Politik

Präsident Janukowitsch ruft ukrainisches Parlament zusammen

Wegen der andauernden Gewalt in Kiew hat der ukrainische Präsident Janukowitsch eine Sondersitzung des Parlaments angesetzt. Dabei soll auch der Rücktritt der Regierung thematisiert werden. Janukowitsch sagte, das Blutvergießen müsse rasch beendet werden.
23.01.2014 16:52
Lesezeit: 2 min

Nach der Drohung der ukrainischen Opposition mit einer Eskalation der Gewalt kommt offenbar Bewegung in die festgefahrenen Fronten. Für Donnerstagnachmittag wurde ein weiteres Treffen von Präsident Viktor Janukowitsch mit Oppositionsvertretern anberaumt. Für kommende Woche wurde zudem eine Sondersitzung des Parlaments in Aussicht gestellt, auf der auch über den Rücktritt der Regierung beraten werden sollte.

Die Verhandlungen zwischen Janukowitsch, Oppositions-Führer Vitali Klitschko, Ex-Wirtschaftsminister Arseni Jazenjuk und dem Nationalisten Oleh Tjahnibok sollten am Donnerstagnachmittag beginnen. Solange die neue Gesprächsrunde laufe, würden die Demonstranten auf weitere Auseinandersetzungen mit der Polizei verzichten, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax. Der Gewaltverzicht gelte bis 19.00 Uhr MEZ (mehr hier).

Regierung und Opposition ringen seit November um die Macht, nachdem Janukowitsch ein mit der EU ausgehandeltes Partnerschaftsabkommen platzen ließ und stattdessen das Land wieder stärker an Russland anlehnte. In den vergangenen Tagen war die Gewalt eskaliert. Es kam zu den schwersten Straßenschlachten der Nachkriegszeit, bei denen drei Demonstranten getötet und mehr als 150 Polizisten verletzt wurden (mehr hier).

Die von Janukowitsch verlangte Sondersitzung des Parlaments könnte Anfang kommender Woche stattfinden, sagte Parlamentspräsident Wolodimir Ribak. Auf der Sitzung solle über den Rücktritt der Regierung und die jüngst verschärften Gesetze zum Demonstrationsrecht beraten werden. Janukowitsch erklärte, es müsse rasch eine Lösung gefunden werden, um das Blutvergießen und die Gewalt zu beenden.

Gänzlich unversöhnliche Töne schlug dagegen Ministerpräsident Mikola Asarow an. Er sprach von dem Versuch eines Staatsstreichs durch die Demonstranten, wie russische Nachrichtenagenturen Asarow zitierten. Angesichts der Gewalt sei es „absolut unrealistisch“ die für 2015 geplante Präsidentenwahl vorzuziehen.

Die Bundesregierung zeigte sich besorgt über die Entwicklung, sprach sich aber gegen Sanktionen gegen die Führung in Kiew aus.

„Wir erwarten von der ukrainischen Regierung, dass sie die demokratischen Freiheiten, insbesondere die Möglichkeiten zu friedlichen Demonstrationen, sichert“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Abschluss der Kabinettsklausur in Meseberg. Die Regierung müsse das Leben der Menschen schützen und die Anwendung von Gewalt verhindern.

Die Bundesregierung sei „aufs Äußerte besorgt“ und empört darüber, wie in dem Land Gesetze „durchgepeitscht“ würden, die die Grundfreiheiten der Menschen infrage stellten.

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft warnte vor ökonomischen Folgen für die Ukraine. Die Debatte in der EU über Sanktionen sei übereilt, erklärte Ausschuss-Vorsitzender Eckhard Cordes. Es sei ein Fehler gewesen, die Ukraine vor die Wahl zwischen EU und Russland zu stellen. Gerade die wirtschaftliche Zukunft des Landes hänge von bestmöglichen Beziehungen zu beiden Partnern ab.

So schuldet die Ukraine allein dem russischen Gasversorger Gazprom zum Ende des vergangenen Jahres 2,7 Milliarden Dollar, wie das Staatsunternehmen am Donnerstag mitteilte.

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