Deutschland

Habeck blamiert: Katar liefert Gas nach Italien, Deutschland geht leer aus

Lesezeit: 3 min
12.08.2022 18:04  Aktualisiert: 12.08.2022 18:04
Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte angekündigt, dass Katar Deutschland Flüssiggas liefern wird. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen liefert Katar mehr Gas an Italien.
Habeck blamiert: Katar liefert Gas nach Italien, Deutschland geht leer aus
Geplatzter Deal: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Scheich Mohammed bin Hamad bin Kasim al-Abdullah Al Thani, Minister für Handel und Industrie von Katar, im März in Doha. (Foto: dpa)
Foto: Bernd von Jutrczenka

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Im März reiste Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck an den Persischen Golf nach Katar, um dort eine Alternative für das russische Erdgas zu finden, das Deutschland so dringend braucht: in der Industrie, zum Heizen und zur Stromerzeugung. Nach dem Treffen mit dem Emir von Katar kündigte Habeck an, dass der Golfstaat bereit sei, kurzfristig mehr Gas nach Deutschland zu liefern.

Doch Katar liefert kein Gas an Deutschland. Die Unternehmen, die Habeck im März auf seiner Reise begleiteten, konnten bisher keine Verträge zu Gaslieferungen mit Katar abschließen, wie Focus Online jüngst berichtete. Dies wiegt umso schwerer, als Russland inzwischen nur noch 20 Prozent der einstigen Gasmenge durch die Pipeline Nord Stream 1 fließen lässt und Deutschland sich in einer massiven Energiekrise befindet.

Letzte Woche sagte Habeck in der Bild-Zeitung: "Die Kataris haben sich entschieden, kein gutes Angebot zu machen." Tatsächlich hatte der Minister mit den Kataris im Mai lediglich eine Energiepartnerschaft abgeschlossen. Dabei wurden keine Liefermengen vereinbart. Zudem wollte Katar langfristige Verträge, während die deutschen Unternehmen in Zukunft nicht Gas, sondern Erneuerbare Energien nutzen wollen.

Italien blamiert Habeck doppelt

Während Habeck in Katar eine Abfuhr erhalten hat, scheint der italienische Energiekonzern Eni, der sich mehrheitlich im Besitz der italienischen Regierung befindet, erfolgreicher gewesen zu sein, wie Natural Gas Intelligence berichtet. Das in Rom ansässige Unternehmen meldet Fortschritte bei seinen Bemühungen, die durchschnittlichen 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas, die Russland bisher jedes Jahr nach Italien liefert, bis 2025 zu ersetzen.

"Inmitten der Unsicherheit und Volatilität auf den Märkten haben wir schnell gehandelt, um neue Energielieferungen zu sichern", sagte Claudio Descalzi, CEO von Eni, in einer Telefonkonferenz zum zweiten Quartal. "Nach neuen Gasverträgen mit unseren Partnern in Algerien, Kongo und Ägypten zu Beginn des Jahres ist Eni im Juni dem North Field East Venture in Katar beigetreten, das Teil des weltweit größten LNG-Projekts ist."

Das "North Field" enthält laut Angaben des katarischen Energieministeriums rund 10 Prozent der weltweiten Erdgasreserven. Eni beteiligt sich mit 25 Prozent an einem Joint Venture mit Qatar Energy, das wiederum einen Anteil von 12,5 Prozent am Erweiterungsprojekt North Field East besitzen soll. Der italienische Energieriese besitzt also 3 Prozent am Gesamtprojekt.

Wie der Rest Europas bemüht sich auch Italien um eine Diversifizierung seiner Gaslieferungen, da die westlichen Staaten Sanktionen gegen die russische Energiebehörde verhängt haben. Im Juli teilte Italiens Ministerpräsident Mario Draghi mit, dass die geschätzte Abhängigkeit seines Landes von russischen Gasimporten zur Deckung seines Energiebedarfs auf 25 Prozent der jährlichen Versorgung gesunken sei, gegenüber 40 Prozent im Vorjahr.

Anders als Deutschland arbeitet Italien bereits länger mit Katar zusammen. Italien galt 2021 als größter Importeur von Flüssiggas aus Katar. Die LNG-Route zwischen den beiden Ländern gehörte im vergangenen Jahr mit 76 Transporten zu den am meisten genutzten der Welt. Der Golfstaat war offenbar auch sofort bereit, mehr Flüssiggas nach Italien zu liefern. Von Vorteil ist dabei, dass Italien immerhin über drei LNG-Terminals verfügt.

Wer liefert Deutschland Gas?

Russland hat seine Gas-Lieferungen nach Europa stark gedrosselt, Katar will trotz Habecks Bemühungen überhaupt kein Gas nach Deutschland liefern. In dieser Krise setzt die Bundesregierung nun vor allem darauf, den Verbrauch zu drosseln. Die deutschen Bürger und Unternehmen sollen weniger Strom verbrauchen machen, weniger heizen und überhaupt an allen Ecken und Enden Energie sparen.

Doch zugleich sollen auch die Gas-Importe aus alternativen Quellen verstärkt werden. Neben Russland beziehen die deutschen Energieunternehmen auch Erdgas aus Norwegen und den Niederlanden. Doch dies kann bei Weitem nicht ausreichen. Denn Deutschland ist etwa die Hälfte der bisherigen Liefermenge weggebrochen. Zudem ist auch gar nicht absehbar, wann sich das Verhältnis zu Russland wieder normalisieren könnte.

Mittelfristig will Habeck die Gas-Versorgung unter anderem durch Flüssiggas sicherstellen. In Niedersachsen hat man bereits mit dem Bau einer Gaspipeline begonnen. Ziel ist es, noch vor Weihnachten von einer schwimmenden LNG-Plattform in Wilhelmshaven das Flüssiggas ins deutsche Netz einzuspeisen. Allerdings gibt es im laufenden Planfeststellungsverfahren vierzehn Einwände von Umweltorganisationen gegen die Pipeline.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...