Deutschland

Immobilien-Blase: Flucht in eine falsche Sicherheit

Lesezeit: 2 min
22.10.2013 23:32
Die Wohnungen in Deutschlands Großstädten könnten bis zu 20 Prozent überbewertet sein. Das billige Geld der EZB wurde in den vergangenen Jahren auch in vermeintlich sichere Immobilien gesteckt. Den deutschen Haushalten drohen empfindliche Vermögensverluste.
Immobilien-Blase: Flucht in eine falsche Sicherheit

Benachrichtigung über neue Artikel:  

Vor allem in den sieben größten deutschen Städten sind die Wohnungspreise nach Ansicht der Bundesbank zu stark angestiegen. Zudem gebe es bereits Anzeichen, dass der Boom sich von den Städten auf das Umland ausbreite.

Wohnungen in Berlin, München, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf sind seit 2010 mehr als 25 Prozent teurer geworden. Dies lasse „Befürchtungen hinsichtlich eines breit angelegten Immobilienpreisbooms aufkommen“, analysiert die Bundesbank in einem Bericht.

Die Wohnungspreise in den Städten lägen bis zu 10 Prozent über dem mit demographischen und ökonomischen Faktoren erklärbaren Niveau. In den sieben attraktiven Großstädten betrügen die Abweichungen nach oben sogar bis zu 20 Prozent.

Die deutlichen Worte der Bundesbank sind bemerkenswert: Der Preisanstieg im Wohnungsmarkt werde nicht auf die großen Städte begrenzt bleiben. Es gebe bereits „klare Hinweise für eine Ausbreitung von den Städten ins Umland“, so der Bericht. Auch die staatliche Deutsche Pfandbriefbank spricht von einem Anstieg der Immobilienfinanzierung in den kleineren Städten, berichtet die FT.

Die Nachfrage nach Immobilien sei stark gewachsen, so die Bundesbank. Es zeigten sich die Einflüsse der Finanz- und Staatsschuldenkrise. Der ruhige deutsche Immobilienmarkt habe nach dem Platzen der Preisblasen am US-amerikanischen und an einigen europäischen Häusermärkten bei internationalen Investoren an Attraktivität gewonnen.

Aufgrund der niedrigen Zinsen seien Immobilien auch für Privatleute vorteilhafter geworden. „Die Auffassung, dass sich durch Immobilieneigentum der Wert des Vermögens am besten sichern lasse, war für viele Haushalte sicherlich ein Argument, den Immobilienerwerb in Erwägung zu ziehen“, so die Bundesbank.

Wenn die Preise am Immobilienmarkt einbrechen, würde dies bei den Haushalten empfindliche Vermögensverluste verursachen, so der Bericht. Den Banken drohe allerdings keine Gefahr. Sie hätten ihre Standards zur Kreditvergabe verschärft. Zudem habe das Volumen der Immobilienkredite an private Haushalte kaum zugenommen.

Die deutsche Immobilienwirtschaft beurteilt die Lage auf dem Immobilienmarkt naturgemäß ganz anders als die Bundesbank. Eine im Auftrag mehrerer Branchenverbände erstellte Studie sieht einen stabilen Immobilienmarkt.

„Eine spekulative Übertreibung ist allenfalls für wenige Toplagen in besonders gefragten Stadtteilen zu vermuten“, zitiert das Manager-Magazin den Regensburger Professor für Immobilienwirtschaft und Mitautor der Studie, Tobias Just. Entwicklungen wie in den USA, Spanien und Irland seien in Deutschland auszuschließen. Dort waren 2007 bzw. 2008 Immobilienblasen geplatzt, was entscheidend zur Finanzkrise beitrug.

Der deutsche Immobilienmarkt spielt derzeit eine Ausnahmerolle in der Eurozone, wo die Immobilienpreise so tief sind wie seit sieben Jahren nicht. Vor allem in Spanien, Irland und den Niederlanden sind die Preise in den vergangenen Jahren massiv eingebrochen.

Nicht nur in Deutschland, auch in vielen anderen Teilen der Welt steigen die Immobilienpreise zurzeit deutlich. Die Nachfrage durch internationale Investoren hat die Immobilien-Preise in New York, Washington, Los Angeles und anderen US-Städten steigen lassen. In London sind die Immobilienpreise innerhalb nur eines Monats um 10 Prozent gestiegen. Sie liegen wieder auf dem Niveau von 2008.

In Chinas Städten wächst nach der langen Blasenbildung, die Sorge eines Crashs. In fast allen großen Städten Chinas sind die Häuser-Preise im Juli gefallen. Denn die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist massiv eingebrochen und es gibt hohe Bestände an unverkauften Häusern. 

In Deutschland müssten die Immobilienpreise aufgrund der Demografie eigentlich fallen. Nicht nur Teile Ostdeutschlands, sondern auch westdeutsche Großstädte wie Essen und Dortmund werden in den kommenden Jahrzehnten von Wohnungs-Leerstand betroffen (mehr hier). Doch die extrem niedrigen Zinsen und die Suche nach sicheren Anlagen könnten auch hierzulande zu einer Immobilienblase führen.



DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...