Wirtschaft

An Russland vorbei: China baut Eisenbahn-Strecke nach Europa

Zwischen Asien und Europa wird es bald eine neue Bahnstrecke geben. China finalisierte ein Abkommen mit Kirgistan und Usbekistan. Die Route würde das vom Westen sanktionierte Russland umgehen.
20.09.2022 11:26
Aktualisiert: 20.09.2022 11:26
Lesezeit: 3 min
An Russland vorbei: China baut Eisenbahn-Strecke nach Europa
Chinas Präsidenten Xi Jinping mit dem usbekischen Präsidenten Schawkat Mirsijojew beim Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, wo der Eisenbahn-Deal finalisiert wurde. Die Route umgeht das mit Sanktionen belegte Russland. (Foto: dpa) Foto: Sergei Bobylev

China, Kirgisistan und Usbekistan haben der Wirtschaftsnachrichtenseite Oilprice zufolge ein seit langem erwartetes Abkommen unterzeichnet, um den Bau einer Eisenbahnlinie zwischen ihren Ländern voranzutreiben. Nach ihrer Fertigstellung soll die Linie eine kürzere Route nach Europa unter Umgehung des von Sanktionen betroffenen Russlands schaffen. Die drei Regierungen unterzeichneten das Abkommen am 14. September am Rande eines Gipfeltreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) in Usbekistan. Das Dokument enthält keinen Fahrplan für den Bau der nach den drei Länder benannten CKU-Verbindung, die bereits vor einem Vierteljahrhundert ins Auge gefasst wurde, aber erst nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wieder in Gang kam.

Auch wenn es für den Bau noch keinen detaillierten Plan gibt, bringt dieses Abkommen das CKU-Projekt einen Schritt näher an die Realisierung heran, indem es die Bedingungen für eine Machbarkeitsstudie für den kirgisischen Abschnitt festlegt, der das fehlende Bindeglied zwischen den bestehenden Eisenbahnstrecken in China und Usbekistan darstellt und bis zur ersten Hälfte des Jahres 2023 abgeschlossen sein soll.

Die Verkehrsministerien Kirgisistans und Usbekistans, die die Vereinbarung mit der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission Chinas unterzeichneten, gaben die Information über das Abkommen über ihre Webseite am 15. September bekannt. Die Kosten der Studie werden zu gleichen Teilen geteilt, teilte das kirgisische Ministerium für Verkehr und Kommunikation mit. Die Verkehrsministerien der beiden Länder bestätigen damit frühere Berichte, dass man mit China eine Einigung gefunden hätte. Der Knackpunkt war bisher eine Route festzulegen, mit der alle drei Parteien einverstanden sind.

Strecke kostet vier Milliarden Dollar

Kirgisistan hatte auf eine Strecke gedrängt, die weiter nördlich gelegene, stärker besiedelte Gebiete bedienen sollte, scheint sich aber auf eine auf den Süden beschränkte Route geeinigt zu haben, von der es profitieren wird – durch die Schaffung von Arbeitsplätzen für den Bau der Strecke und durch Transitgebühren.

Die Eisenbahnlinie wird in Torugart beginnen, wo es einen bestehenden Straßenübergang von China aus gibt und dann weiter nach Norden durch die kirgisischen Siedlungen Arpa und Makmal nach Jalal-Abad führen, wo sie an das usbekische Eisenbahnnetz angeschlossen wird. In Makmal befindet sich eine Goldmine, die von einem chinesisch-kirgisischen Joint Venture betrieben wird, das mehrheitlich in chinesischem Besitz ist. Hier wird die Spurweite von den in China und Europa verwendeten 1,435 m auf die in der ehemaligen Sowjetunion verwendeten 1,520 m umgestellt, wie The Economist kürzlich berichtete.

Die 280 Kilometer lange Strecke wird 4,1 Milliarden Dollar kosten, die entweder durch Direktinvestitionen oder öffentlich-private Partnerschaften finanziert werden sollen, zitierte die Zeitung den kirgisischen Verkehrsminister Erkinbek Osoyev. Der Kostenvoranschlag ist weit niedriger im Vergleich zu früheren Schätzungen, die das Doppelte für eine Eisenbahnstrecke veranschlagten, die durch schwieriges bergiges Gelände führt und den Bau einer Reihe von Tunneln – Berichten zufolge 90 Stück – erfordert. Laut The Economist muss China außerdem 160 Kilometer Gleise bauen, um die neue Strecke zu erreichen.

Handel vom Westen in die Türkei nach Europa

Sollte die neue Verbindung jemals fertig gestellt werden, könnte sie weiter nach Süden durch Turkmenistan in den Iran und weiter in die Türkei führen, dem Tor zu Europa. Das würde die Strecke von China nach Europa um 900 Kilometer verkürzen und die Reisezeit um acht Tage verkürzen, rechnet The Economist vor. China hat vorsichtig zugestimmt, dass die Pläne für den Bau der Bahnlinie vorangetrieben werden müssen, hat aber gleichzeitig gewarnt, dass es nicht die gesamte Rechnung bezahlen wird.

Usbekistan hat sich in letzter Zeit mit Eifer für ein Projekt eingesetzt, das es als Teil eines großen Plans zur Verbesserung der Verkehrs- und Handelsverbindungen von Zentralasien nach Westen in die Türkei und weiter nach Europa sieht. Zufälligerweise würde die Route das sanktionierte Russland umgehen. Die Strecke wäre eine zusätzliche Verbindung zwischen Asien und Europa.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?