Regierungskreisen zufolge gab das Bundeskabinett am Mittwoch grünes Licht für zahlreiche Änderungen im deutschen Steuerrecht, sodass die Pläne nun ins Parlament eingebracht werden können. Das Steuersystem soll dabei an die gegenwärtig sehr hohe Inflation angepasst werden.
Außerdem wird die Mehrwertsteuer auf Gas zeitlich befristet abgesenkt - von Anfang Oktober 2022 bis Ende März 2024. Dann gilt statt 19 Prozent der reduzierte Satz von sieben Prozent. Im Jahressteuergesetz 2022 wird unter anderem die Installation von Solaranlagen wie deren Betrieb steuerlich gefördert.
Mit dem Inflationsausgleichsgesetz soll die sogenannte Kalte Progression bekämpft werden. Diese entsteht, wenn das Steuersystem nicht an die Inflation angepasst wird. Steuerzahler können dann etwa bei Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerklasse rutschen und deshalb netto weniger Geld zur Verfügung haben als vorher. Dies soll nun für 2023 und 2024 angepasst werden - in der Erwartung, dass dies Experten im Herbst so auch empfehlen werden.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte zuletzt gesagt, 48 Millionen Menschen dürften davon profitieren. Laut der Kabinettsvorlage wird die Anpassung zu Steuermindereinnahmen in Höhe von 12,2 Milliarden Euro im Jahr 2023 führen und knapp 18 Milliarden 2024.
In Deutschland liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent, bei besonders hohen Einkommen wird aber ein Zuschlag erhoben, so dass dann insgesamt 45 Prozent abgeschöpft werden. Dieser Satz - die sogenannte Reichensteuer - gilt derzeit ab einem Einkommen von 277.826 Euro. Der Wert soll 2023 und 2024 nicht verändert werden.
Mit dem geplanten Gesetz soll auch das Kindergeld angehoben werden - um monatlich 18 Euro für die ersten beiden Kinder und zwölf Euro für das dritte Kind. Das soll ab 2023 greifen. Das Kindergeld für die ersten drei Kinder soll dann einheitlich bei 237 Euro liegen. Der Kinderfreibetrag soll für die Jahre 2022 bis 2024 angehoben werden.
Die Mehrwertsteuersenkung wird den Staat bis März 2024 insgesamt 11,265 Milliarden Euro kosten. Von Unternehmen werde erwartet, dass die Senkung vollständig an Verbraucher weitergereicht werde, heißt es in der Formulierungshilfe für die Fraktionen der Ampel-Koalition im Bundestag. Die Maßnahme soll Belastungen der Endverbraucher an anderer Stelle abfedern - etwa durch die ab Oktober geplante Gasumlage zur Stabilisierung der Importfirmen wie Uniper.
Mit dem Jahressteuergesetz sollen mehr Solaranlagen auf Dächern privater Häuser gefördert werden. Hier scheuen Bürger oft wegen bürokratischer Hürden die Installation von Photovoltaikanlagen. Für die Lieferung und Installation soll künftig die Umsatzsteuer auf null Prozent gesetzt werden. Außerdem sollen Einnahmen aus dem Betrieb der Anlagen bis zu einem bestimmten Niveau von der Ertragssteuer befreit werden.
Mit dem Jahressteuergesetz sollen zudem Aufwendungen für die Altersvorsorge vollständig als Sonderausgaben abgezogen werden können. Alle Maßnahmen zusammen dürften dieses Jahr zu Steuermindereinnahmen des Staates von 3,2 Milliarden Euro führen, 2024 wird mit 3,5 Milliarden gerechnet. (rtr)