Finanzen

Profi-Investoren warnen: Börsen-Rally ist nur von kurzer Dauer

Im Juli haben die weltweiten Börsen eine Erholung erlebt. Die Kurse drehten nach Monaten der Verluste endlich wieder in den grünen Bereich. Doch einige Profi-Investoren warnen vor voreiliger Entwarnung. Angesichts der anhaltenden Zinswende der Fed und weiterhin hoher Inflationsraten sei der Tiefpunkt noch nicht erreicht.
Autor
avtor
07.08.2022 10:00
Lesezeit: 4 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Profi-Investoren warnen: Börsen-Rally ist nur von kurzer Dauer
Die Investoren trauen der gegenwärtigen Erholung nicht. (Foto: dpa)

Nach monatelanger Talfahrt gingen die Börsenkurse im Juli wieder aufwärts. Fast alle großen Indices verzeichneten ein Plus. Der deutsche Leitindex DAX notierte knapp 5,4 Prozent höher, der japanische Nikkei legte um 6 Prozent zu, der britische FTSE 100 lag 2,5 Prozent höher als im Vormonat und auch die amerikanischen Indices S&P500 (+6,8), Dow Jones (+4,6) und Nasdaq (+9,5) drehten ins Plus (Stand: 3. August). Für Anleger waren das gute Nachrichten, nachdem einige der Indices seit Jahresbeginn 15 Prozent und mehr an Wert verloren hatten.

Professionelle Investoren dämpfen Hoffnung auf neuen Bullenmarkt

Einige professionelle Investoren sehen darin allerdings noch kein Zeichen der Entwarnung. Vor allem die Bären an den Märkten glauben noch nicht daran, dass der Kursumschwung im Juli einen neuen Bullenmarkt einläutet. Und sie haben gute Argumente auf ihrer Seite: Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat bereits weitere Zinserhöhungen für dieses Jahr angekündigt, die US-Wirtschaft steuert auf eine Rezession zu und die Aktienbewertungen sind noch immer alles andere als günstig.

„Wir glauben nicht, dass der Markt die Talsohle erreicht hat“, sagt David Spika, Präsident und Chief Investment Officer bei GuideStone Capital Management, gegenüber dem Wall Street Journal. Da die Gewinnerwartungen noch nicht nennenswert gesunken sind, fügte er hinzu: „Wir haben eine Rezession eindeutig nicht eingepreist.“ Damit nimmt Spika Bezug auf die US-Wirtschaft, die gerade erst zwei negative Quartale hinter sich hat und in eine Rezession abrutscht.

Von den Konjunkturdaten unbeirrt verzeichnete der S&P500 im Juli seine stärkste Rally seit November 2020. Der Optimismus vieler Investoren scheint lediglich auf der Annahme zu beruhen, dass die Fed angesichts der beginnenden Rezession in den USA schon bald zu einem Ausstieg aus ihrer Zinswende gezwungen sein wird. Einige Investoren scheinen bereits darauf zu wetten, dass der Kampf gegen die Inflation mit Zinserhöhungen nur bis Jahresende anhält und ab dem kommenden Jahr dann drastische Zinssenkungen folgen werden.

Ob die Wette am Ende aufgeht, bleibt abzuwarten. Bisher zeigt sich die Fed unbeeindruckt von der drohenden Rezession der US-Wirtschaft. Vergangene Woche hoben die Währungshüter den Leitzins in den USA um 75 Basispunkte an und wiederholten damit ihre Zinserhöhung vom Juni. Aktuell liegt die Zinsspanne damit zwischen 2,25 und 2,5 Prozent. Dazu deutete Notenbank-Chef Jerome Powell an, im September eine weitere Zinserhöhung in derselben Größenordnung folgen zu lassen. Powell nannte den „Kampf gegen die Inflation“ als oberste Priorität und wischte Bedenken vor einer möglichen Rezession mit Verweis auf steigende Beschäftigungszahlen beiseite.

Institutionelle Anleger schätzen Finanzmarktlage weiterhin pessimistisch ein

Powell gab jedoch zu, dass die angestrebte „weiche Landung“ beim Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik der letzten Jahre schwierig wird. Das sehen auch viele Großinvestoren so, wie aus einem Bericht der Financial Times hervorgeht. Eine Umfrage der Bank of America unter 259 Investment-Chefs großer Banken und Hedgefonds brachte hervor, dass institutionelle Investoren ihre Aktienbestände reduzieren und ihre Bargeldreserven aufstocken. Die Barreserven erreichten demnach mit 6 Prozent den höchsten Stand seit 21 Jahren.

Dazu gab mehr als die Hälfte der Befragten an, weniger Risiko als üblich einzugehen und verstärkt auf defensive Aktien zu setzen. Die größte Sorge der Investment-Chefs – die zusammen ein Vermögen von mehr als 722 Milliarden Dollar verwalten – ist dabei die Geldpolitik der US-Notenbank. Vier von fünf Befragten erwarten, dass sich die konjunkturelle Lage weiter eintrübt und sich auch bei der Realwirtschaft in Form von sinkenden Gewinnerwartungen durchschlägt. Das ist der höchste bisher gemessene Wert.

