Finanzen

Aktienrallye: Der Aufschwung nach Corona ist schon eingepreist - wenn er ausbleibt, droht der Crash

Lesezeit: 6 min
25.03.2021 13:43
DWN-Börsen-Spezialist Andreas Kubin analysiert die Aussichten auf dem Aktienmarkt.

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Die Schuldenquote der USA betrug im Jahr 2019 rund 108,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts. Ihre Schuldenquote wird nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Jahr 2020 um über 21 Prozent auf rund 131,2 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen und damit alle Rekorde brechen.

Im Vergleich dazu die Staatsschuldenquote von Österreich: Sie ist geringer, beträgt aber auch satte 84,28 Prozent. Meine Prognose: Ende 2021 wird sie deutlich über 90 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. 2019 betrug sie noch 70,5 Prozent.

Weder die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) noch die Europäische Zentralbank (EZB) werden aus der „Gelddruck-Nummer“ so leicht herausfinden. Wir stehen vor einem monetären Endspiel, wo man Schulden nur mehr mit noch mehr Schulden bekämpfen kann. FED und EZB wird bis zum Platzen dieser gigantischen Bilanzsummen-Blase eine Reduzierung der Geldmengenausweitung nicht mehr (dauerhaft) gelingen, mittelfristig nicht und langfristig schon gar nicht. Jeder weitere Versuch, den Märkten Geld zu entziehen, wird grandios scheitern (wenn er denn überhaupt unternommen wird).

Eine stetige Inflationierung der Börsen läuft bereits

Wer das internationale Finanzmarkt- und Börsen-Geschehen verfolgt, kann einfach nicht übersehen, dass die Inflationierung der Börsen bereits in vollem Gange ist. Aktuell ist in den meisten Börsenkursen bereits eine deutliche Erholung der Volkswirtschaften eingepreist. Sollte letzteres nicht geschehen, das heißt, die Lockdowns doch heftigere Auswirkungen nach sich ziehen und die wirtschaftliche Wende nicht gelingen, dann sollte es nicht überraschen, wenn wir einen Börsencrash historischen Ausmaßes erleben werden.

Andererseits wurde noch nie in der Geschichte so viel Geld an den internationalen Finanzmärkten investiert, und es könnte durchaus auch sein, dass jenes - nur auf den ersten Blick unlogische – Ereignis eintritt, dass die Börsen trotz einer sich nicht wirklich erholenden Weltwirtschaft weiter steigen und steigen, befeuert von der inflationierten Geldmengenausweitung der Zentralbanken. Man nennt dies eine Inflationierung der Börsen.

Rekord Börsen-Indizes-Stände im Januar 2021

Eins ist klar: Das unternehmerische Makroumfeld passt keineswegs zu den derzeitigen Rekordständen, besonders in Zeiten von SARS-CoV-2 nicht! Aber auch das Mikroumfeld ist instabil, wenn ich an Lieferanten, Lieferketten, Partner und Kunden denke.

Berücksichtigt man diese Faktoren, befinden wir uns definitiv bereits in einer unübersehbaren Inflationierungs-Phase der Börsen. Der „S&P 500“ pendelt bei 3.906 Zählern rund um sein Rekordhoch. Der Dow Jones springt mit 32.982 Zählern (Stand: 18.März 2021) derzeit beinahe in Wochenabständen von einem zum nächsten Rekord.

Mit 3.864 Zählern notiert der „Euro Stoxx 50“ (Stand: 18. März 2021) fast gleich wie am 18. Februar 2020 (also unmittelbar vor dem großen Crash im März 2020) mit damals 3.865 Punkten und hat nun in beinahe dreizehn Monaten den kompletten Kurseinbruch wettgemacht. Wobei noch hinzukommt, dass die Konjunkturperspektiven zu Beginn des ersten Quartals 2020 ungleich besser waren und das Gros der Unternehmen damals nicht mit solchen Gewinneinbrüchen zu rechnen hatte. Prognose für den Euro Stoxx 50: kurzfristig, mittelfristig als auch langfristig jeweils „ansteigend“.

In Frankfurt steht der DAX am 18. März 2021 mit rund 14.745 Punkten deutlich über jener am 8. Januar 2021 aufgestellten Allzeit-Rekordhoch-Marke von 14.131 Zählern.

Trend weiterhin fest. Ablesbare Trends aus der DAX-Chartanalyse bei MarketScreener auch hier sowohl kurz- wie mittel- als auch langfristig jeweils „ansteigend“.

Stellvertretend für viele andere Unternehmen möchte ich anhand von einigen wenigen Beispielen die aktuellen Inflationierungs-Tendenzen anhand einzelner Aktiengesellschaften ableiten.

  • Der Getränkekonzern ANHEUSER-BUSCH INBEV (A2ASUV) hat nun per 18.3.2021 ein beziffertes KGV von rund 100x für 2020, 2021 soll es ein KGV(e) von 21,7 werden.

