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Märkisches Landbrot: „Energie war zu lange günstig“

Mit einem Traditionsprodukt zu einem erfolgreichen Unternehmen – die Brotbäckerei Märkisches Landbrot. Den Fokus legt man dabei auf die Ökologie und kritisiert mit Blick auf die Energiekrise frühere Bundesregierungen.
01.12.2022 12:00
Lesezeit: 5 min
Märkisches Landbrot: „Energie war zu lange günstig“
Brote in der Brotbäckerei demeter Märkisches Landbrot. (Foto: Märkisches Landbrot)

Die Geschichte von Märkisches Landbrot reicht zurück in die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. Damals machten in den Berliner Vororten Landbrotbäckereien auf. Seit April 1930 stellte Friedrich Messerschmidt das beliebte Berliner Landbrot her. 1981 übernahm der Ökonom und Bäcker aus Leidenschaft Joachim Weckmann das Unternehmen. Der Fokus wurde bei der reinen Lieferbäckerei auf den regionalen Verkauf - anfangs in Bioland-Qualität - gelegt. Dabei wurde immer auf die enge Zusammenarbeit mit Bauern und Müllern aus der Region Wert gelegt.

Mit der Wende kam der neue Markt

Mit der Wende 1989 und der Öffnung eines neuen Marktes nach der Wiedervereinigung verlagerte sich der Fokus auf die Demeter-Grundsätze. Das Unternehmen backt seine Teigwaren seit 1992 nach den entsprechenden Richtlinien. Generell gilt, dass der gesamte Betrieb bewusst und konsequent auf Nachhaltigkeitsstrategien ausgerichtet ist.

Heute ist Märkisches Landbrot ein Unternehmen mit 60 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und einem Jahresumsatz von etwa 9,6 Millionen Euro. Die Getreidemühle und Brotbäckerei demeter stellt 33 Brotsorten und 11 Brötchensorten sowie 5 Sorten Kleingebäck her. Beliefert werden Betriebe aus dem Bio-Fachhandel, beispielsweise Bio-Supermärkte wie die Bio-Company, Alnatura, LPG-Biomarkt, viele kleinere Bioläden aber auch Schulen und Kitas.

Transparenz bei den Zutaten sehr wichtig

Joachim Weckmann hat sich von der Geschäftsleitung zurückgezogen und das Unternehmen an die dafür neu gegründete gemeinnützige Stiftung Märkisches Landbrot verschenkt, wie Geschäftsführer Christoph Deinert erklärt: „Als Stiftungsvorstand begleitet uns Joachim Weckmann weiter auf unserem Weg. Im Hintergrund der Brotbäckerei demeter steht also keine Privatperson mehr. Dadurch ist es nicht mehr möglich, dass das Märkische Landbrot vom Kapitalmarkt geschluckt oder verkauft werden kann. Der Fairnessgedanke ist genauso festgeschrieben wie die Tatsache, dass ein Drittel des Unternehmensgewinnes an die Stiftung geht. Damit werden Projekte im Sinne der Stiftungszwecke unterstützt. Ökologische Nachhaltigkeit bildet dabei das Grundfundament unserer ökologischen, ökonomischen und sozialen Entscheidungen.“

Wichtig ist den Bäckerinnen und Bäckern immer zu wissen, was in den Broten, Brötchen und im Kleingebäck drinnen ist. Das Getreide wird von regionalen Bauern gekauft, dann wird das Getreide bei regionalen Mühlen zu Mehl gemahlen. Genauso ist es auch bei anderen Zutaten, wie Deinert sagt: „Wir sind bezüglich der Inhalte und der Herkunft unserer Produkte sehr transparent. Man weiß sehr genau, woher die Zutaten für unsere Brote kommen. 75 Prozent des Getreides vermahlen wir sogar bei uns im Betrieb zu Vollkornmehl - wir sind also auch eine Mühle. Nur Auszugsmehle müssen wir regional extern vermahlen lassen.“

Getakteter Arbeitsablauf beim Märkischen Landbrot

Es gibt unterschiedliche Schichten bei der Märkischen Landbrot GmbH. Einige Bäcker kommen um 17 Uhr und um 19 Uhr kommen nochmal weitere Bäcker. Der Schwerpunkt der Arbeit findet nachts statt. Da auch bis nach Rügen geliefert wird und zum Zeitpunkt der Ladeneröffnung das Brot da sein muss, läuft der Betrieb sehr getaktet ab. Pünktlich bis 3 Uhr verpacken die Kommissionierer die Ware und teilen sie jeweils den einzelnen Touren zu. Eine halbe Stunde später fahren die ersten Fahrer schon mit der Ware vom Hof. Dies hat einen wichtigen Grund, sagt Deinert: „Unsere Fahrer können auf diese Weise die ampelfreie Zeit in Berlin nutzen und so einfacher durch den Stadtverkehr kommen.“

Wechselschichten gibt es aus gesundheitlichen Gründen nicht. Viele Mitarbeiter arbeiten bewusst lieber nachts als tags, wie Deinert berichtet. Nachts ist es ruhiger und die Bezahlung stimmt.