Der Chefstratege der Bank of America, Michael Hartnett, bezeichnete die überwiegend pessimistische Einschätzung der Vermögensverwalter daher als „trostlos“. Jede Rally sei nur vorübergehend, so Hartnett. Eine echte Erholung sei erst dann zu erwarten, wenn die Fed ihren bisherigen Kurs der Zinserhöhungen revidiert. Er gibt jedoch zu bedenken, dass dies erst dann möglich sei, wenn nicht nur die Finanzwirtschaft, sondern auch die Realwirtschaft leide. Derzeit sei man noch zu weit entfernt von jenen Aktienkursen, bei der die Notenbank in Panik verfalle.

Erste Unternehmen müssen Gewinnerwartungen nach unten korrigieren

Bis dahin bleibt den Investoren nur übrig, die nächsten Bilanzberichte großer Unternehmen im Auge zu behalten, um davon mögliche Signale über den Zustand der US-Wirtschaft abzuleiten. Als nächstes werden die Bilanzen von PayPal, Caterpillar, Starbucks und CVS Health an der Wallstreet erwartet. Dazu stehen bald die nächsten Beschäftigungszahlen in den USA an. Diese sollten nach Erwartung einiger Analysten den schwächelnden Zustand der US-Wirtschaft widerspiegeln.

Der Einzelhandelsriese Walmart musste seine Gewinnerwartungen bereits deutlich nach unten korrigieren. Der Konzern warnte vergangene Woche davor, dass die hohen Preise für Lebensmittel und Treibstoff die Kunden abschrecken würden. Um seine Lagerbestände zu reduzieren sah sich der größte Einzelhändler der USA dazu gezwungen, die Preise zu senken. Das ging auch mit einer Senkung seiner Gewinnprognose für das gesamte Geschäftsjahr einher, wodurch die Walmart-Aktien um 7,6 Prozent an Wert verloren.

Auch die Facebook-Muttergesellschaft Meta musste Ende Juli geringere Gewinne vermelden. Das Unternehmen verzeichnete laut Wall Street Journal einen Quartalsumsatz von 28,8 Milliarden Dollar und blieb damit leicht hinter den Erwartungen der Wallstreet zurück. Zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte musste der Konzern einen Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahresergebnis hinnehmen.

„Wir scheinen in einen wirtschaftlichen Abschwung eingetreten zu sein, der sich auf breiter Front auf das digitale Werbegeschäft auswirken wird“, sagte Chief Executive Mark Zuckerberg in einer Telefonkonferenz zum Quartalsbericht. „Es ist immer schwer vorherzusagen, wie tief oder wie lange diese Zyklen sein werden, aber ich würde sagen, dass die Situation schlimmer zu sein scheint als noch vor einem Quartal“, so Zuckerberg weiter.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Führen Sie die weltweit größten Kryptowährungen wie DOGE und BTC direkt ein und erzielen Sie über die COME-Mining-Plattform einen Gewinn von über 5.000 US-Dollar pro Tag.

Die Nachfrage nach Bitcoin (BTC) ist in letzter Zeit weiter gestiegen, und die Anlegerstimmung hat sich deutlich verbessert. Die COME...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
André Jasch

                                                                            ***

André Jasch ist freier Wirtschafts- und Finanzjournalist und lebt in Berlin.  

DWN
Panorama
Panorama Autokrise trifft Kommunen: Wie Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt sparen müssen
16.10.2025

Die Automobilkrise trifft nicht nur Konzerne, sondern auch ganze Städte. Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt verlieren Millionen an...

DWN
Finanzen
Finanzen Trade Republic-Aktie im Fokus: Trade Republic hat Portfolio um Festzinsprodukte erweitert
16.10.2025

Die Trade Republic-Aktie steht erneut im Fokus, nachdem das Unternehmen sein Angebot im Bereich Zinsprodukte erweitert hat. Anleger...

DWN
Politik
Politik 123.000 Sicherheitsbeauftragte sollen wegfallen
16.10.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will Betriebe von Bürokratie beim Arbeitsschutz entlasten und mehr als 123.000 spezielle...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nach Wirecard-Insolvenz: BGH prüft Ansprüche von Aktionären
16.10.2025

Fünf Jahre nach der spektakulären Pleite von Wirecard stehen zehntausende Aktionäre noch immer mit leeren Händen da. Ihre Forderungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ryanair-Aktie im Blick: Fluggesellschaft Ryanair reduziert Angebot in Deutschland
16.10.2025

Die irische Fluggesellschaft Ryanair setzt ihren Kurs der Angebotsreduzierung in Deutschland fort. Im Winterflugplan 2025/2026 werden...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis auf Rekordniveau: Warum Silber den großen Bruder Gold aktuell in den Schatten stellt
16.10.2025

Nach seinem Allzeithoch zur Wochenmitte zeigt sich der Silberpreis aktuell kaum schwächer und bleibt auf Rekordniveau. Während der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quereinsteiger: Fachfremde Talente finden und erfolgreich einarbeiten
16.10.2025

Vor einigen Jahrzehnten war es noch üblich, den Beruf, der als junger Erwachsener erlernt wurde, bis zur Rente auszuführen. In unserer...

DWN
Finanzen
Finanzen TSMC-Aktie auf Wachstumskurs: Neuer Höchstwert durch KI
16.10.2025

TSMC profitiert vom globalen KI-Boom und setzt neue Maßstäbe im Chipmarkt. Der taiwanische Konzern erwartet 2025 einen höheren Umsatz...