Das Internet steht vor der gravierendsten Veränderung seiner Geschichte: Die USA und die EU wollen das Internet quasi verkaufen. Wer schnellere Datenleitungen für seine Websites will, kann künftig bei den Telekoms die entsprechende Bandbreite erwerben.
Telekoms sollen künftig in der Lage sein, große Internet-Unternehmen und Verlage hinsichtlich der Übertragungsgeschwindigkeit zu bevorzugen. Konzerne können gegen Bezahlung die Geschwindigkeit der Datenübertragung erhöhen. Durch diese „Specialised Services“ entsteht ein Zwei-Klassen-Internet. Große Konzerne können sich eine Überholspur leisten, kleine und unabhängige Seiten bleiben auf der Strecke.
Für die Telekom-Unternehmen ist das ein geniales Geschäft: Sie können mehrfach verdienen - durch Zugangsgebühren beim Nutzer, Werbeumsätze auf eigenen Seiten und nun Fahrpreise der ersten Klasse von den Medien- und Internet-Giganten. Auch Regierungen können sich nun schnellere Seiten kaufen. Das wird nicht als versteckte Subvention angesehen, weil es alle großen Staaten machen.
Für kleine und unabhängige Websites ist dies eine große Gefahr: Denn faktisch müssen sie sich hinten anstellen, wenn nicht genug Bandbreite vorhanden ist.
In Großbritannien gibt es noch eine zusätzliche Einschränkung, die unabhängige Websites künftig an die Wand drücken können: Die Internet-Provider können kritische Websites als Esoterik einstufen und sperren (mehr zu diesem Wahnsinn - hier).
Anbieter von Inhalten (YouTube, Facebook, Spotify) können mit dem Internet-Anbieter (Provider) gesonderte Verträge über „Specialised Services“ abschließen. Dabei geht es um erweiterte Servicequalität – also höheres Datenvolumen und fest vereinbarte Geschwindigkeiten. Die EU will es Unternehmen erlauben, sich bei Internet-Anbietern bevorzugte Behandlung zu kaufen, so der Entwurf einer Verordnung.
Die bevorzugte Behandlung der US-Datenkonzerne stellt für die Regierung sicher, dass die User weiter in unbegrenzter Naivität ihre Daten in den Sozialen Netzwerken preisgeben. Damit können die Regierungen jederzeit auf jeden Bürger zugreifen.
Die Kommerzialisierung bringt auch den Vorteil einer weiteren Verblödung der Bürger: Sie sollen auch im Internet auf das Niveau des Privatfernsehens gedrückt werden, das vor allem in den USA seit Jahrzehnten eine reine Verdummungsmaschine darstellt.
Kritische, unabhängige Websites, die sich nicht bestimmten Spielregeln des Establishments unterwerfen wollen, werden künftig deutlich langsamer aufgebaut werden.
Auf diese Weise werden viele Sites von der wirtschaftlichen Macht der großen Player marginalisiert.
Die ist die effizienteste Form der Zensur.
Die EU-Kommission steht voll hinter dem Zugriff: Zum einen, weil Brüssel zahlreiche Think Tanks die Sache von Facebook, Google und anderen vorantreiben (aus allen Parteien tummeln sich in diesen obskuren Lobby-Vereinen auch bundesdeutsche Politiker - mehr hier).
Laut EU-Kommission sei es bei bestimmten Datenverkehr nicht von Bedeutung, dass die Daten in einer bestimmten Zeit garantiert am Zielort ankommen, etwa bei Emails. Bei Musik- oder Videostreams ist eine gleichmäßige Übertragung wichtig. Diese Unterschiede sollen vertraglich zwischen Netz-Anbietern und Youtube und Co. festgelegt werden dürfen.
Die Petition Save the Internet schlägt Alarm.
„Netzneutralität ist eines der wichtigsten Prinzipien des offenen und freien Internets. Sie ist fundamental, um das Internet als innovative Plattform für alle Menschen zu erhalten. Netzneutralität bedeutet, dass jeder Internetverkehr gleich behandelt wird, egal woher, welcher Art und mit welchen Mitteln“, so die Petition Save the Internet.
Die EU-Kommission habe versprochen, dass sie die ursprünglichen Prinzipien des Internets erhalten will, aber der Vorschlag zeige anhand der Netzneutralität, dass die EU-Kommission daran scheiterte. Das Internet werde wie eine Art „Kabelfernsehen“, die Netzbetreiber haben die Kontrolle über die Inhalte.
Specialised Services in der jetzigen Definition gefährden das neutrale und freie Internet und behindern Innovation. Specialised Services müssen vom Internet getrennt werden, so wie das auch die europäische Regulierungsbehörde empfohlen hat – so die Gegner der Verordnung.
In den USA hat ein Gericht am Dienstag den ersten Schlag gegen die Freiheit im Internet geführt. Ein US-Berufungsgericht kippte Regeln der Aufsichtsbehörde FCC, wonach Datenpakete gleichberechtigt behandelt werden müssen.
Der FCC fehlten die Befugnisse, um die Netzneutralität durchsetzen zu können, da die Behörde Breitbandanbieter als Informations- und nicht als Telekomdienstleister einstufe, entschied das Gericht in Washington.
Verizon war gegen Ende 2010 eingeführte Bestimmung gerichtlich vorgegangen und hatte argumentiert, dass sie gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoße und dem Unternehmen die Kontrolle darüber entziehe, welche Daten auf welche Art in seinen Netzen übertragen werden. Die FCC kündigte an, alle Optionen sowie eine Revision prüfen zu wollen.
Befürworter der Netzneutralität fürchten, dass Internetanbieter wie der Deutschen Telekom (Staatskonzern), Verizon oder Comcast nun von Webseiten-Betreibern für höhere Geschwindigkeiten mehr Geld verlangen beziehungsweise den Datenfluss verlangsamen oder bestimmte Seiten ganz blockieren könnten.
Es wird selbstverständlich keine Transparenz geben. Die Begründung: Geschäftsgeheimnis!
Eine kritische Website, die sich im Offline wiederfindet, wird, über ihre Kaltstellung irritiert, nie erfahren, warum sie nicht mehr erreicht werden kann. Als Grund können die Provider "Datenüberlastung" angeben.
Wenn diese Politik geltendes Recht wird, wird das Internet ein anderes sein als bisher.
Das Internet wird den Mächtigen gehören.
Sie werden ihre Wahrheiten ungestört durch das Netz jagen:
Krieg ist Frieden.
Freiheit ist Sklaverei.
Unwissenheit ist Stärke.