Wirtschaft

Kosten-Explosion: Indien kauft weniger Rohöl aus Russland

Russland konnte in den letzten Monaten seinen Rohöl-Export nach Europa gut durch Indien ersetzen. Die steigenden Frachtraten machen dem Land nun einen Strich durch die Rechnung.
25.09.2022 09:12
Aktualisiert: 25.09.2022 09:12
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Kosten-Explosion: Indien kauft weniger Rohöl aus Russland
Wegen teurer Frachtkosten kauft Indien weniger Rohöl aus Russland. (Foto: dpa) Foto: Mikhail Metzel

Mit den Sanktionen gegen Russland, fand das Land in kürzester Zeit andere Abnehmer für das Rohöl. Indien kaufte das eigene Rohöl und Russland konnte Saudi-Arabien als zweitgrößten Rohöllieferanten ablösen. Aus einem unbedeutenden Abnehmer für russisches Rohöl wurde Indien neben China zu einem der wichtigsten Ziele für russische Ölexporte. Der Hauptreiz für Indien war das viel billigere Öl im Vergleich zu internationalen Referenzwerten und ähnlichen Qualitäten aus dem Nahen Osten und Afrika.

Ansteigende Schiffspreise

Dieser Hauptreiz ist nun durch die stark ansteigenden Schiffspreise für längere Fahrten minimiert. So wird Indien seine Käufe von russischem Öl verlangsamen und sich mehr auf Lieferungen aus Afrika und dem Nahen Osten konzentrieren. Angesichts des jüngsten Anstiegs der Frachtraten scheint russisches Öl nicht mehr so billig zu sein wie zuvor. Außerdem beträgt die Reisezeit vom Fernen Osten Russlands, wo die ESPO-Sorte für den Export verladen wird, nach Indien einen Monat, während eine Ladung aus dem Nahen Osten eine Woche braucht, um Indien zu erreichen.

Ein ganz anderes Problem dürfte für Indien auch die Knappheit der Öltanker sein. In den letzten Jahren wurden nur wenige Tanker hergestellt. Die geringe Produktion lässt sich nicht so schnell aufholen und dadurch wird das Angebot wohl knapp bleiben. Entsprechend erhöhen sich die Kosten.

Im September werden die indischen Raffinerien aufgrund der höheren Frachtraten voraussichtlich kein ESPO-Rohöl aus Russland kaufen, so eine indische Industriequelle mit Kenntnis der Geschäfte und Preise am 22. September gegenüber Reuters „Auf Nettobasis, d.h. unter Berücksichtigung der Frachtkosten, sind die Kosten für ESPO im Vergleich zu ähnlichen Qualitäten aus anderen Ländern, wie z.B. Murban aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, um 5 bis 7 $ pro Barrel höher.“

Monatliche Käufe zurückgegangen

Die monatlichen Käufe von russischem Öl in Indien sind seit dem Rekordhoch im Juni zurückgegangen. Etwa 2 Millionen Tonnen (14,35 Millionen Barrel) russisches Rohöl wurden bisher in diesem Monat für Indien verladen, gegenüber 3,55 Millionen Tonnen im August, wie Refinitiv-Daten am 22. September zeigten. Im Gegensatz dazu hat Indien in diesem Monat bisher 2,35 Millionen Tonnen afrikanisches Öl verladen, gegenüber 1,16 Millionen Tonnen im August.

Die gesamte Rohölforderungen Indiens dürfte für diesem Monat zurückgehen, da einige Raffinerien, die von Unternehmen wie Indian Oil Corp Reliance Industries, Bharat Petroleum und Nayara Energy betrieben werden, zu Wartungszwecken abgeschaltet werden. Auch die Produzenten im Nahen Osten haben die offiziellen Verkaufspreise für ihre Lieferungen im Oktober gesenkt, was die Attraktivität des russischen Öls beeinträchtigt, so Ehsan Ul Haq, Analyst bei Refinitiv gegenüber Reuters.

