Finanzen

Hessens „Volks-Sparkasse“: Ein Model für die Zukunft?

Vor etwa einem Jahr schlossen sich die Volksbank Frankfurt und die Sparkasse Taunus zusammen. Die Zahl der Nachahmer hat inzwischen zugenommen.
14.09.2020 10:47
Aktualisiert: 14.09.2020 10:47
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Hessens „Volks-Sparkasse“: Ein Model für die Zukunft?
Hessen, Bad Soden: Im «Sparkassen-rot» leuchtet der Tresen im neu eröffneten «Finanzpunkt». (Foto: dpa) Foto: Boris Roessler

Die Ankündigung im Herbst sorgte für Aufsehen: Wird Deutschlands erste "Volks-Sparkasse" zum Patentrezept für eine Branche, die einerseits Kosten senken muss, andererseits aber auch auf dem Land bei der Kundschaft präsent bleiben will? Ein Jahr nach der Vorstellung ihrer bundesweit einmaligen flächendeckenden Filialkooperation ziehen Frankfurter Volksbank und Taunus Sparkasse eine positive Zwischenbilanz.

"Unsere Kunden verstehen und schätzen die gemeinsame Anstrengung, eine attraktive regionale Infrastruktur aufrechtzuerhalten", erklärte die Vorstandsvorsitzende der zweitgrößten Volksbank Deutschlands, Eva Wunsch-Weber, auf Anfrage.

Ihr Amtskollege von der Taunus Sparkasse, Oliver Klink, ergänzte: "Natürlich mussten sich die Kunden erst auf die neuen Öffnungszeiten einstellen. Aber die Wertschätzung für die regionale Nähe überwiegt." Allerdings funktionierten die "Finanzpunkte" genannten gemeinsamen Filialen "nur dort, wo es auch sonst noch eine vitale und intakte Infrastruktur gibt", sagte Klink.

Am 3. September 2019 hatten die beiden Institute ihr Konzept vorgestellt, kurz vor Weihnachten wurde die erste gemeinsame Filiale in neuem Gewand eröffnet. Inzwischen betreiben die Geldhäuser 16 "Finanzpunkte", 26 sollen es werden. "Nach derzeitiger Planung wird der Aus- und Umbau Ende dieses Jahres vollständig abgeschlossen sein - ein ganzes Jahr früher, als ursprünglich vorgesehen", sagte Klink.

Dass Geldhäuser aus unterschiedlichen Lagern in so großem Stil so eng zusammenarbeiten, ist ein Novum - und findet nach Angaben der beiden Partner immer mehr Nachahmer. In Hessen folgten die Sparkasse Darmstadt und die Volksbank Darmstadt-Südhessen dem Beispiel, in Weiden in der Oberpfalz werden den Angaben zufolge erstmals zwei Finanzhäuser das Konzept komplett übernehmen - samt Name und Optik. Auch an anderen Orten in Bayern sowie in Schleswig-Holstein werde offen über ein solches Kooperationsmodell nachgedacht. "Regelmäßig kommen Kollegen aus ganz Deutschland zu uns, um sich zu informieren und sich den Finanzpunkt vor Ort anzusehen", schilderten die Partner.

In Zeiten, in denen immer mehr Kunden Geldgeschäfte am heimischen Computer oder per Smartphone erledigen, drücken Frankfurter Volksbank und Taunus Sparkasse durch ihre Kooperation die Kosten für ihr nach wie vor vergleichsweise engmaschiges Filialnetz. Im Herbst hatten die Chefs der beiden Häuser jedoch betont, es handele sich nicht um ein Sparprogramm. "Wir bauen im Zuge dieser Kooperation kein Personal ab", hatte Wunsch-Weber im September versichert. Auch das Filialnetz werde nicht ausgedünnt - im Gegenteil: "Jeder Partner wird künftig an vier zusätzlichen Standorten vertreten sein."

Das Geschäftsgebiet der Frankfurter Volksbank erstreckt sich fast auf die gesamte Region um Hessens größte Stadt. Das Institut hat aktuell inklusive der eröffneten "Finanzpunkte" 93 Präsenzfilialen und 66 Standorte mit Selbstbedienung (SB). Die Taunus-Sparkasse kommt auf 67 Filialen, von denen 26 SB-Standorte sind. In den "Finanzpunkten" mit Personal teilen sich die Partner die Öffnungszeiten - je nachdem, welcher Berater gerade anwesend ist, wird die Filiale blau (Volksbank) oder rot (Sparkasse) beleuchtet.

