Politik

Irreführung der Öffentlichkeit? Inzidenz-Karten der Tagesschau werfen einige Fragen auf

Die Tagesschau hat auf Grundlage der Daten des RKI ihre Corona-Inzidenz-Karten derart verändert, dass die aktuelle Corona-Karte im Skalierungs-Vergleich Fragen aufwirft.
11.04.2021 21:48
Aktualisiert: 11.04.2021 21:48
Lesezeit: 3 min
Irreführung der Öffentlichkeit? Inzidenz-Karten der Tagesschau werfen einige Fragen auf
Ein Vergleich der Tagesschau-Karten. (Screenshot/Twitter)

Die Tagesschau hat zwischen dem 17. März und dem 9. April die Farben und Skalen der Karten im Zusammenhang mit den „7-Tage-Inzidenzen der Landkreise“ derart verändert, dass die aktuelle Karte weitaus dramatischer erscheint als sie erscheinen müsste. So war am 17. März ein Landkreis dann als dunkelrotes Gebiet gefärbt, wenn der Inzidenzwert höher lag als 250. Doch auf der Karte vom 9. April reichte bereits ein Inzidenzwert höher als 50, um eine dunkelrote Markierung vorzunehmen. Während bei der ersten Karte die höchste Inzidenz mit 500 angegeben wurde, reicht bei der Karte vom 9. April bereits eine Inzidenz über 200, um dies zu erreichen, und damit besonders dunkle und verschreckende Farben als Kennzeichnung zu benutzen.

Nun könnten Kritiker behaupten, dass die Skalierung vorsätzlich geändert wurde, um eine dritte Welle „herbeizuzaubern“. Doch bevor man zu irgendwelchen Schlüssen kommt, sollten das RKI und die Tagesschau die Chance bekommen, sich zu äußern, wobei natürlich keine Antwort auch eine Antwort ist.

Der Kommunikations- und Digitalstratege Christian Henne teilt über den Kurznachrichtendienst Twitter mit: „Das ist halt nicht wirklich seriös, sondern manipulativ @tagesschau. Wenn man sich mal für ne Farbskala entschieden hat, dann sollte man sie auch beibehalten.“

Der „Head of Brand Buildung & Corporate Communications“ bei der Dr. Peters Group, Sebastian Podwojewski, reagiert ebenfalls auf Twitter: „Das hat in der Tat einen ziemlich üblen Beigeschmack. Meine These: Es wird um die Zustimmung für weitere Einschränkungen unserer Grundrechte ,geworben'. Dafür scheint mittlerweile jedes Mittel recht. Oder ist es doch nur ein merkwürdiger Zufall? Time will tell...“

In diesem Zusammenhang sollte auch die Stellung und Rolle des RKI im Verlauf der Pandemie richtig verstanden werden. Viele Bürger glauben, dass es sich beim Robert-Koch-Institut (RKI) um eine unabhängige Forschungseinrichtung oder eine Art „NGO für die Gesundheit“ handelt. Doch das stimmt nicht, auch wenn das der Name nahezulegen scheint. Das RKI ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Sinne des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG und ist damit gegenüber der Bundesregierung/dem Bundesgesundheitsminister weisungsgebunden. Auf der Webseite des RKI wird ausgeführt: „Das Robert Koch-Institut (RKI) ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Das RKI ist die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention und damit auch die zentrale Einrichtung des Bundes auf dem Gebiet der anwendungs- und maßnahmenorientierten biomedizinischen Forschung.“

Dasselbe gilt für das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Das PEI teilt auf ihrer Webseite mit: „Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Das Institut mit Sitz in Langen bei Frankfurt am Main erforscht und bewertet biomedizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel und lässt diese Arzneimittel zu. Es ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz (Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen) zuständig.“

Das Bundesgesundheitsministerium teilt auf ihrer Webseite mit: „Dem auf der Bundesebene zuständigen Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unterstehen eine Reihe von Institutionen, die sich mit übergeordneten gesundheitlichen Aufgabenstellungen befassen. Diese sind: Robert Koch-Institut (RKI), Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).“

Die Zeitung „Die Welt“ hatte zuvor enthüllt, dass das Bundesinnenministerium zu Beginn der Corona-Pandemie mehrere Forschungsinstitute „für politische Zwecke“ eingespannt hat. „Es beauftragte die Forscher des Robert-Koch-Instituts und anderer Einrichtungen mit der Erstellung eines Rechenmodells, auf dessen Basis die Behörde von Innenminister Horst Seehofer (CSU) harte Corona-Maßnahmen rechtfertigen wollte. Das geht aus einem mehr als 200 Seiten starken internen Schriftverkehr zwischen der Führungsebene des Innenministeriums und den Forschern hervor, der WELT AM SONNTAG vorliegt. Eine Gruppe von Juristen hat den E-Mail-Verkehr in einer mehrmonatigen rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Robert-Koch-Institut erstritten“, so das Blatt. Das Innenministerium habe die Forschungsinstitute angewiesen, ein Modell zu erarbeiten, auf dessen Basis „Maßnahmen präventiver und repressiver Natur“ geplant werden könnten (HIER).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sanierungsfall Webasto: Rettungsplan für den Autozulieferer scheint in trockenen Tüchern
22.10.2025

Der Rettungsplan für den Automobilzulieferer Webasto steht: Der für seine Autodächer und Standheizungen bekannte Zulieferer hat seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus im Wandel: Exklusive Erlebnisse lösen materiellen Besitz als Statussymbol ab
22.10.2025

Der Luxusmarkt steht vor einem Wandel. Trotz steigender Vermögen der Superreichen schrumpfen traditionelle Segmente, während sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Höhere Strompreise im Winter? Behörden legen Bericht für Deutschland vor
22.10.2025

Ende 2024 schnellten die Strompreise zeitweise auf mehr als 900 Euro pro Megawattstunde. Haben Anbieter die Lage ausgenutzt?...

DWN
Finanzen
Finanzen „Sorgenkind“ Vollkasko: Autoversicherung verteuert sich weiter
22.10.2025

Eine Verivox-Auswertung zeigt Steigerungen deutlich über der Inflation. Immerhin im Vergleich zu den Anstiegen des vergangenen Jahres...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ölpreis fällt auf Fünf-Monats-Tief: Droht ein Überangebot?
22.10.2025

Das Überangebot wächst, die Nachfrage bricht ein: Der Ölpreis fällt auf den tiefsten Stand seit Monaten. Doch hinter dem Preisrutsch...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Mehrheit der Deutschen für Olympia-Bewerbung
22.10.2025

In einer repräsentativen Umfrage spricht sich fast jeder Zweite generell für eine deutsche Olympia-Bewerbung aus. Die Befragten äußern...

DWN
Finanzen
Finanzen EU nimmt hohe Investmentgebühren ins Visier: Ein EU-Land zahlt mehr als doppelt so viel wie US-Anleger
22.10.2025

Dänische Anleger zahlen fast doppelt so hohe Investmentgebühren wie andere Länder der EU. Und weit mehr als US-Investoren. EU-Chefin...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wenn Maschinen Kunden besser verstehen als Verkäufer
21.10.2025

Künstliche Intelligenz verändert die Art, wie Unternehmen mit ihren Geschäftskunden kommunizieren – radikal und unumkehrbar. Wer...