Weltwirtschaft

Europas Häfen sind längst in chinesischer Hand

Lesezeit: 3 min
23.10.2022 08:30
Der mögliche Deal zwischen dem Hamburger Hafen und dem chinesischen Terminalbetreiber COSCO ist ein klares Signal. China will seine maritime Macht in Europa weiter ausbauen. An zahlreichen Häfen ist China bereits beteiligt.

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Der Streit in der Bundesregierung über den Einstieg des chinesischen Terminalbetreibers COSCO zeigt: China setzt alles daran, seine wirtschaftliche Macht in Europa weiter auszubauen. So gefährlich die Abhängigkeit zu China auch sein mag, für den Hamburger Hafen ist das Projekt zu wichtig. Bundeskanzler Scholz setzt WDR und NDR zufolge auf das Projekt der Stadt, in welcher er bis März 2018 Erster Bürgermeister war. Wenn das Bundeskabinett sich nicht zu einem Beschluss einigt und es nicht zu einer Fristverlängerung kommt, dann wird der Einstieg Ende Oktober folgen.

Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel sieht im Einstieg den Drang Chinas nach Macht in Europa: „Die langfristige Strategie der Chinesen könnte darin bestehen, die Kontrolle über die gesamte Lieferkette, digital wie maritim, in Europa an sich zu reißen.“ Langhammer sieht dabei „einen Wettbewerbsvorteil und Missbrauch wirtschaftlicher Macht.“

Beteiligung an vielen Häfen in Eurasien

Einen Teil dieser maritimen Kontrolle hat China in Europa schon aufgebaut. Die beiden großen chinesischen Betreiber COSCO und CMPort sind bereits an zwölf europäischen Häfen beteiligt und an vier weiteren Häfen in Grenznähe zu Europa. Mit Piräus, Valencia, Le Havre und Rotterdam gehören vier dieser Häfen zu den zehn wichtigsten in Europa. Schafft COSCO den Einstieg in den Hamburger Hafen, wäre man an der Hälfte der wichtigsten europäischen Häfen mitbeteiligt. In Piräus hat COSCO 100 Prozent Anteile, in Valencia liegen sie bei 51 Prozent, in Rotterdam bei 35 Prozent und in Le Havre liegt die Minderheitsbeteiligung von CMPort bei 25 Prozent. Sollte es zu einem Einstieg COSCO’s in den Hamburger Hafen kommen, hätte COSCO auch eine Minderheitsbeteiligung von 35 Prozent.

Auf einer Karte des amerikanischen National Public Radio (npr) ist gut ersichtlich, wie sich die beiden chinesischen Betreiber eine Route von Istanbul über Piräus, Marsaxlokk (Malta), Genua, Marseille, Valencia, Tangier (Nord Marokko an der Grenze zu Spanien), Bilbao, Nantes, Le Havre, Dunkerque, Brügge, Antwerpen bis nach Rotterdam gebastelt haben. An jedem dieser Häfen haben beide Firmen eine Beteiligung.

Initiative „Belt and Road“

Die Beteiligung der beiden Betreiber an europäischen Häfen gehört zu einer Initiative, die von Chinas Präsident Xi Jinping 2013 ins Leben gerufen wurde. Die Initiative „Belt and Road“ beinhaltet hunderte Projekte in der eurasischen Region, um die chinesische Expansion weiterzuführen. Ein Großteil der Häfen an denen COSCO und CMPort beteiligt sind, befindet sich auf Nato-Gebiet. China kann so sowohl wirtschaftlich als auch militärisch ein Druckpotential auf die USA aufbauen.

Die Route ist auch Teil von Chinas maritimer Seidenstraße des 21. Jahrhunderts, die das Land besser mit den Handelszentren in Afrika, Asien, Europa und Ozeanien verbinden soll. China ist die größte Importquelle der Europäischen Union und ihr zweitgrößter Exportmarkt, was einem Handelsvolumen von mehr als einer Milliarde Dollar pro Tag entspricht, gleichzeitig überwiegt der Seeverkehr den Schienen- und Luftverkehr.

China, das seine bilateralen Beziehungen durch Kredite, Zuschüsse und Spenden zu stärken versucht, schafft durch die Einstiege in europäische Häfen eine Alternative zur politischen und wirtschaftlichen Dominanz der USA und der EU. Die übernommenen Häfen wie Piräus, Rotterdam oder Le Havre verbessern den Außenhandel, schwächen aber gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit anderer Nationen gegenüber China.

Häfen erleichtern Zugange zum EU-Markt

Diese Häfen erleichtern China in wirtschaftlicher Hinsicht den Zugang zum EU-Markt. Wie man an der Diskussion um den Hamburger Hafen gut erkennen kann, entwickeln die Häfen mit ihren Projekten eine Debatte um die nationale Sicherheit einzelner EU-Staaten in diesem Fall von Deutschland. Klar wird durch Projekte wie „Belt and Road“ auch, dass das transatlantische Zeitalter des letzten Jahrhunderts, welches stark von den USA geprägt wurde Stück für Stück durch ein von China dominiertes pazifisches Zeitalter abgelöst wird.

Die Macht Chinas wird in verschiedensten Branchen immer größer und löst den Einfluss der USA immer mehr ab. Schlussendlich bleibt zu abzuwarten, ob es am Ende beim möglichen Projekt zwischen dem Hamburger Hafen und COSCO zu einer Einigung kommt, oder sich die Koalitionspartner von Olaf Scholz und die Kritiker des Einstiegs des Terminalbetreibers am Ende doch noch durchsetzen.



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