Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verbucht die wegen des Ukraine-Kriegs gegen Russland verhängten Sanktionen als „großen Erfolg“. Zwar könne man sich nur dafür schämen, dass es immer noch nicht gelungen sei, die Abhängigkeit von Russland im Energiebereich noch deutlicher zu reduzieren, sagte der Vizekanzler am Donnerstag im Bundestag bei der Debatte zum Haushalt seines Ministeriums. Daraus erziele Präsident Wladimir Putin Einnahmen - er könne das Geld aber kaum ausgeben.
„Die russische Wirtschaft bricht ein“, sagte Habeck. Importe in das Land gingen zurück. Die Exporte jener Länder, die sich den Sanktionen gegen Russland angeschlossen hätten, seien in den vergangenen Monaten um 53 Prozent gesunken, die Exporte aus Staaten, die sich neutral verhielten oder die russische Führung unterstützten, hätten sich um 45 Prozent vermindert. Deutschland habe im März einen Exportrückgang von 60 Prozent verzeichnet, für April sei mit noch deutlich höheren Zahlen zu rechnen, freute sich der Minister.
In Russland fehlten nun etwa Spezialprodukte, was die russische Wirtschaft hart treffen werde. „Putin kriegt noch Geld, aber er kann es kaum noch ausgeben. Und die Zeit, sie arbeitet nicht für Russland, sie arbeitet gegen Russland“, behauptete der Minister. Niemand wolle mehr in Russland investieren. Putin könne das nicht mehr lange durchhalten, so Habeck.
Massive Geschäftseinbußen als „wirtschaftspolitischer Beitrag“
Zwar könne der Präsident die eigene Armee noch mit Öl oder Weizen versorgen, die Wirtschaft sei durch die Sanktionen aber schwer getroffen. Wesentliche Teile davon trügen die deutsche Wirtschaft und die deutsche Bevölkerung, wofür sich Habeck bedankte. Das sei als wirtschaftspolitischer Beitrag zu verstehen, „dass dieser Krieg irgendwann ein Ende findet, indem wir die russische Wirtschaft bis ins Mark treffen werden, und wir sind dabei, es zu tun“.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) warf Habeck in seiner Rede vor, im Umgang mit der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage zu stark im Ungefähren zu bleiben. „Was will diese Regierung konkret in Zeiten von Rekordinflation und Unsicherheit in der Wirtschaft tun?“, fragte Spahn. Es fehle weiterhin ein detaillierter Fahrplan für den Ausstieg aus russischem Gas. Auch die Perspektive bei Gaslieferungen aus Katar bleibe unklar. „Nix Genaues weiß man nicht.“
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Spahn kritisierte ebenfalls, dass Habeck Kohlekraftwerke erst dann zur Stromerzeugung nutzen will, wenn Gasknappheit droht, anstatt so schon jetzt den Gasverbrauch zu reduzieren. Er verstehe auch nicht, warum Habeck im Zweifel lieber Kohlekraftwerke am Netz lassen wolle als CO2-neutrale Kernkraftwerke weiter laufen zu lassen. Spahn forderte schließlich, dass das Ceta-Handelsabkommen mit Kanada ratifiziert wird.
Keine Ausnahmen für Raffinerie in Schwedt
Für die Öl-Raffinerie PCK in Schwedt/Oder wird es nach Worten des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), keine Ausnahmegenehmigung vom Ölembargo geben. Im rbb24-Inforadio schloss er dies am Donnerstag aus. "Es ist eine klare Entscheidung des Kanzlers und der Bundesregierung, gemeinsam zu sagen: Wir verzichten auf russisches Rohöl auch durch die Pipeline", so Kellner. Der Kanzler habe diese Protokollerklärung in Brüssel abgegeben. "Es ist nun wirklich nicht an mir, den Kanzler zu korrigieren - im Gegenteil."
Die Bundesregierung will ohne Not über die im Rahmen der EU getroffenen Vereinbarungen hinausgehen und ab Jahresende auch kein russisches Öl durch Pipelines mehr abnehmen. Die EU hatte nur beschlossen, kein russisches Tanker-Öl mehr zu kaufen.
Eine Ausnahmegenehmigung für Schwedt bei einem Öl-Embargo hatte unter anderem die Bürgermeisterin von Schwedt, Annekatrin Hoppe (SPD), gefordert. Sie besteht darauf, dass in der Schwedter Raffinerie PCK erst mal weiter russisches Öl aus der Druschba-Pipeline verarbeitet wird. Wenn der Bundesregierung etwas an der Region und der sicheren Versorgung liege, wäre demnach "2030 eine sinnvolle Zielmarke".
Kellner leitet eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern, die sich mit der Zukunft des Raffinerie-Standorts Schwedt befasst. Der Bund peilt alternative Öl-Lieferungen über Rostock und Danzig an, was aber nicht die volle Leistung der Raffinerie ausgleichen würde. Derzeit sei man in Gesprächen mit Polen, wie man über den Hafen in Danzig Schwedt zusätzlich mit Öl versorgen könne, sagte Kellner. "Wir werden alles tun, dass wir eine Versorgungssicherheit gewährleisten für den gesamten Osten", versicherte er.
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Der Wirtschaftsstaatssekretär zeigte sich zuversichtlich, dass in Schwedt eine "grüne Raffinerie" entwickelt werden könne. Die Stadt sei in einer "super Ausgangssituation." Viel grüner Strom sei vorhanden, es gebe viel Platz und eine Bevölkerung, die Industrieansiedlung wolle, so Kellner. Zudem sei hochkompetentes Personal vor Ort.
Die PCK-Raffinerie in Schwedt gehört mehrheitlich einer deutschen Tochter des russischen Staatskonzerns Rosneft. Sie verarbeitet in erster Linie russisches Öl aus der Druschba-Pipeline.