Unternehmen

Biomarkt in der Krise: Vom großen Boom in die Katerstimmung

Das Kaufverhalten der Verbraucher wirkt sich derzeit besonders negativ auf den Biomarkt aus. Die Händler beklagen zweistellige Umsatzeinbrüche.
Autor
28.09.2022 12:53
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Biomarkt in der Krise: Vom großen Boom in die Katerstimmung
Die Biomärkte in Deutschland müssen derzeit gegen große Umsatzverluste ankämpfen. (Foto: dpa) Foto: David Ebener

Ernüchternde Zahlen: Der deutsche Biomarkt erlebt gerade den schlimmsten Einbruch seit 35 Jahren. Denn die durch Inflation und steigende Energiekosten bereits verunsicherten Kunden greifen wieder vermehrt zu Waren aus dem Supermarkt und Discounter.

Das behauptet zumindest Alnatura-Geschäftsführer Götz Rehn im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Rehn selbst hat 1984 das in Darmstadt ansässige Unternehmen der Bio-Lebensmittel-Branche gegründet, und vertreibt ökologisch produzierte Lebensmittel in rund 140 Alnatura Super Natur Märkten in ganz Deutschland.

Der 72-jährige Bio-Pionier kritisiert auch, dass die industriell produzierten Lebensmittel von Rewe, Aldi und Lidl mit Milliarden von Euro aus Steuergeldern subventioniert würden. Und die Anbieter ökologischer Produkte dadurch zusätzlich ins Hintertreffen gerieten.

Das Problem der bäuerlichen Biohofladen sowie der einzelnen deutschen Biomärkte, ist dasselbe: Die Preissteigerungen der verschiedenen Lieferanten können nicht an die Kunden weitergeben werden, ansonsten würden sie erst recht zu den billigeren konventionellen Einzelhändlern und Discountern abwandern.

Absatz stockt

Besonders stark trifft die Krise derzeit speziell die Naturkostläden und die Reformhäuser, die laut dem Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK im ersten Halbjahr dieses Jahres einen Umsatzeinbruch von 39 Prozent erlitten. Bei den Hofläden lagen die Rückgänge bei rund 17 Prozent. Während die Biosupermärkte knapp 15 Prozent Umsatzverlust hinnehmen mussten. Erste Händler und Läden, vor allem kleine Geschäfte, haben bereits Insolvenz angemeldet.

Besonders unerfreulich daran ist die Tatsache, dass der Biomarkt vor allem während der Corona-Pandemie und auch noch im vergangenen Jahr einen richtigen Boom erlebt hatte, der viele Bio-Händler dazu verleitete, neue Projekte anzugehen und Investitionen zu tätigen, die sie jetzt in eine Schieflage bringen.

Aber der Absatz von Biolebensmittel stockt nicht nur im Biomarkt, auch konventionelle Supermärkte und Discounter haben Schwierigkeiten ihre Öko-Produkte abzusetzen. Zudem haben sie laut dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) nicht nur einen starken Einfluss auf das Bio-Kaufverhalten der Kunden, sondern stehen auch in direkter Konkurrenz zu der ausschließlich mit Bioprodukten handelnden Branche.

Ernährungssystem muss umweltfreundlicher werden

Rund 62 Prozent des Umsatzes mit Biolebensmitteln werden im konventionellen Lebensmittelhandel erzielt. Allerdings, so das Forschungsinstitut, schöpften Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto Markendiscount, Penny und Rewe ihren Handlungsspielraum nicht genügend aus, um das Ernährungssystem insgesamt umweltfreundlicher zu gestalten.

Konkret: Ladengestaltung, Produktplatzierung und Werbung täten noch zu wenig, um die Menschen zu umweltfreundlichen Kaufentscheidungen zu motivieren. In Wochenprospekten der großen Lebensmittelhändler machten zum Beispiel die Lebensmittel, die mit Nachhaltigkeitslabels zertifiziert sind, durchschnittlich nur knapp sieben Prozent der beworbenen Esswaren aus.

Pläne der Bundesregierung nicht realistisch

Die derzeitige Absatzkrise stellt nicht nur den Biomarkt vor schwer zu lösenden Aufgaben, sondern auch die Pläne der Bundesregierung zur Ausweitung des Ökolandbaus könnten in Mitleidenschaft gezogen werden. Zumindest scheint die ambitionierte Vorgabe des Landwirtschaftsministeriums, 30 Prozent der Anbaufläche bis zum Jahr 20230 auf Ökolandbau umzustellen, Stand heute, nicht realisierbar. Denn dafür müssten bundesweit jährlich 450.000 Hektar umgewandelt werden. 2021 seien es gerade einmal 80.000 Hektar gewesen. Die EU verlangt einen Bio-Anteil von 25 Prozent an der Landwirtschaft.

Vielmehr besteht die Gefahr, dass viele Ökolandwirte den Ökolandbau aufgeben und wieder zur konventionellen Landwirtschaft zurückkehren. Viele von ihnen hätten ohnehin noch die Ernte 2021 auf Lager, die sie nicht vermarkten könnten, da die Nachfrage eingebrochen ist, so Rehn.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxusmarken unter Druck: China verliert an Bedeutung, Schmuck bleibt gefragt
14.10.2025

Die globale Luxusbranche steht unter Druck. Wirtschaftliche Unsicherheiten und verändertes Konsumentenverhalten wirken sich...

DWN
Finanzen
Finanzen ThyssenKrupp-Aktie: Tochter TKMS startet an der Börse – Rüstungsgeschäft soll Konzernumbau beflügeln
14.10.2025

Die ThyssenKrupp-Aktie steht vor einem Wendepunkt: Mit dem TKMS-Börsengang spaltet sich der Industriekonzern auf. Doch gelingt der Spagat...

DWN
Politik
Politik EU plant Filterzigaretten-Verbot: Drastische Maßnahmen gegen Tabakkonsum – Geheimpapier enthüllt
14.10.2025

Ein internes EU-Papier sorgt für Aufsehen: Brüssel plant offenbar drastische Maßnahmen gegen den Tabakkonsum. Ein mögliches...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rheinmetall-Aktie und Estland: Der Wandel der Rüstungsindustrie in den baltischen Staaten
14.10.2025

Die baltischen Staaten investieren verstärkt in ihre Verteidigungsindustrie. Estland setzt dabei auf neue Unternehmen für seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IWF-Prognose 2026: Deutsche Wirtschaft schwächer als erwartet
14.10.2025

Der Internationale Währungsfonds rechnet für 2026 mit moderatem Wachstum in Deutschland. Während Berlin auf 1,3 Prozent setzt, bleibt...

DWN
Finanzen
Finanzen Biontech-Aktie: Curevac-Übernahme, Afrika-Expansion und Durchbruch in der Krebstherapie
14.10.2025

Biontech steht vor entscheidenden Weichenstellungen: Die genehmigte Curevac-Übernahme, der Durchbruch in der Krebsforschung und der Ausbau...

DWN
Technologie
Technologie Ladesäulen-Schutz: Neue Technik gegen Kabeldiebstahl und Vandalismus
14.10.2025

Sabotage und Kabeldiebstähle legen E-Auto-Ladestationen lahm und verursachen Millionenverlust. Betreiber kämpfen mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC-Studie zur Schifffahrt: Reeder bleiben optimistisch trotz Zöllen und Flaute
14.10.2025

Zölle, schwache Nachfrage, geopolitische Spannungen – und doch brummt das Geschäft auf See. Während andere Branchen unter der...