Stärkere Abhängigkeit Russlands zu China

Ähnlich wie Indien sind auch in China Reaktionen auf die starken Schiffspreise zu beobachten. Haq betont gegenüber Reuters, dass das Land mehr Öl aus Fernost als Europa bezieht: „ESPO aus dem Fernen Osten ist ein Kurzstreckenprodukt für China, und die Frachtraten sind ebenfalls gestiegen. Daher bezieht China mehr Öl aus dem Fernen Osten und weniger aus den Häfen der Ostsee oder des Schwarzen Meeres“

Die Schiffsverfolgungsdaten von Kpler zeigen laut Reuters, dass alle ESPO-Seefrachten bis auf eine für September nach China gehen. Da in diesem Monat keine ESPO-Ladungen nach Indien gehen, werden wahrscheinlich mehr Mengen dieser Sorte nach China geliefert. China liegt geografisch viel näher an Russlands fernöstlichen Ölexporthäfen. Inzwischen hat die russische Rohölverarbeitung vor Ort hat ebenfalls zugenommen, was die Lieferungen für den Export einschränkt, wie Haq schildert.

Für Russland ist die Entscheidung Indiens sich wegen der hohen Frachtraten mehr auf Öl aus Nahost und Afrika zu fokussieren keine gute Nachricht. Wie die Daten von Refinitiv verdeutlichen, dürfte man mehr von China abhängig werden. Indien war für Russland ein guter Ersatz für den Export nach Europa, fällt das Land wegen der hohen Schiffspreise längerfristig weg, dann müsste sich Russland ein neues Exportland in der Nähe suchen, damit das Problem mit den hohen Frachtraten umgangen werden kann.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Cybersecurity: Was Firmen jetzt tun müssen, um den Cyberkrieg zu überleben
19.10.2025

Die digitale Kriegsführung ist längst Realität, doch viele Unternehmen verkennen das Ausmaß der Bedrohung. Zwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft JPMorgan-Chef Dimon warnt: Die Party an den US-Börsen ist vorbei – jetzt zählen Waffen statt Aktien
18.10.2025

JPMorgan-Chef Jamie Dimon zeichnet ein düsteres Bild der Weltwirtschaft: Er warnt vor einer harten Marktkorrektur, kritisiert die Politik...

DWN
Unternehmen
Unternehmen CATL Testkapazitäten: Europas größtes Batteriezellen-Zentrum entsteht
18.10.2025

Der chinesische Batteriehersteller CATL verdoppelt seine Testkapazitäten in Arnstadt und baut eines der größten Batteriezellzentren...

DWN
Finanzen
Finanzen Nebenwerte als Chance: Warum Small Caps oft überdurchschnittliche Renditen bringen
18.10.2025

Nebenwerte im Fokus: Small-Cap-Aktien können enorme Kurschancen bieten – doch sie bergen auch Risiken. Warum vernachlässigte...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Credit in Europa: Boom, Blase oder Lehre aus der Finanzkrise?
18.10.2025

Die Private-Credit-Branche hat sich in den letzten Jahren zu einem der dynamischsten Segmente auf den globalen Kapitalmärkten entwickelt....

DWN
Technologie
Technologie Trotz Grünstrom-Rekord geht Energiewende nicht schnell genug
18.10.2025

Die weltweite Energiewende erreicht neue Rekorde: Nie zuvor wurde so viel Grünstrom installiert. Doch trotz Wachstum reicht das Tempo...

DWN
Panorama
Panorama Gen Z Proteste weltweit: Junge Generation erhebt sich gegen Misswirtschaft
18.10.2025

Die junge Generation erhebt sich weltweit gegen Korruption, Perspektivlosigkeit und Misswirtschaft. In Madagaskar stürzte der Präsident,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovationspolitik: Warum Europa seine besten Ideen selbst blockiert
18.10.2025

Der Wirtschaftsnobelpreis ist in diesem Jahr ein Weckruf für Europa. Die ausgezeichneten Forscher zeigen, dass Wohlstand nicht aus...