Politik

Soros gegen Merkel, CDU gegen Grüne: Jetzt brennt es lichterloh - und die Schuldzuweisungen beginnen

Europa hat sich energiepolitisch in eine schwierige Lage manövriert. Jetzt machen gegenseitige Vorwürfe die Runde.
31.05.2022 11:00
Aktualisiert: 31.05.2022 11:12
Lesezeit: 2 min
Soros gegen Merkel, CDU gegen Grüne: Jetzt brennt es lichterloh - und die Schuldzuweisungen beginnen
Indien: Zwei Kampfhähne stehen kurz vor dem gegenseitigen Angriff. (Foto: dpa) Foto: Anupam Nath

Das Magazin Politico berichtet von schweren Vorwürfen, die der Oligarch und Großspekulant George Soros der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin am diesjährigen World Economic Forum mit Blick auf die Energiepolitik der Bundesregierung in den vergangenen Jahren gemacht hat:

Der Philanthrop George Soros machte die „Sonderabkommen“ der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Moskau für Europas russische Gassucht verantwortlich.

„Europas Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen bleibt übermäßig, was größtenteils auf die merkantilistische Politik der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückzuführen ist“, sagte Soros in einer Rede am Rande des Weltwirtschaftsforums am Dienstagabend. „Sie hatte Sonderverträge mit Russland für die Lieferung von Gas abgeschlossen und China zu Deutschlands größtem Exportmarkt gemacht.“

Soros, dessen Open Society Foundation die liberale Demokratie fördert, lobte von der Leyen dafür, dass sie eine „starke europäische Stimme“ gefunden habe. Er fügte hinzu, dass der derzeitige deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz zwar gewählt wurde, um Merkels Politik fortzusetzen, er aber „am Ende immer das Richtige zu tun scheint“, und zitierte Schritte, Nord Stream 2 zu unterbinden, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen und Waffen in die Ukraine zu schicken.

Immer wieder lobte Soros den italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi, der „mutiger war, obwohl die Gasabhängigkeit Italiens fast so hoch ist wie die Deutschlands“.

CDU-Wirtschaftsrat: Abhängigkeit von russischem Gas haben wir den Grünen zu verdanken

Der Wirtschaftsrat der CDU hat sich angesichts der Abhängigkeit von russischer Energie für längere Laufzeiten der noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland ausgesprochen. Präsidentin Astrid Hamker sagte am Dienstag beim "Wirtschaftstag" in Berlin, für den Übergang dürften Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke kein Tabu sein. Sie seien eine unverzichtbare Interimslösung. "Mit dem zumindest temporären Weiterlaufen unserer sicheren Atomkraftwerke und der sauberen Kohlekraftwerke könnten wir vor allem neue kritische Abhängigkeiten mit manch autokratischem Staat des Nahen Ostens reduzieren, wenn nicht gar vermeiden."

Deutschland habe sich selbst in die Abhängigkeit von russischem Gas hineinmanövriert, sagte Hamker - "als wir uns dem politischen Druck der Grünen ergeben und beschlossen haben, nahezu gleichzeitig aus Atomstrom und Kohle auszusteigen, ohne dass regenerative Energien überhaupt marktfähig und ausreichend zur Verfügung standen".

Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) hatten von längeren Laufzeiten der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland abgeraten. "Einem kleinen Beitrag zur Energieversorgung stünden große wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Risiken entgegen", hieß es in einem gemeinsamen Prüfvermerk der beiden Häuser. Am Netz sind in Deutschland nur noch die Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. Sie sollen bis Ende des Jahres ebenfalls abgeschaltet werden.

Hamker forderte außerdem, die Erdgasvorkommen Deutschlands neu zu bewerten. Die Energieförderer müssten dafür fracken. Keiner behaupte, dass es sich dabei um eine besonders schonende Bergbaumethode handle, sagte sie: "Aber wird die Klimabilanz besser, wenn in den USA gefrackt, das entstandene Gas verflüssigt, über den Atlantik geschifft und hier wieder in Gas umgewandelt wird?"

Der Wirtschaftsrat ist ein CDU-naher Unternehmverband mit rund 12 000 Mitgliedern, der aber keine Teilorganisation der CDU ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...