in der Autobranche und ihrer Zulieferindustrie, aber auch andere Wirtschaftszweige wie die Luftfahrt - und das vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Viele Unternehmen nutzten die Krise aber, um Abbaupläne aus den Schubladen zu holen, die nichts mit Corona zu tun hätten.
"Ein Großteil der 300.000 ist Optimierung unter dem Deckmantel Corona", sagte Kerner, der als Hauptkassierer im Bundesvorstand der mächtigen Gewerkschaft sitzt. "Wenn die ersten Unternehmen damit durchkommen und sich optimieren, dann wird der Druck auf die anderen steigen."
Die IG Metall plädiert dafür, zur Entlastung der Unternehmen die Kurzarbeit auf bis zu 24 Monate zu verlängern. "Da sind die Signale aus der Politik positiv", sagte Kerner. Entscheidungen seien aber nicht vor dem Herbst zu erwarten. "Ich glaube nicht, dass die Politik im nächsten Jahr, im Jahr der Bundestagswahl, Millionen Arbeitslose will", warnte Kerner.
Die Auseinandersetzung um den Erhalt von Arbeitsplätzen werde im Herbst in Fahrt kommen, auch vor dem Hintergrund anstehender Tarifrunden. "Wir werden in der Krise um jeden Arbeitsplatz kämpfen." Für den Fall, dass die wirtschaftliche Erholung auch nach dem Auslaufen der verlängerten Kurzarbeit auf sich warten lässt - etwa in der Flugzeugindustrie -, sprach sich Kerner für eine kollektive Absenkung der Arbeitszeit in den betroffenen Unternehmen aus.
Um Arbeitsplätze zu erhalten, müsse die Politik in Deutschland und Europa den Wandel zu grünen Zukunftstechnologien finanziell anschieben. "Was wir brauchen, ist eine politische Flankierung für grüne Produkte", sagte der Gewerkschafter. "Eine große Chance für Beschäftigung in Deutschland ist das Thema Wasserstoff."
So müsse der Staat mit Wasserstoff klimaschonend hergestellten Stahl fördern, um ihn preislich konkurrenzfähig zu machen. Auch Wasserstoff-Lkw müssten staatlich gefördert werden, um sie für Spediteure attraktiv zu machen. "Am Anfang braucht man diesen Flankenschutz. Sonst wird dieser Markt nicht entstehen."