Deutschland

Streitbare Kämpferin: "Graue Pantherin" Trude Unruh ist tot

Ein Urgestein der Seniorenbewegung ist tot. Über Jahrzehnte trat Trude Unruh für die Rechte der Alten ein - nicht leise und zurückhaltend, sondern laut und deftig.
02.08.2022 17:44
Aktualisiert: 02.08.2022 17:44
Lesezeit: 2 min
Streitbare Kämpferin: "Graue Pantherin" Trude Unruh ist tot
Trude Unruh, Gründerin des Seniorenschutzbundes "Graue Panther", 2005 in der Geschäftsstelle in Wuppertal. (Foto: dpa) Foto: Roland Weihrauch

Die Mitbegründerin des Seniorenschutzbundes und der Partei Graue Panther, Trude Unruh, ist tot. Wie die Stadt Wuppertal am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf bestätigte, war Unruh bereits am 30. November vergangenen Jahres im Alter von 96 Jahren gestorben. Der Tod der ebenso streitbaren wie streitlustigen Politikerin, die sich schon vor vielen Jahren aus Gesundheitsgründen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, wurde allerdings erst jetzt öffentlich. Über die Todesursache ist nichts bekannt.

Der Bundesverband Graue Panther würdigte die 1925 als Gertrud Kremer geborene Aktivistin auf seiner Homepage als «unermüdliche Kämpferin für die Rechte der Alten und Jungen». Vieles habe die Mitbegründerin der Grauen Panther seit 1975 erreicht. «Unzählige Grundsteine ihres Wirkens sind für die Menschen wichtig und richtig geworden.» Der Verband werde sein «streitbares Vorbild vermissen» und verspreche, weiterzumachen.

Ihr Name war bei Trude Unruh Programm. «So lange ich lebe, kämpfe ich weiter», hatte die Westfälin, für die Ruhestand ein Fremdwort war, schon vor vielen Jahren in einem dpa-Interview gesagt. Zuletzt war Unruh krank.

Von 1987 bis 1990 war sie Mitglied des Bundestags. Über die Landesliste der nordrhein-westfälischen Grünen war sie gewählt, später aber wegen Gründung der Partei Die Grauen aus der Fraktion ausgeschlossen worden. Von 1968 bis 1973 war Unruh SPD-Mitglied, später wechselte sie zur FDP und weiteren politischen Gruppierungen.

Geboren wurde sie am 7. März 1925 als uneheliche Tochter einer Hausdame in Essen und wuchs bei den Großeltern auf. Ihre Kindheit verbrachte sie in einer Krupp'schen Arbeitersiedlung. Ihr Großvater war Stahlarbeiter. 1940 fing sie selbst in einem Büro bei Krupp an und arbeitete sich dank emsiger Weiterbildung zur Chefsekretärin hoch. 1968 übersiedelte sie mit ihrem Mann Helmut und ihren zwei Söhnen nach Wuppertal. In beinahe 50 Jahre überdauernder Ehe unterstütze ihr Mann sie tatkräftig bis zu seinem Tod 1993.

Schon als Sozialdemokratin machte Unruh als kämpferische Sozialpolitikerin auf sich aufmerksam. Nach nur fünf Jahren kehrte die ruhelose Kämpferin der SPD aber schon wieder den Rücken, suchte zunächst eine politische Heimat bei der FDP und anschließend bei der Grünen Aktion Zukunft, der Rentnerpartei und schließlich der Bürgerpartei. 1975 gründete die damals 50-Jährige in Wuppertal die Grauen Panther, 1989 die Partei Die Grauen.

Die resolute Überzeugungstäterin polarisierte Anhänger und Gegner auch in ihren eigenen Reihen. Sie gründete die Partei, nachdem Mitglieder der Grauen Panther ihr vorgeworfen hatten, den Seniorenschutzbund zu politisieren. «Es ist schrecklich, unpolitische Menschen in nächster Nähe um sich zu haben», befand Unruh damals. «Machst du morgens die Flamme an, ist das Energiepolitik. So muss man das sehen.»

Im Sommer 1998 hatte der in Wuppertal ansässige Verein wegen eines Schuldenberges in Höhe von rund 20 Millionen Mark den Offenbarungseid leisten müssen. Mit neuer Rechtsstruktur reorganisierten sich die Grauen Panther später aber wieder. Damit besteht das Lebenswerk von Trude Unruh fort.

In einem Spendenbetrugsskandal, der für andere Bundesvorstandsmitglieder 2011 mit Verurteilungen geendet hatte, musste Unruh nicht aussagen. Ermittlungen gegen die damals 86-Jährige waren wegen schwerer Demenz eingestellt worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Ehemaliger NATO-Generalsekretär Rasmussen warnt: Der Westen steht vor dem Kollaps – Europa muss sich von den USA emanzipieren
29.04.2025

Der frühere NATO-Generalsekretär und dänische Premierminister Anders Fogh Rasmussen warnt vor dem endgültigen Bruch der...

DWN
Technologie
Technologie AI Continent Action Plan: Wie Europa die USA und China vom KI-Thron stoßen will
28.04.2025

Die Europäische Kommission hat einen ehrgeizigen Plan vorgestellt, um Europa zur führenden Kraft im Bereich der Künstlichen Intelligenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Auto-Förderung: Wie geht es weiter und was plant die neue Bundesregierung?
28.04.2025

Das Ziel bleibt eindeutig – der genaue Weg aber offen. "Wir werden die E-Mobilität mit Kaufanreizen fördern", steht im...

DWN
Politik
Politik Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister: Steuerzahlerbund kritisiert Selbstbedienung
28.04.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Boeing unter Druck: Zölle verschärfen die Krise beim größten US-Exporteur
28.04.2025

Boeing, der größte US-Exporteur, steckt seit Jahren in einer Krise. Neue Zölle und Handelskonflikte verschärfen sie weiter. Die...

DWN
Panorama
Panorama Stromausfall Spanien und Portugal: Nichts geht mehr - schwierige Suche nach der Ursache
28.04.2025

Ein umfassender Stromausfall Spanien hat am Montagmittag die Iberische Halbinsel erschüttert. Weite Teile Spaniens und Portugals auf dem...

DWN
Politik
Politik Ministerposten der Union: Alle Namen und Überraschungen im Überblick
28.04.2025

Acht Tage vor der geplanten Kanzlerwahl von Friedrich Merz steht die Aufstellung der Ministerposten der Union fest. Die SPD wird ihre...

DWN
Politik
Politik Neue Bundesregierung: Union stellt Personal für Ministerposten vor – Kabinettsliste mit Manager für Digitalisierung
28.04.2025

Rund eine Woche vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler der neuen Bundesregierung haben CDU und CSU ihre Besetzung der...