Finanzen

Die Notenbanken sind für einen neuen Gold-Standard sehr gut gerüstet

Lesezeit: 2 min
03.06.2021 15:15
Die großen Zentralbanken haben die Weltwirtschaft und die Märkte in Probleme manövriert, aus denen es mit dem bestehenden Finanzsystem keinen Ausweg mehr gibt. Eine elegante Lösung wäre ein neuer Goldstandard, für den die Zentralbanken überraschend gut gerüstet sind.
Die Notenbanken sind für einen neuen Gold-Standard sehr gut gerüstet
Goldbarren im Wert von insgesamt mehreren Millionen Euro werden am 09.02.2017 bei der Bundesbank in Frankfurt am Main (Hessen) gezeigt. (Foto: dpa)
Foto: Boris Roessler

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mit vielen Jahre lockerer Geldpolitik haben die Zentralbanken nicht nur eine nie dagewesene Verschuldung herbeigeführt, sondern das Finanzsystem zudem von einer Fortsetzung der lockeren Geldpolitik abhängig gemacht. Um dieses Problem zu bekämpfen bemühen sich die Zentralbanken, die Inflationsrate anzukurbeln und zugleich die Zinssätze unter Null zu halten.

Denn wenn es den Zentralbanken gelingen würde, eine Inflationsrate herbeizuführen, die höher ist als die Zinsen, so würden sich daraus negative Realzinsen ergeben, welche den Staaten und Unternehmen eine Senkung ihrer Schuldenlast einfacher machen würden. Doch entgegen der Intuition ist eine lockere Geldpolitik allein nicht in der Lage, die Inflationsrate anzukurbeln.

Es ist sogar das Gegenteil der Fall: Niedrige Zinsen (und somit eigentlich günstige Kreditbedingungen) ziehen auch die Verbraucherpreise nach unten. Das hat die Erfahrung der letzten 20 Jahre eindrucksvoll gezeigt. Denn vereinfacht gesprochen: Wenn die Zinsen sinken, dann sparen die Bürger mehr, der Konsum geht zurück, und die Preise für Konsumgüter fallen.

Weitere Wertpapierkäufe mit frischem Geld und eine weitere Absenkung der Zinssätze sind ab einem Referenzzins von um die 4 Prozent kontraproduktiv. Ab etwa diesem Punkt erhöht lockere Geldpolitik nur noch die Schuldenlast und macht die großen Investoren reich, während sie die Produktivität nach unten drückt und möglicherweise auch soziale Konflikte schürt.

Mit Gold könnten die Zentralbanken ihre Probleme lösen

In dieser schwierigen Lage könnte ein höherer Goldpreis den Zentralbanken aus der Klemme helfen, wie der Analyst Jan Nieuwenhuijs ausführt. Denn ein höherer Goldpreis hat zumindest in der Vergangenheit stets höhere Inflationserwartungen bewirkt, die dann wiederum tatsächlich zu einer höheren Inflation führten. Wenn der Goldpreis steigt, so steigt innerhalb von ein oder zwei Jahren in der Regel auch die Inflationsrate.

Schon am 22. Februar 1994 sagte der damalige Vorsitzende der Federal Reserve, Alan Greenspan, vor dem US-Kongress, Gold sei "ein Wertaufbewahrungsmittel, das einen recht verlässlichen Vorsprung vor den Inflationserwartungen aufweist und im Laufe der Jahre unter anderem ein recht guter Indikator dafür war, wie sich die Inflationserwartungen entwickeln würden".

Ein höherer Goldpreis würde also letztlich - ganz im Sinne der Zentralbanken - die Inflationsrate ankurbeln, die Realzinsen senken und den Schuldenabbau begünstigen. Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum ein höherer Goldpreis für die großen Zentralbanken von Vorteil wäre. Und zwar könnten sie ihre durch massive Wertpapierkäufe angeschlagenen Bilanzen reparieren.

In den letzten Jahren haben die Zentralbanken Unmengen an Staatsanleihen in ihre Bilanzen aufgenommen. Möglicherweise müssen einige dieser Anleihen umstrukturiert werden, darunter etwa italienische Anleihen, was der Europäischen Zentralbank massive Verluste zufügen würde. Die Goldreserven könnten diese Verluste als Kapitalpuffer auffangen - und dies umso besser, je höher der Goldpreis ist.