Deinert: „Energie war zu lange günstig“

Die Energiekrise trifft auch die Märkische Landbrot GmbH. Eine Mitschuld gibt Deinert dabei der Politik der Vorgängerregierungen: „Wir müssen nun gemeinsam ausbaden, dass sich gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen nicht innerhalb von einem halben Jahr ändern lassen. Uns ist auch bewusst, dass die notwendige Geschwindigkeit, mit der sich nun etwas ändern muss, auch zu einem Mehraufwand in unserem Betrieb führt. Wir sind dankbar, dass sich Politiker gefunden haben, die diese undankbare Aufgabe angenommen haben und auf allen Ebenen versuchen, den Tanker Deutschland schrittweise auf einen intelligenten und nachhaltigen Weg zu steuern.“

Deinert ist der Meinung, dass Energie zu lange zu günstig war. Alle haben von der billigen Energie (Gas/ÖL) profitiert. Natürlich müsse jetzt geschaut werden, wie die Kostensteigerungen sozial abpuffert werden können. Damit sich die Gesellschaft nachhaltig entwickeln kann, seien Energiepreiserhöhungen notwendig und gut und es wäre wünschenswert, dass die Energiekosten auch nach der Energiekriese hoch bleiben, so Deinert. Wichtig sei, dass die Kosten mit politischen Mitteln sozial abgepuffert werden, hoffentlich zukünftig zunehmend nicht nach dem Gießkannenprinzip.

Die Gesellschaft brauche Veränderung und auch einen Anstoß. Jetzt sieht Deinert mehr Menschen über Nachhaltigkeit nachdenken, die es bisher nicht getan hätten. Unabhängig des aufs Schärfste zu verurteilenden Angriffskriegs auf die Ukraine durch Russland ist Deinert überzeugt, dass in der Energiekriese auch eine ökologische und ökonomische Chance liegt, notwendige Veränderungen politisch schneller angehen zu können. So könnte eine moderne Einwandererpolitik beispielsweise den zunehmenden Fachkräftemangel im Deutschen Handwerk mildern.

Preiserhöhung als eine Herausforderung

Sehr wichtig für die energieintensiven Handwerksbäcker ist die Energiepreisbremse, wie Deinert erzählt: „Ohne die Energiepreisbremse im September hätten wir Mehrkosten von jährlich einer Million Euro gehabt. Das wäre dann vor allem für unsere Kunden schwer geworden. Wir mussten bereits zum Oktober eine rohstoff- und lohnkostenbedingte Preiserhöhung von 11,3 Prozent durchführen, die von unseren Kunden gut und mit viel Verständnis angenommen wurde. Unsere Kunden kennen uns als verlässlichen (auch preisverlässlichen) Partner und uns ist auch in diesem Bereich Transparenz sehr wichtig. Die Energiekostenerhöhung trifft uns erst ab dem Jahreswechsel und wir haben die zu erwartenden Kosten noch nicht weitergeleitet.“

Märkisches Landbrot ist eine Lieferbäckerei. Da die Bäcker 70 – 80 Prozent der hergestellten Produkte in den Biofachhandel liefern, spürt man Entwicklungen bei den Kunden genau. Ein Teil der durch die hohe Inflation betroffenen und preisbewussten Endkunden kauft inzwischen mengenbewusster ein. Dieser Vorgang hat bei der Brotbäckerei zu einem verringerten Absatz von fünf bis zehn Prozent geführt.

Für Mai ist geplant, die bereits bestehenden zwei 500 kW-Erdgasbrenner der Backofenanlage mit Wechselstoffbrennern auszustatten. Diese würden eine Nutzung von Erdgas, Heizöl und LNG-Gas ermöglichen. Ziel ist langfristig als energieintensives Unternehmen auch im Bereich Wärme auf Ökostrom umzustellen. Dafür sei ein günstigerer Ökostrom erforderlich, erklärt Deinert. Die elektrische Energie bezieht die Firma bereits seit dem Jahr 2001 als Ökostrom.

Unternehmen setzt auf Kombination von Teilzeit- und Vollzeitverträgen

Bezüglich Teilzeit- und Vollzeitstellen, gibt es bei Märkisches Landbrot beide Optionen, wie Deinert sagt. Dem Unternehmen sei wichtig, auch das Recht auf Teilzeit hochzuhalten und dessen Vorteile zu verdeutlichen. Es würde die Gesundheit der Arbeiter fördern. Gerade junge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen legen inzwischen mehr Wert auf ihre Work-Life-Balance und nehmen dafür Lohneinbußen in Kauf. Wird der Krankenstand im Betrieb hoch, profitiert auch der Betrieb von flexibleren Mitarbeitern.

Die Aussichten des Unternehmens beurteilt Deinert positiv. Die Personalnot, die die Bäckerkollegen teils hart trifft, fällt bei ihm im Betrieb nicht ganz so hart aus. Durch den guten Ruf, die flexiblen Arbeitsbedingungen und eine transparente Lohnstruktur gebe es ein großes Interesse an der Brotbäckerei Demeter, sagt Deinert. Zu wünschen wäre, dass die Zahl der sich bewerbenden Akademiker zugunsten von ausgebildeten Bäckern zurückgehe.

Deinert: „Wie in der Vergangenheit setzt Märkisches Landbrot auch auf Bäcker und Bäckerinnen mit Migrationshintergrund. Damit wurden bereits seit vielen Jahren gute Erfahrungen gemacht. Das Haupthindernis ist dabei die Sprache. Wir brauchen ein Mindest-Sprachniveau von B1, darüber hinaus bieten wir - auf die Mitarbeiter zugeschnittene - kostenlose Deutschkurse zur Weiterentwicklung an. So gleichen wir den hiesigen Trend zur Akademisierung mit Nachwuchs aus noch eher handwerklich orientierteren Ländern aus. Entscheidend sind die Lust und Freude am Backen. Die erfährt der Kunde anhand der Brotqualität."

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