Technologie

Insekten-Roboter ziehen die Schrauben von Windkraft-Anlagen auf hoher See fest

Die Briten gehören bei der Entwicklung der Windkraft zu den führenden Nationen weltweit. Und jetzt präsentieren sie eine technische Neuerung, die ein ganz wichtiges Problem löst. Auch RWE zeigt sich davon angetan.
31.05.2021 16:48
Aktualisiert: 31.05.2021 16:48
Lesezeit: 2 min
Insekten-Roboter ziehen die Schrauben von Windkraft-Anlagen auf hoher See fest
Alles passiert in schwindelnder Höhe auf hoher See. (Foto: catapult)

Das britische Netzwerk von Wissenschaftlern, Catapult Network, entwickelt mit dem internationalen Hersteller von Rotorblättern, GE Renewable Energy, einen Roboter für die Wartung von Windkraft-Anlagen. Das geht aus einer Erklärung hervor. Die neue Technologie wird in der Lage sein, in großer Höhe Millionen von Schrauben zu warten, die die Anlagen zusammenhalten. Sie wird insbesondere auf hoher See eingesetzt, weil dort die Reparaturen besonders schwierig sind. Sie kann aber auch zu Lande zum Einsatz kommen.

Die künstliche Intelligenz sieht aus wie ein Insekt, das auf den Konstruktionen nach oben krabbelt und mit Hilfe von Ultraschall seine Arbeiten verrichtet. GE Renewable Energy, das bei dem Projekt eine beratende Funktion übernimmt, geht davon aus, dass die Firmen, die diesen Roboter einsetzen, 75 Prozent der Kosten für die Reparatur von Schrauben sparen, die bisher anfallen. Die Partner rechnen für die neue Technologie ab 2030 mit einem Marktpotenzial von 150 Millionen Pfund oder 174 Millionen Euro. Die Neuerung stellt aus ihrer Sicht „einen wesentlichen Schritt dar, um den gesamten Markt“ zu entwickeln.

"Die Prüfung der Schraubverbindungen ist eines der wichtigsten Themen überhaupt, da sie die Standsicherheit der Windenergie-Anlagen berührt", kommentiert Philip Matthiessen, der Sprecher des Bundesverbandes Windenergie (BWE) auf Anfrage der DWN. "Durchgeführt wird es bei der Wartung durch Techniker der Service- und Wartungsunternehmen sowie durch unabhängige Sachverständige im Rahmen vorgeschriebener wiederkehrender Prüfungen. Die Prüfung erfolgt, indem Sachverständige die Schraubenverbindungen abklopfen, um anhand des Klangs mögliche Lockerungen festzustellen", erklärt der Vertreter des BWE.

Hintergrund: Gerade Reparaturarbeiten auf See verlangen von den Unternehmen bisher einen vergleichsweise hohen Aufwand. Die Naben der Anlagen können weit über 100 Meter hoch sein und ein Gewicht im zweistelligen Tonnen-Bereich haben. Zur Orientierung: Der Kölner Dom, der zu den bekanntesten Bauwerken Deutschlands zählt, ist fast 160 Meter hoch.

Wie groß der Bedarf für Reparaturen ist, wird auch der Zahl der Rotorblätter und Schrauben deutlich, die es im gesamten Vereinigten Königreich gibt. Schätzungen zufolge sind insgesamt 30.000 Rotorblätter in Betrieb. Dabei wurden zehn Millionen Schrauben verwendet. Wenn Großbritannien bis 2050 seine Klimaziele erreichen will, wird das Land noch mehr Windkraftanlagen als bisher einsetzen müssen. Dann müssen rund eine Million Rotorblätter mit 80 Millionen Schrauben gewartet, schätzen Experten.

Dass Großbritannien die Innovation entwickelt, ist kein Zufall, weil das Land zu den Nationen gehört, die sich sehr stark im Windgeschäft engagieren. So verfügte das Vereinigte Königreich 2019 über 34 Windanlagen auf See und lag damit weltweit auf dem ersten Platz. Deutschland betrieb 25 und befand sich damit auf dem zweiten Rang, gefolgt von China (23 Anlagen).

Da das Land für die Branche so wichtig ist, engagiert sich hier auch die deutsche RWE. Großbritannien ist für RWE sogar ein Schlüsselmarkt, wenn es darum geht, die eigenen Klimaziele zu erreichen. Wie der Energiekonzern auf seiner Website mitteilt, will es bis 2040 klimaneutral werden – und das auch mit Hilfe von Projekten im Vereinigten Königreich.

"Als einer der Weltmarkt-Führer beim Geschäft mit den Offshore-Windanlagen begrüßt RWE alle technologischen Fortschritte, welche helfen, die Energiekosten zu senken, und welche die Gesundheit und Sicherheit unserer Bauten und Einsatzteams noch mehr gewährleisten", sagt Mark Flemming, der Sprecher von RWE Renewables UK, auf Anfrage der DWN. "Die Windenergie ist entscheidend, um für unser Energiesystem Klima- und Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Investitionen in Innovationen wie diese zeigen, welche Anstrengungen die Branche unternimmt, um langfristiges Wachstum und die Entwicklung der Windenergie weltweit zu erreichen", fügt Flemming hinzu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI im Bewerbungsprozess: Was Unternehmen und Kandidaten beachten sollten
30.12.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Bewerbungen – schneller, objektiver, aber nicht immer transparent. Während manche...

DWN
Politik
Politik USA greifen Hafen in Venezuela an: CIA soll angeblichen Drogenumschlagplatz attackiert haben
30.12.2025

Eine Explosion im Hafen, ein Präsident, der offen von einem Schlag spricht, und viele offene Fragen. Donald Trump bestätigt einen...

DWN
Panorama
Panorama Tresor-Coup in Gelsenkirchen: 3.200 Schließfächer aufgebrochen, Beute von 30 Millionen Euro
30.12.2025

"Wir wollen rein", skandiert eine aufgebrachte Menge vor der Sparkassenfiliale in Gelsenkirchen. Doch die Polizei riegelt ab. Was zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neun von zehn Haushaltshilfen werden schwarz beschäftigt
30.12.2025

Fast vier Millionen Haushalte setzen auf Schwarzarbeit – warum viele die Anmeldung umgehen und wie viel Geld dabei wirklich fließt.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z: Warum Sinnhaftigkeit zur neuen Währung im Job wird
30.12.2025

Führungskraft? Nein danke. Für die Generation Z zählt im Beruf längst nicht mehr die steile Karriere, sondern Sinn, Freiheit und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lebensmittelpreise 2025: Butter billiger, Schokolade teurer
30.12.2025

2025 wurden Verbraucher bei Lebensmitteln kräftig durchgeschüttelt. Butter fiel im Preis deutlich, während Schokolade, Rinderhack und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Alarm: Deutschland hat die höchsten Unternehmenssteuern der G7
30.12.2025

Deutschland gilt als Hochsteuerland – nun belegen es die Zahlen. Eine große Mehrheit der Unternehmen empfindet Steuern und Abgaben als...

DWN
Politik
Politik Angriff auf Putin? USA kritisieren Ukraine, versenken zugleich weiter Schiffe vor Venezuela
30.12.2025

Ein angeblicher Drohnenangriff auf eine Residenz von Wladimir Putin bringt neue Unruhe in die festgefahrenen Gespräche über den...