Deutlich bessere Zahlen in Q4/2020: Der den Anteilseignern bzw. Aktionären zurechenbare Gewinn des Konzerns stieg im vierten Quartal auf 2,266 Milliarden US-Dollar oder 1,13 US-Dollar pro Aktie, verglichen mit 114 Millionen US-Dollar in der Vergleichsperiode ein Jahr zuvor. Der Gruppenumsatz legte in Q4/2020 um 4,5 Prozent zu, auf exakt 12,77 Milliarden US$.

  • DUPONT DE NEMOURS INC, ISIN: US26614N1028 hat sich zwar von seinem Kursnotiz-Tief im März 2020 bei rund 30 € auf nun 65,5 € (17.3.2021) mehr als deutlich gefangen. Der Haken an der Sache ist der: Für Oktober bis Dezember 2020 wies der Hersteller bei nahezu stabilen Umsätzen von 5,3 Milliarden US-Dollar einen Gewinn von „4Q/2020 GAAP Income from continuing operations of $279 million and Operating EBITDA of $1.3 billion“ aus. Veranschlagt wird in der DuPont-Presseerklärung vom 9.2.2021 ein Gesamtjahres-Verlust von knapp 3 Milliarden Dollar (wegen hoher Abschreibungen in Q2/2020). 2019 hatte DuPont noch rund eine halbe Milliarde Gewinn erwirtschaftet.
  • Auch in diesem Kurs ist schon eine deutliche Erholung der Wirtschaft eingepreist. Sollte die ausbleiben, dann droht ein Absturz. Sehr positiv herauszustreichen ist der starke Anstieg beim free cash flow, welcher gegenüber dem Q4/2019 um 400 Prozent zulegte.
  • VOESTALPINE AG, ISIN: AT0000937503 meldete am Ende des dritten Quartals (31. Dez. 2020) für die ersten neuen Monaten ein negatives Ergebnis von 159 Millionen Euro. Das EBIT drehte jedoch mit 81,3 Millionen endlich ins Plus.
  • Baozun (A) ISIN: US06684L1035: Gegen Ende Januar 2021 hatte der chinesische E-Commerce- und Marketing-Spezialist eine Zusammenarbeit und Beteiligung mit „iClick“ angekündigt. Die „iClick Interactive Asia Group Limited“ ist ein unabhängiger Anbieter von Online-Marketing- und Unternehmensdatenlösungen aus China. Zwischen der Präsentation der Kennzahlen von Q3 und Q4/2020 lag auch noch die Akquisition des E-Commerce Marketing-Spezialisten „Full Jet“.

    Per 4. März 2021 wurden die Zahlen für das Q4/2020 präsentiert: EPS of $0.55 misses by $0.02; revenue of $517.26M (30.91% Y/Y) consensus misses by $1.49M.

    Der Nettogewinn für das komplette Geschäftsjahr 2020 legte um satte 51,4 Prozent auf 426 Millionen Renminbi zu.

    Anmerkung zu „misses“: Beim Gewinn im vierten Quartal von einem Verfehlen der Markterwartungen („consensus“ expectations) zu sprechen, ist wahrlich lächerlich. Stieg doch der Nettogewinn um 69,9 Prozent und der Umsatz um 20,2 Prozent an (jeweils im Vergleich zu Q4/2019). In jedem Fall muss man das „Shopify“-Pendant auf dem Radar haben!

Die Kursverläufe und KGVs der Aktien in diesen Beispielen implizieren, dass ein deutlicher Wirtschaftsaufschwung bereits eingepreist sein dürfte. Fällt dieser aus, so müssten die Kursnotizen deutlich nach unten korrigieren. Das dürfte dann ziemlich exakt der harten Realität (also dem tatsächlichen Wirtschaftsleben) entsprechen.

Welche Schlüsse kann der Investor aus den aktuellen Entwicklungen ziehen?

Mit absoluter Sicherheit kann man behaupten, dass jeder, der den Aktiencrash im März 2020 klug nutzte und wieder Positionen in seinem Portfolio aufbaute, nun ein dickes Plus in seinem Depot verzeichnen kann.

Jedoch sollte man in etwa „nur“ mit 40 bis 55 Prozent des verfügbaren Kapitals investiert sein und nicht „all in“ gegangen sein, da es zu einem weiteren Absturz der Märkte kommen kann, ja kommen muss, wenn die Weltwirtschaft 2021 (spätestens im ersten Halbjahr 2022) nicht kräftig Fahrt aufnehmen sollte!

Andererseits wäre es ein riesiger Fehler gewesen, im ersten Halbjahr 2020 überhaupt nicht zu investieren. Die Gier, auf einen noch tieferen Absturz zu warten, hätte sich als fatal erwiesen, und sollte es zu einem Währungscrash kommen, würde ein beträchtlicher Teil des angesparten Kapitals in Rauch aufgehen.

