Der Deutsche Mieterbund warnt vor schweren finanziellen Belastungen für Mieter durch die von der EU-Kommission geplante Sanierungspflicht für bestimmte Gebäude. „Den Vermietern entstehen durch die Sanierung erhebliche Kosten, die sie auf die Mieter umlegen werden“, sagte Verbandspräsident Lukas Siebenkotten der Bild. „Die Folge: Die Mieten werden steigen.“ Zwar gebe es rechtliche Regelungen, die den Mietenanstieg begrenzten. Aber: „Die müssen konsequent beachtet und angewandt werden.“ Die Politik müsse zudem mehr Geld für die Investitionen zur Verfügung stellen.
Die EU-Kommission schlägt eine Sanierungspflicht für Gebäude vor, die besonders viel Energie verbrauchen - rund 15 Prozent der Bauten in der EU wären davon betroffen. Laut Berechnungen des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GDW) ginge es in Deutschland um drei Millionen Gebäude. Öffentliche und nicht bewohnte Bauten sollen laut dem Vorschlag bis 2027, Wohnungen und Häuser bis 2030 renoviert werden. Alle Neubauten müssten ab 2030 komplett „klimaneutral“ sein, also keine „Treibhausgase“ mehr ausstoßen.
Aus Sicht der Kommission könnten Mieter durch niedrigere Heizkosten von den Reformen profitieren, etwa durch erzwungene Dämmmaßnahmen. Gelder für die Sanierungen sollen unter anderem durch einen Klimasozialfonds bereitgestellt werden.
Bemerkenswert ist der Hinweis der Kommission, Mieter könnten durch die erzwungenen Maßnahmen von niedrigeren Heizkosten profitieren. Denn seit Monaten explodieren die Preise für Erdgas und Kohle, was zu starken Anstiegen der Heizkosten führt. Zudem verteuern massive Preisauftriebe im europäischen Handel für CO2-Emissionszertifikate und eine Anfang des Jahres in Deutschland eingeführte Sondersteuer auf das Naturgas CO2 die Kosten enorm.
Die durch die Sondersteuer verursachten Zusatzkosten für Vermieter und Mieter hatten im Frühjahr bereits zu einem Streit zwischen der Union und der SPD geführt. Die Grünen fordern, diese Sondersteuer von derzeit 25 Euro je Tonne CO2 rasch massiv Richtung 100 Euro anzuheben.
Der Gebäudesektor ist laut Umweltbundesamt für etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Der Bereich hat 2020 als einziger Sektor sein von der Politik vorgegebenes „Klimaschutzziel“ verpasst. Gerade alte und unsanierte Gebäude verbrauchen viel Energie. Neubauten wiederum verursachen viele „Treibhausgase“, die etwa bei der Herstellung und beim Transport von Materialien wie Beton, Stahl und Zement entstehen.
Ministerin stammelt herum
Bundesbauministerin Klara Geywitz betonte am Freitag die Notwendigkeit von Klimaschutz-Fortschritten im Bausektor. „Bauen ist der graue Elefant in der Klimawende“, sagte die SPD-Politikerin im ZDF-Morgenmagazin. „Das hat ein riesiges Einsparpotenzial aus meiner Sicht, aber es bewegt sich noch zu wenig.“
Ein wichtiger Punkt sei die Stärkung der deutschen Bauforschung - man brauche innovative Baumaterialien. „Die Diskussion Holz statt Beton ist 'ne spannende, aber alleine mit Holz wird's nicht gehen“, sagte Geywitz. „Wir müssen auch die herkömmlichen Materialien klimafreundlicher herstellen.“
Überhaupt keine Rolle scheint für Geywitz zu spielen, dass der von der demokratisch nicht direkt legitimierten EU-Kommission geplante Investitionszwang ein massiver Eingriff in die Verfügungsgewalt der Bürger über ihren Besitz darstellen würde.
Stattdessen liefert Geywitz sonderbar leer klingende Platitüden: Sie wisse, dass die Bauindustrie „mit Sorge auch ein bisschen auf die höheren Klimaschutzstandards schaut“. „Deswegen sage ich: Wir müssen diesen Prozess auch als Chance begreifen.“ Man könne ihn nicht vermeiden, „wir müssen klimafreundliches Bauen machen“, betonte Geywitz. „Aber das kann auch 'ne gute Möglichkeit sein, die eh schon sehr hohe Qualität der deutschen Bauindustrie einfach nochmal um eine sehr fortschrittliche, innovative Komponente zu ergänzen, die dann auch unglaublich exportfähig ist.“