Nach Deutschland importierte Güter haben sich im Mai deutlich verteuert. Im Jahresvergleich seien die Einfuhrpreise um 11,8 Prozent gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mit. Im April waren die Importpreise im Jahresvergleich bereits stark um 10,3 Prozent gestiegen, nach einem kräftigen Plus von 6,9 Prozent im März. Eine höhere Vorjahresveränderung als im Mai hat es laut dem Bundesamt zuletzt im Oktober 1981 im Rahmen der zweiten Ölpreiskrise gegeben.
Einen erneuten Preisanstieg gab es auch im Monatsvergleich. In dieser Betrachtung verteuerten sich importierte Waren im Mai um 1,7 Prozent. Den starken Preisanstieg im Jahresvergleich führte das Bundesamt vor allem auf Entwicklung der Energiepreise zurück: «Energieeinfuhren waren im Mai 2021 fast doppelt so teuer wie im Mai 2020.»
Dieser Anstieg begründe sich durch das außerordentlich niedrige Preisniveau vor einem Jahr. So war die Nachfrage nach Erdöl damals wegen der Corona-Krise sehr schwach gewesen. Erdöl verteuerte sich im Mai verglichen mit Mai 2020 mit 135 Prozent, ebenso Mineralölerzeugnisse mit gut 71 Prozent und Erdgas mit fast 100 Prozent. Elektrischer Strom kostete im Import sogar fast 200 Prozent mehr.
Vorleistungsgüter verteuerten sich mit 15,4 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich. Dabei kosteten vor allem Eisenerze (plus 83,6 Prozent), Kupfer (plus 65,1 Prozent), Nicht-Eisen-Metallerze (plus 46,6 Prozent), Kunststoffe (plus 42,9 Prozent) sowie Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen (plus 32,4 Prozent) deutlich mehr. Die Preise für landwirtschaftliche Güter zogen um 7,5 Prozent an. Während sich Naturkautschuk (plus 52,2 Prozent), Getreide (plus 18,2 Prozent) und Rohkaffee (plus 22,2 Prozent) stark verteuerten, wurden lebende Schweine (minus 18,2 Prozent) und Nüsse (minus 16,8 Prozent) billiger importiert.
Ohne Energie hingegen waren die Importpreise dem Bundesamt zufolge im Mai diesen Jahres 6,0 Prozent höher als im Mai 2020 und 1,0 Prozent höher als im Vormonat.
Ifo-Experte: Industriebetriebe wollen ihre Preise anheben
Der deutschen Industrie machen die deutlich gestiegenen Kosten zu schaffen. Alle Bereiche der Branche befänden sich zwar im Aufwind, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe am vergangenen Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Wermutstropfen bleiben aber die stark gestiegenen Einkaufskosten.“ Diese seien zum Teil auf Engpässe bei wichtigen Vorprodukten zurückzuführen, die ein großes Problem blieben. „Sehr viele Unternehmen wollen wegen der gestiegenen Kosten ihrerseits die Preise erhöhen“, sagte Wohlrabe. Die Exporterwartungen seien weiter gestiegen, auch die Binnennachfrage sei gut.
Insgesamt sieht das Ifo-Institut die deutsche Konjunktur im Aufwind und rechnet im zu Ende gehenden zweiten Quartal mit einem Wachstum von 1,3 Prozent, das im Sommer mit 3,6 Prozent noch deutlicher ausfallen soll. „Die deutsche Wirtschaft nimmt weiter Tempo auf“, sagte der Experte. „Wichtiger Treiber sind die Öffnungen nach dem Lockdown, die viele Dienstleister und den Handel beflügelt haben.“ So verbesserte sich die Geschäftslage der Einzelhändler im Juni so stark wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Auch das von Corona schwer gebeutelte Gastgewerbe sieht Licht am Ende des Tunnels. „Die Lage ist zwar noch schlecht, aber der Optimismus bei Hotels und Gaststätten steigt“, sagte Wohlrabe.
Die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen hat sich nach dem Ende des monatelangen Corona-Lockdowns stärker als erwartet aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Juni auf 101,8 Punkte von 99,2 Zählern im Mai. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit 100,6 gerechnet.