Seit Jahren schrumpft die Zahl der Banken und der Zweigstellen in Deutschland. 1717 Kreditinstitute zählte die Bundesbank Ende vergangenen Jahres und damit 66 weniger als ein Jahr zuvor. Das Filialsterben setzte sich fort: 26 667 Zweigstellen bedeuteten einen Rückgang um 1220. Sparkassen und Genossenschaftsbanken betreiben zusammen zwei Drittel der Bankfilialen in Deutschland.

Die Weichen für die Kooperation von Frankfurter Volksbank und Taunus Sparkasse stellten die Institute, lange bevor die Ausbreitung des Coronavirus der Digitalisierung einen Schub gab - und etliche Geldhäuser wie die Commerzbank vorübergehend geschlossene Filialen nun gar nicht erst wieder aufmachen.

Auf die Frage, ob der Umbau des eigenen Filialnetzes nach den Erfahrungen der Corona-Krise nun radikaler ausfallen muss, antwortete Wunsch-Weber: "Natürlich haben auch unsere Kunden in den zurückliegenden Wochen verstärkt digital oder telefonisch Kontakt zu uns aufgenommen. Wir haben aber auch gelernt, dass die Präsenz vor Ort nach wie vor für unsere Kunden ein ganz wesentlicher Bezugspunkt und Anker ist."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Siton Mining: Mining mit BTC, XRP und DOGE.Verdienen Sie 8.600 $ pro Tag an passivem Einkommen

Auf dem volatilen Kryptowährungsmarkt ist die Frage, wie sich die täglichen Renditen digitaler Währungen maximieren lassen, anstatt sie...

DWN
Finanzen
Finanzen Topmanager erwarten Trendwende bei Börsengängen
17.09.2025

Nach Jahren der Flaute sehen Topmanager eine Trendwende am Markt für Börsengänge. Warum Klarna den Wendepunkt markieren könnte und was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Solar-Krise: Solarfirma Meyer Burger schließt Standorte - 600 Beschäftigten gekündigt
17.09.2025

Rettung geplatzt: Warum auch Investoren keinen Ausweg für den insolventen Solarmodul-Hersteller Meyer Burger sehen und was jetzt mit den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinesische Waren: Europas Industrie gerät zunehmend unter Druck
17.09.2025

Chinesische Waren fluten Europa. Subventionen aus Peking drücken Preise, während Europas Industrie ins Hintertreffen gerät. Deutschland...

DWN
Politik
Politik AfD stärkste Kraft: AfD zieht in YouGov-Umfrage erstmals an der Union vorbei
17.09.2025

Die AfD zieht in der Sonntagsfrage an der Union vorbei – für die SPD geht es minimal aufwärts. Eine Partei, die bislang nicht im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft TOP10 Biotech-Unternehmen: Was Anleger jetzt wissen müssen
17.09.2025

Biotech-Unternehmen dominieren mit GLP-1 und Onkologie – doch Zölle, Patente und Studienerfolge entscheiden über Renditen. Wer jetzt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Halbleiterstandort Sachsen: Ansiedlung von TSMC - Silicon Saxony rechnet mit 100.000 neuen Jobs
17.09.2025

Sachsen ist Europas größter Mikroelektronik-Standort mit rund 3.600 Unternehmen und rund 83.000 Mitarbeitern. Auf der Halbleitermesse...

DWN
Politik
Politik Haushaltsdebatte im Bundestag: Erst Schlagabtausch, dann Bratwürste für den Koalitionsfrieden
17.09.2025

Merz gegen Weidel: Zum zweiten Mal treten die beiden in einer Generaldebatte gegeneinander an. Weidel wirft Merz „Symbolpolitik“ und...

DWN
Finanzen
Finanzen Berliner Testament: Ungünstige Nebenwirkungen bei größeren Vermögen – und was sonst zu beachten ist
17.09.2025

Das Berliner Testament ist in Deutschland sehr beliebt, denn es sichert den überlebenden Ehepartner ab. Allerdings hat es auch eine Reihe...