Die große Kunst der nächsten zwei bis drei Jahre wird dies sein: Nicht zu bald in Aktien zu investieren, um nicht überteuert einzusteigen. Andererseits jedoch auch nicht zu lange zu warten, sollte die Inflationierung der Börsen weiter Fahrt aufnehmen.

Der Lockdown-Irrsinn schreitet fort!

Entgegen den ursprünglichen Vertröstungen auf Lockerungen von Seiten der Politik wurde bereits rund um Mitte März 2021 in Deutschland und Österreich schon wieder proklamiert, die angedachten Lockdown-Lockerungen doch nicht so schnell zurückzunehmen. Das Schreckgespenst dritte Welle „geistert durchs Dorf“!

Die Tageszeitung „Der Standard“ schreibt am 23.März: „Deutschland geht über Ostern in schärfsten Lockdown seit Beginn der Pandemie! Von 1. bis einschließlich 5. April soll das Leben in Deutschland weitgehend heruntergefahren werden. Insgesamt wird der Lockdown bis 18. April verlängert.“

Aber hallo, geht’s noch? So kann man nicht mit Volkswirtschaften umgehen!

Programmierter Börsencrash

Liebe Leser, diese fortdauernden staatlich angeordneten Lockdown-Maßnahmen sind in den aktuellen Börsenkursen nicht eingepreist!

Ich bin überzeugt, die Konsequenzen dieses fortgesetzten Lockdown-Irrsinns werden gemäß der Logik vor einer weiteren Börsen-Inflationierung noch einen gehörigen Crash von historischer Bedeutung in den nächsten achtzehn Monaten an den Börsen verursachen und beträchtliche Teile der Wirtschaft irreparabel schädigen.

Populistisch verkündete Maßnahmen wie beispielweise in Österreich, dass man in Vorarlberg – wegen niedriger Inzidenzwerte – Lockerungen im Gegensatz zum restlichen Bundesgebiet zulassen will, wird die angeschlagene Wirtschaft auch nicht mehr retten. Ich möchte hier auf Roger Köppels in der „Weltwoche-Daily“ am 16. März erschienenen Artikel eingehen: „Nach über einem Jahr sei Corona nicht mehr nur eine Gesundheitskrise, sondern auch eine Gesellschaftskrise“, zitierte er Urs Janett, (Mitglied der FDP), Urner Regierungsrat, Finanzdirektor und Präsident der Zentralschweizer Finanzdirektoren-Konferenz. Die Wirtschaft hänge am Tropf des Staates, die Wirtschaft hängt an der Nadel dieser Corona-Subventionen, wird damit eingeschläfert, ruhiggestellt, in einem Zustand opioider Zufriedenheit eingelullt! Das hat keine Nachhaltigkeit. Das ist gefährlich, erklärt uns Köppel.

Über allem dem hängt zusätzlich das Damoklesschwert drohender Währungsreformen in Europa ebenso wie dann anschließend in den USA. Durch die heute stark untereinander verstrickten Finanzmärkte wird ein Ausfallrisiko nicht nur auf einige Länder begrenzt bleiben.

Man wird spätestens dann die Gelegenheit nützen, um Digitalwährungen zu etablieren, nicht unbedingt zum Vorteil der Bürger. Immer häufiger registriert man diesbezüglich in den Medien lancierte Meldungen. Man will die Leute ganz offensichtlich eingewöhnen. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten publizieren dazu am 21.Januar unter der Schlagzeile: „Schlag gegen das Bargeld: EU-Kommission unterstützt Einführung eines digitalen Euro“. Der EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sagt: „Wir beobachten, dass die Bedeutung des Bargeldes schrittweise zurückgeht. Ein digitaler Euro ist eine zusätzliche Möglichkeit zum Bezahlen und Sparen.“

Ich meine, online bezahlen können wir heute schon problemlos per Kreditkarte, dafür braucht es keine digitale Währung; aber eine digitale Währung lässt sich später leichter anpassen beziehungsweise abwerten. Oder etwa nicht?

Die Inflation der Anlagepreise

Parallel zur gigantischen Aufblähung der Bilanzsumme der FED stieg der Goldpreis im Juli 2020 auf einen Rekord von 2.075 Dollar je Unze, der nun in Q1/2021 bis knapp unter 1.700 Dollar je Unze konsolidierte. Lassen wir einen Chart sprechen, denn der sagt mehr als hundert Worte. Zur Visualisierung dient der 15-Jahres-Gold-Chart vom 10. März 2021.

Andreas Kubin lebt in Oberösterreich, hat ein MBA mit Schwerpunkt "Finanzen" und verfügt über drei Jahrzehnte Börsen-Erfahrung. 

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