Finanzen

Hypo Real Estate: Richter bestätigt Anlage-Betrug

Im HRE-Muster-Prozess bestätigt der Richter, dass die Bank ihre Anleger getäuscht hat. Das Institut habe seine desaströse Lage verschleiert und die Kunden hinters Licht geführt. Hunderte Großinvestoren und Kleinanleger verklagen die Bank auf Schadensersatz.
03.02.2014 13:29
Lesezeit: 1 min

Aktuell:

Brutaler Raubzug: Banken treiben Firmen in die Pleite

Das Oberlandesgericht München macht den Anlegern im milliardenschweren Schadenersatzprozess gegen die Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) Hoffnung. Das Institut habe die Investoren ein halbes Jahr vor Bekanntwerden der desaströsen Lage der Bank hinters Licht geführt, so die vorläufige Einschätzung der Kammer.

Eine Mitteilung der HRE vom 3. August 2007 sei „wesentlich zu optimistisch“ gewesen, sagte Richter Guido Kotschy am Montag zum Verhandlungsauftakt in München. Darin hatte die später verstaatlichte Bank ihre Geschäftsprognose bestätigt und von Belastungen aus der Krise am US-Hypothekenmarkt nichts wissen wollen.

Diese Veröffentlichung werde von großer Bedeutung für das Verfahren sein, sagte Kotschy.

„Dass diese Mitteilung vom 03.08.2007 sehr positiv war, dass diese Ansage zu positiv war, dass die dahinterstehende Einschätzung sich als unzutreffend erwiesen hat und dass eine Korrektur der Veröffentlichung notwendig war, das ist unsere vorläufige Einschätzung“, erläuterte der Vorsitzende des Zivilsenats.

Die HRE hatte ein knappes halbes Jahr später - am 15. Januar 2008 - überraschend Abschreibungen auf strukturierte Wertpapiere bekannt gegeben. Hintergrund war die Krise am US-Hypothekenmarkt. Mit dem Absturz der damals im Dax gelisteten HRE-Aktien um 35 Prozent begann die Talfahrt des Leitindex. Endgültig ins Straucheln geriet die HRE, als in der Finanzkrise ihre Staatsfinanzierungstochter Depfa vor dem Zusammenbuch stand.

Der Rechtsanwalt Andreas Tilp will stellvertretend für Hunderte Großinvestoren und Kleinanleger eine Musterklage über gut eine Milliarde Euro durchfechten. Er wirft der HRE vor, sie habe Risiken ihrer Wertpapierbestände nicht korrekt bewertet und die Anleger darüber im Unklaren gelassen. Auch über die Risiken, die sich die HRE mit der Übernahme der Depfa 2007 aufgehalst habe, seien die Anleger getäuscht worden. Die Depfa bekam an den Kapitalmärkten kein Geld mehr, um ihre langfristig ausgegebenen Kredite durch kurzfristige Schulden zu finanzieren, und drohte deswegen Pleite zu gehen. Die HRE weist die Vorwürfe zurück.

Das Fiasko der einst größten deutschen Immobilienbank war eines der dramatischsten Kapitel der Finanzkrise und löste etliche Rechtsstreitigkeiten aus. Mit weit über 100 Milliarden Euro an Garantien und Geldspritzen stützte die Bundesregierung die HRE, die im Jahr 2008 ins Wanken geriet und weitere Banken in den Abgrund zu reißen drohte. Falls Tilp den Schadenersatzprozess gewinnt, kämen auf den Steuerzahler weitere Belastungen zu. Der frühere HRE-Chef Georg Funke, der ebenfalls verklagt wird und der die Vorwürfe zurückgewiesen hat, soll am Donnerstag in dem Prozess auftreten.

Weitere Themen:

Studie: Wasser-Knappheit bedroht China und Indien

EU verweigert kritischen Bericht zur Korruption

Monsanto: Proteste bei Aktionärs-Versammlung

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autozulieferer unter Druck: Stellenabbau bei Bosch, Conti, ZF – Autobranche kämpft ums Überleben
08.09.2025

Die deutsche Autobranche steckt in einer existenziellen Krise. Auftragseinbrüche, Milliardeninvestitionen in E-Mobilität und massiver...

DWN
Finanzen
Finanzen Wölfe der Wall Street: US-Börsen zwischen Rekorden und Unsicherheiten – steigt der Goldpreis auf 5.000 Dollar?
08.09.2025

Die US-Börsen schwanken zwischen Euphorie und Risiko: Rekorde bei S&P 500 und Nasdaq treffen auf Sorgen um Fed-Unabhängigkeit und...

DWN
Politik
Politik Höhere Beitragsbemessungsgrenzen: Sozialbeiträge werden für Beschäftigte 2026 spürbar steigen
08.09.2025

Die schwarzrote Koalition will die Beitragsbemessungsgrenzen für Rente, Pflege und Krankenversicherung anheben – mit der Begründung,...

DWN
Politik
Politik EU-Asylagentur: Deutschland bei Asylanträgen nicht mehr führend
08.09.2025

Seit mehr als zehn Jahren lag Deutschland bei Asylanträgen in Europa unangefochten an der Spitze. Nun übernehmen Frankreich und Spanien...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Warum Führungskräfte manchmal unlogische Entscheidungen treffen – und was zu tun ist
08.09.2025

Führungskräfte treffen oft irrationale Entscheidungen – aus Zeitdruck, Denkfehlern oder Selbstüberschätzung. Doch wer mutig ist und...

DWN
Politik
Politik Zwei Jahre nach dem Start: Wird die Regierung das Heizungsgesetz abschaffen?
08.09.2025

Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Heizungsgesetzes plant die schwarz-rote Koalition Änderungen. Zwischen Klimazielen, Förderkürzungen...

DWN
Politik
Politik USA kürzen Sicherheitshilfe für Europa – Baltikum besonders betroffen
08.09.2025

Die USA kürzen ihre Sicherheitshilfe für Osteuropa drastisch. Besonders das Baltikum gerät ins Wanken – und Deutschland muss stärker...

DWN
Politik
Politik Klinik-Atlas vor dem Aus: Warken plant das Ende von Lauterbachs Prestigeprojekt
08.09.2025

Der Klinik-Atlas von Karl Lauterbach sollte Transparenz für Patientinnen und Patienten schaffen. Doch nach Kritik und hohen Kosten plant...