Rückkehr zum Goldstandard?

Zwar hat sich Gold über die Jahrtausende als die wohl stabilste Währung erwiesen. Doch ein Wechsel zu einem Goldstandard würde die Zentralbanken heute vor massive Probleme stellen. Denn wenn eine Notenbank diesen Schritt allein gehen würde, so würde ihre Währung gegenüber den anderen Währungen aufwerten.

Eine Aufwertung der eigenen Währung ist heute inakzeptabel. Denn dies würde nicht nur die eigene Exportwirtschaft stark benachteiligen, sondern die betroffenen Staaten müssten ihre Schulden sozusagen in Gold zurückzahlen, was aufgrund der hohen Schuldenquoten praktisch nicht möglich ist. Ein Wechsel zu einem stabilen Goldstandard ist also nur dann möglich, wenn es alle wichtigen Notenbanken gemeinsam tun.

Doch ein solcher gemeinsamer Wechsel ist wiederum nur dann möglich, wenn die globalen Goldreserven möglichst gerecht über alle Staaten der Welt verteilt sind. Und tatsächlich streben die Zentralbanken Europas bereits seit dem Ende von Bretton Woods im Jahr 1971 eine solche gerechte Verteilung der Goldreserven an, um schließlich einen neuen globalen Goldstandard etablieren zu können.

Auch wenn derzeit vieles dafür spricht, dass die Zukunft den digitalen Zentralbankwährungen gehört (kürzlich hat das erste Land der Welt eine digitale Zentralbankwährung zum legalen Zahlungsmittel gemacht und in China laufen bereits riesige Pilottests mit dem digitalen Yuan), so bietet sich mit einem neuen Goldstandard auch eine echte Alternative, die ohne totalitäre Überwachung und Diktatur machbar ist.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Politik
Politik Wahljahr 2025: Neue Regierung bis Ostern?
23.12.2024

Kurz, kalt und knackig: So wird der Wahlkampf 2025. Wie lange es danach dauert, bis Deutschland wieder gut regiert wird, ist schwer...

DWN
Politik
Politik Steuerverschwendung: Regierung verschleudert massiv Steuergelder auch ans Ausland - ohne jede Prüfung
23.12.2024

Angeblich muss die Politik künftig unbegrenzt Schulden machen, weil der Staat zu wenig Geld hat: Doch Deutschland hat kein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Stromnetz als Supergau - Dunkelflaute macht Wahnsinnspreise kurzfristig real
23.12.2024

Der Strompreis an der Pariser Strombörse erreichte letzte Woche einen außergewöhnlich hohen Stand. Wie Energieexperten dies erklären -...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ex-VW-Chef Winterkorn lehnt Richter als befangen ab
23.12.2024

Im Strafverfahren zur Dieselaffäre hat der frühere VW-Chef Martin Winterkorn den Vorsitzenden Richter für befangen erklärt. Er...

DWN
Panorama
Panorama Russland: Ölkatastrophe könnte 200.000 Tonnen Boden verseuchen
23.12.2024

Zwei Tanker sind vor mehr als einer Woche im Schwarzen Meer verunglückt, seither läuft Öl aus. Die Folgen für die Umwelt zeigen sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EU: 13,5 Milliarden Euro für Deutschland
23.12.2024

Mehr saubere Energie und Digitalisierung: Deutschland erhält 13,5 Milliarden Euro aus Brüssel – und weitere Finanzhilfen könnten...

DWN
Panorama
Panorama Privater Gebrauchtwagenmarkt: Diese Vorteile bieten Privatkäufe für Käufer und Verkäufer
23.12.2024

In einer aktuellen Analyse haben die Experten des Internetportals AutoScout24 den Privatmarkt für Gebrauchtwagen untersucht. Laut einer...

DWN
Politik
Politik Trump will Panama-Kanal und Grönland
23.12.2024

Trump zeigt sich auf dem AmericaFest kampfbereit. In einer Rede voller provokanter Forderungen greift er zentrale Themen seiner kommenden...