Finanzen

Ex-JPMorgan-Ökonom packt aus: „Der Welt steht eine Weimarer Hyperinflation bevor“

Lesezeit: 3 min
03.02.2022 15:51  Aktualisiert: 03.02.2022 15:51
Die derzeitigen Rettungsmaßnahmen in Form von immer mehr Schulden werden einen hohen Preis haben: eine Hyperinflation wie in der Weimarer Republik, sagte ein früherer JPMorgan-Ökonom bereits zu Beginn der Pandemie.
Ex-JPMorgan-Ökonom packt aus: „Der Welt steht eine Weimarer Hyperinflation bevor“
Das Archivbild von 1923 zeigt das Abwiegen der Geldscheine, die während der Inflation nur noch Makulatur waren. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der amerikanische Finanzblog „ZeroHedge“ hatte im Jahr 2020 einen Beitrag eines früheren Ökonomen der New Yorker Investmentbank JPMorgan Chase veröffentlicht. Dieser international ignorierte Beitrag beeindruckt mit seiner Weitsichtigkeit.

Dem früheren JPMorgan-Ökonomen zufolge, der es vorzieht anonym zu bleiben, sind die USA (und somit wohl auch der Rest der Welt) auf dem Weg in eine Hyperinflation - ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg in der Zeit der Weimarer Republik.

Seit dem Jahr 2009 stehen die Finanzmärkte unter dem Einfluss von „extrem lockerer Geldpolitik“ und zugleich „deflationärem Druck durch das gestiegene gesamtwirtschaftliche Angebot“, so der Ökonom. Vor diesem Hintergrund seien Investoren immer höhere Risiken eingegangen, sodass fast alle Anlageklassen neue Rekordstände erreichten, bevor die „massive Blase“ nun geplatzt sei.

Es hätte auch nicht unbedingt der Corona-Pandemie bedurft, um sie zum Platzen zu bringen. Die Märkte hatten dem Ökonomen zufolge einen zu hohen Grad der Fragilität erreicht. Die Ursachen dafür seien „außer Kontrolle geratene Kreditratings, fremdfinanzierte Bilanzen, Aktienrückkäufe, eine expansive Geldpolitik und in der Folge: außer Kontrolle geratene Kredite und Schulden“.

Dem Ökonomen zufolge werden Unternehmen im Energiesektor als erste Pleite gehen, dann im Einzelhandel und Gastgewerbe. Irgendwann werden die Konkurse die Banken derart in Problem bringen, dass sie dem Ökonomen zufolge entweder vom Staat gerettet werden müssen oder reihenweise selbst pleite gehen wie im Jahr 2008 die New Yorker Bank Lehman Brothers.

Die Banken haben ihre Kreditlinien an Unternehmen bereits zurückgefahren, wie es auch in den Jahren 2008 und 2009 der Fall war. Denn sie erwarten, dass einige ihrer Schuldner ihre Schulden nicht zurückzahlen werden können.

„Die Blase hat ein Niveau erreicht, bei dem systemrelevante Banken eher früher als später mit ihrem Lehman-Moment konfrontiert sein werden. Der Gesetzgeber wird nicht zulassen, dass solche systemrelevanten Banken untergehen, da dies praktisch bedeuten würde, dass alle Lichter ausgehen. Die eigentliche Frage, um die es geht, lautet also: Zu welchem Preis?“

Bankenrettungen würden dem Ökonomen zufolge „die Arbeitslosen in Schach halten“. Denn wenn die Menschen infolge der Pleitewelle keinen Job, kein Einkommen und keine Perspektiven mehr hätten, drohten Aufruhr und Unruhe. Doch es haben einen Preis, wenn man die Märkte rettet und wenn die USA jetzt das größte Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit ihrer Geschichte verzeichnen.

Der US-Fernsehsender „CNBC“ brachte eine Reportage mit dem Titel „Warum die Coronavirus-Krise die Zentralbanken dazu veranlassen könnte, das Inflationsziel aufzugeben“. Und tatsächlich ist die Aufgabe des Inflationsziels die einzige mögliche Antwort auf die Frage, was der Preis der derzeitigen Reaktionen der Politik auf das Platzen der Blase sein wird.

„Die politischen Entscheidungsträger laufen den Ereignissen hinterher und haben offensichtlich aus den Jahren 2008/2009 nichts gelernt. Ihr letzter Ausweg ist das Drucken von Geld und die Schaffung weiterer Schulden. Wenn die Zentralbanken kein oder ein weichgespültes Inflationsziel haben, steuern wir auf eine Inflation im Stil der Weimarer Republik zu.“

„Bei gleichbleibender oder rückläufiger Weltproduktion, einer deutlich rückläufigen Gesamtnachfrage und einer Vervielfachung der im Umlauf befindlichen Geldmenge (durch Sozialleistungen oder ein bedingungsloses Grundeinkommen), wenn die Zentralbanken die Preise für Vermögenswerte aller Anlageklassen stützen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Inflation von 'gedämpft' zu 'außer Kontrolle' übergeht.“

„Da die Zentralbanken entweder Unternehmensanleihen kaufen oder sie als Sicherheiten akzeptieren, könnte es bald soweit sein, dass ihr Mandat geändert wird, um auch den Kauf von Aktien zu erleichtern. Wie andere Kommentatoren bereits anmerkten: Wir haben vielleicht die freie Marktwirtschaft aufgegeben und gehen jetzt zu einer zentral geplanten Ordnung über.“

Die Erholung von den Tiefstständen an den Aktienmärkten im März 2020 sollte nach Ansicht des Ökonomen nur von kurzer Dauer sein:

„Nichts hat sich grundlegend verbessert, mit Ausnahme der Notfall-Liquiditätsversorgung durch die Zentralbanken. Rechnen Sie mit einem neuen Absturz bis zum Jahresende - wobei die Tiefststände vom März erneut getestet werden - weil die Fed perfiderweise noch nicht genug Unternehmensanleihen/Aktien besitzt, um die Vermögenspreise zu kontrollieren!“

Dem Ökonomen zufolge werden die Zentralbanken „in einem noch nie dagewesenen Ausmaß Fiat-Geld drucken“. Auch in den USA seien negative Zinssätze möglich. Mit der Verlangsamung des Welthandels und dem verringerten Angebot steige das Risiko einer überraschenden Inflation deutlich.

Zur Vermögenssicherung rät der Ökonom, dass Anleger unkorrelierte Anlageklassen oder inflationsresistente Vermögenswerten suchen. „Es besteht die Chance, dass die Zentralbanken einen guten Teil der sektorübergreifenden Unternehmensanleihen und Aktien besitzen werden, wenn sich der Staub gelegt hat und die Inflation durch die Decke geht.“

+++

Nachtrag: Man muss sich durchgehend vor Augen halten, dass diese Ausführungen des Ex-Bankers im März 2020 verfasst wurden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...