Ein Ende der schweren Kämpfe in der seit Wochen von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol ist vorerst nicht absehbar. Ein Ultimatum der russischen Truppen an das ukrainische Militär, die Stadt ohne Waffen zu verlassen, lehnte die Führung in Kiew am Montag ab. «Es wird keine Kapitulation, kein Niederlegen der Waffen geben», sagte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk der «Ukrajinska Prawda». Russland hatte am Sonntag die ukrainischen Truppen aufgefordert, die Waffen niederzulegen und die Stadt im Südosten der Ukraine am Montagvormittag über einen Fluchtkorridor zu verlassen.
Der prorussische Donezker Separatistenführer Denis Puschilin sagte dem russischen Staatsfernsehen am Montag, er gehe nicht davon aus, dass die Kontrolle über die Stadt in «zwei, drei Tagen oder sogar einer Woche» erlangt werden könne. Die Stadt sei groß. Demnach sollen sich mehrere Tausend ukrainische Kämpfer in der Stadt aufhalten.
Dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow zufolge binden die Verteidiger von Mariupol wichtige Kräfte der russischen Armee. «Dank ihrer Selbstaufopferung und der übermenschlichen Tapferkeit sind Zehntausende Leben in der ganzen Ukraine gerettet worden. Mariupol rettet heute sowohl Kiew, als auch Dnipro und Odessa», sagte Resnikow einer Mitteilung zufolge.
Die Kämpfer des nationalistischen ukrainischen Asow-Regiments hätten dem russischen Feind zahlreiche Verluste zugefügt, teilte der Stadtrat von Mariupol mit. Der Kampf um das ukrainische Mariupol gehe weiter.
Kriegsreporter des Moskauer Staatsfernsehens zeigten bombardierte und ausgebrannte Häuser, zerdrückte Autos und andere schwere Zerstörungen in der Stadt. Demnach sind mehrere Stadtviertel und der Flughafen von Mariupol nicht mehr unter Kontrolle der ukrainischen Behörden.
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums leben noch bis zu 130 000 Bewohner in der Stadt am Asowschen Meer - einst waren es rund 440 000. Russland wirft der Ukraine vor, die Flucht der Menschen über humanitäre Korridore zu behindern. Der Stadtrat von Mariupol wiederum warf Moskau zuletzt vor, Zivilisten gegen ihren Willen nach Russland gebracht zu haben.
Aus der Umgebung Mariupols sollten auch am Montag Menschen in die südostukrainische Großstadt Saporischschja gebracht werden. Dafür seien Fluchtkorridore für Zivilisten eingerichtet worden, sagte Vize-Regierungschefin Wereschtschuk. Die Korridore werden demnach auch zur Lieferung von Hilfsgütern genutzt.