Politik

Italiens Regierung zerbricht nach Rückzug von Koalitionspartei

Lesezeit: 2 min
14.01.2021 10:37
Eine wochenlang schwelende Regierungskrise gipfelt mit dem Scheitern der linken Regierung in Rom. Nun wird fieberhaft nach Auswegen aus der Krise gesucht.
Italiens Regierung zerbricht nach Rückzug von Koalitionspartei
Fernsehteams stehen vor dem Regierungssitz Palazzo Chigi, der in den Farben der italienischen Flagge angestrahlt wird. (Foto: dpa)
Foto: Mauro Scrobogna

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das von der Corona-Pandemie schwer angeschlagene Italien sucht eine neue Regierung. Nach dem Rückzug der Mini-Partei Italia Viva von Matteo Renzi aus dem Kabinett von Ministerpräsident Giuseppe Conte steht das Mitte-Links-Bündnis ohne eigene Mehrheit im Parlament in Rom da. Die zwei Ministerinnen von Italia Viva waren am Mittwoch zurückgetreten. Für Donnerstag wurden Sondierungen über Auswege aus der Krise und mögliche neue Allianzen erwartet. Dazu kursierten in Italien zahlreiche Spekulationen.

Nach dem Auszug von Renzis Splitterpartei wackelt wegen der engen Mehrheitsverhältnisse die gesamte Regierung, die von der Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten (PD) dominiert wird. Es ist die 66. Regierung der italienischen Republik - und das zweite von Conte geführte Kabinett in Folge. Auch die Zukunft des 56-jährigen parteilosen Juristen selbst galt nach Medienberichten als ungewiss.

Ex-Premier Renzi (46) hatte Conte schwere Fehler im Kampf gegen die Corona-Pandemie vorgehalten. Umstritten zwischen den zwei Kontrahenten sind die Pläne Contes zur Verwendung der EU-Milliardenhilfen im Anti-Corona-Kampf. Conte warf Italia Viva am Mittwochabend bei einem Kabinettstreffen nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa vor, dem Land zu schaden. Führende Politiker aus den Reihen der Fünf-Sterne-Bewegung und der PD versicherten in Stellungnahmen, sie wollten an Conte als Premier festhalten.

Renzis Partei stellt im Senat, der kleineren Parlamentskammer, 18 Senatoren. In der größeren Abgeordnetenkammer brachte sie bisher 30 Stimmen für die alte Koalition ein. Schon bisher hatte Conte manchmal Mühe, Mehrheiten zu erreichen.

In den Medien wurden zahlreiche politische Optionen für Wege aus der Krise diskutiert. Danach könnte der Premier die Ministerinnen im Kabinett ersetzten und im Parlament die Vertrauensfrage stellen - in der Hoffnung auf Überläufer aus anderen Reihen und Abgeordnete einer gemischten Gruppe. Stabil wäre seine Lage damit aber kaum. Er könnte auch beim Präsidenten Sergio Mattarella den Rücktritt einreichen.

Nicht ausgeschlossen wird, dass Renzi neu verhandeln möchte. Dabei halten manche es für möglich, dass er in das Mitte-Links-Bündnis zurückkehrt. Unter welchem Premier gilt als offen. Auch eine Einheitsregierung mit Kräften aus der rechten Opposition oder eine sogenannte Expertenregierung wurden ins Spiel gebracht.

Sollte all das nicht in Frage kommen, könnte es vorgezogene Wahlen in dem 60-Millionen-Einwohner-Land geben. Das versucht besonders die Fünf-Sterne-Bewegung zu verhindern, die eine Stimmenhalbierung im Vergleich zur Parlamentswahl 2018 fürchtet. Sie kam damals auf knapp 33 Prozent. Auch Renzi ist gegen Wahlen. Umfragen sehen Italia Viva aktuell bei rund drei Prozent. Renzi hatte die Partei erst 2019 nach seinem Austritt aus der PD gegründet. Die rechte Opposition dagegen sieht sich mit Blick auf Umfragen als Block in einer guten Ausgangslage.

In Italien starben seit Februar 2020 offiziell mehr 80 000 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Die Wirtschaft des Mittelmeerlandes stockt, der Schuldenberg des Staates steigt durch die Kosten der Pandemie gewaltig.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Erfolg zur Krise: Wie Adidas seine Dominanz im Sportmarkt verlor
19.05.2024

Adidas, einst ein Riese im Sportmarkt, kämpft nach katastrophalen Kooperationen und einem Börsenabsturz gegen den Aufstieg von Nike. Mit...

DWN
Finanzen
Finanzen Kreditanstalt für Wiederaufbau in der Kritik, nutzt Potenzial unzureichend
19.05.2024

Eine neue Studie der Stiftung Klimaneutralität zieht eine kritische Bilanz zur Rolle der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Demnach...

DWN
Politik
Politik Scholz verspricht Hilfe - Überschwemmungen im Saarland zeigen Naturgewalt
19.05.2024

Bundeskanzler Olaf Scholz besuchte Kleinblittersdorf im Saarland, um nach den heftigen Regenfällen und Überschwemmungen Hilfe zu...

DWN
Politik
Politik Putin fördert intensivere Geschäftspartnerschaften mit China
18.05.2024

Putin hat während seines Staatsbesuchs in China eine Stärkung der wirtschaftlichen Kooperation betont und die Sanktionen des Westens...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Überraschende Wende: China nicht mehr Deutschlands Top-Handelspartner
18.05.2024

Für eine beträchtliche Zeit war die Volksrepublik Deutschland der primäre Handelspartner. Jetzt besteht die Möglichkeit, dass China...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nike schnappt Adidas die Nationalmannschaft weg: Der DFB kennt keine Gnade
18.05.2024

Über 70 Jahre waren sie eine Einheit – die deutsche Nationalmannschaft in ihren Adidas-Trikots und ihren Schuhen mit den drei Streifen....

DWN
Finanzen
Finanzen Günstiger Urlaub? Versteckte Kosten, die Sie unbedingt im Blick haben sollen!
18.05.2024

Sie haben Ihren Sommerurlaub bestimmt schon geplant und freuen sich darauf, eine schöne Zeit am Strand zu verbringen und sich zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Schulden-Restrukturierung: Ukraine braucht weitere Zugeständnisse von Investoren
18.05.2024

Die Ukraine will möglichst schnell ihre Finanzierung über den Kapitalmarkt neu aufstellen. Es geht um bereits am Markt platzierte...