Wirtschaft

Brexit macht's möglich: Großbritannien und Japan vereinbaren Handelsabkommen

Das neue Handelsabkommen zwischen Großbritannien und Japan stellt sicher, dass 99 Prozent der britischen Exporte nach Japan zollfrei sind. Der Handel zwischen den beiden Staaten dürfte nach dem Brexit nun deutlich zunehmen.
11.09.2020 11:10
Aktualisiert: 11.09.2020 11:10
Lesezeit: 1 min
Brexit macht's möglich: Großbritannien und Japan vereinbaren Handelsabkommen
Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien. (Foto: dpa) Foto: Ben Birchall

Inmitten des eskalierenden Brexit-Streits mit der Europäischen Union hat sich Großbritannien auf ein erstes großes Freihandelsabkommen mit einer anderen Nation geeinigt. Am 1. Januar 2021 solle eine umfassende Vereinbarung mit Japan gelten, kündigte das Handelsministerium am Freitag in London an. Das erste bedeutende Abkommen seit dem EU-Austritt zu Beginn dieses Jahres gewährleiste Zollfreiheit für 99 Prozent der britischen Exporte in die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Der Handel mit Japan könne langfristig um etwa 15,2 Milliarden Pfund (etwa 16,5 Milliarden Euro) im Vergleich zu 2018 wachsen.

"Das ist ein historischer Moment für Großbritannien und Japan", sagte die britische Handelsministerin Liz Truss. "Das Abkommen, das wir in Rekordzeit und unter schwierigen Umständen ausgehandelt haben, geht weit über das bestehende EU-Abkommen hinaus." Es sichere den britischen Unternehmen etwa in der Fertigungs-, Lebensmittel- und Getränke- sowie Technologieindustrie neue Geschäftsabschlüsse.

Der japanische Außenminister Toshimitsu Motegi sagte, die Gespräche seien schwierig gewesen. "Aber es ist uns gelungen, in nur drei Monaten mit außerordentlicher Schnelligkeit eine Grundsatzeinigung zu erzielen." Japan hofft, dass insbesondere die heimische Eisenbahn- und Autobranche davon profitiert. Große japanische Investoren in Großbritannien wie die Konzerne Nissan und Hitachi werden Motegi zufolge reduzierte Zölle auf Zulieferteile zugutekommen, die bis 2026 ganz wegfallen sollen.

Die Einigung mit Japan wird weithin als vergleichsweise einfache Übung für die britische Regierung angesehen, da sie sich weitgehend auf das Abkommen zwischen der EU und Japan stützt. Andere Handelsgespräche, insbesondere mit den USA, kommen deutlich langsamer voran. Der Handel zwischen Großbritannien und Japan summierte sich 2018 auf rund 29,5 Milliarden Pfund. Zum Vergleich: Die Exporte und Importe zwischen Großbritannien und der EU belaufen sich auf fast 700 Milliarden Pfund.

Großbritannien hat die EU am 31. Januar verlassen. Die Verhandlungen zwischen beiden Seiten um ein Freihandelsabkommen nach Ende der Brexit-Übergangsphase am Jahresende stecken derzeit in einer Sackgasse. Die britische Wirtschaft fordert deshalb mit Nachdruck, ein Handelsabkommen mit der EU abzuschließen. Dieses sei "von größter Bedeutung", sagte Allie Renison, Leiterin der Abteilung Europa und Handelspolitik beim Lobbyverband Institute of Directors.

Die Fronten in den Brexit-Gesprächen haben sich zuletzt verhärtet. Die Regierung von Premierminister Boris Johnson hat angekündigt, sich in einem geplanten Gesetz für den britischen Binnenhandel in Teilen über den ratifizierten Scheidungsvertrag mit der EU hinwegzusetzen. Die EU pocht aber darauf, dass sich London an den Vertrag und die Zusage halten muss, keine sogenannte harte Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Land Irland zuzulassen.

Weiterlesen: Brexit reißt 75-Milliarden-Lücke in EU-Kasse, Deutschland wird übernehmen

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...