Die Europäische Union hat 300 Milliarden Euro an Reserven der russischen Zentralbank beschlagnahmt. Das sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Videobotschaft auf Twitter. Dazu hat die EU auch Gelder russischer Oligarchen im Umfang von 19 Milliarden Euro eingefroren. Das Geld solle zunächst am Finanzmarkt angelegt werden, um später damit die Schäden zu bezahlen, die Russland in der Ukraine verursacht hat.
„Russland muss auch finanziell für die von ihm verursachten Zerstörungen aufkommen. Der Schaden, den die Ukraine erlitten hat, wird auf rund 600 Milliarden Euro geschätzt“, so von der Leyen auf Twitter. „Russland und seine Oligarchen müssen die Ukraine für den Schaden entschädigen und die Kosten für den Wiederaufbau des Landes übernehmen. Und wir haben die Mittel, um Russland zur Kasse zu bitten“, so die EU-Kommissionspräsidentin weiter.
EU beschlagnahmt Reserven der russischen Zentralbank
„Wir haben 300 Milliarden Euro der Reserven der russischen Zentralbank blockiert. Und wir haben 19 Milliarden Euro an russischen Oligarchengeldern eingefroren“, so von der Leyen. „Kurzfristig könnten wir mit unseren Partnern eine Struktur schaffen, um diese Mittel zu verwalten und zu investieren. Die Erlöse würden wir dann für die Ukraine verwenden.“
Sobald die Sanktionen aufgehoben seien, würden diese Gelder so eingesetzt werden, dass Russland die Ukraine vollständig für den entstandenen Schaden entschädigt, ergänzte von der Leyen. „Wir werden mit unseren Partnern an einem internationalen Abkommen arbeiten, um dies zu ermöglichen. Und gemeinsam können wir legale Wege finden, um dies zu erreichen. Die grausamen Verbrechen Russlands werden nicht ungestraft bleiben.“
Die angekündigten Reparationszahlungen setzen allerdings voraus, was aktuell in weiter Ferne liegt: einen Friedensvertrag. Denn die Freigabe dieser Mittel an Russland könnte von einem Friedensabkommen abhängig gemacht werden, das auch russische Reparationszahlungen umfassen würde, erklärten EU-Beamte am Mittwoch.
Ukraine irritiert über EU-Angaben zu Verlusten
Doch davon sind beide Seiten in der Ukraine jedoch noch weit entfernt. Auch mehr als neun Monate nach Beginn des Krieges ist kein Waffenstillstand – geschweige denn ein Friedensvertrag – in Sicht. Die Verluste auf beiden Seiten steigen täglich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sogar von 100 000 angeblich getöteten ukrainischen Soldaten. Diese Aussage sorgte in Kiew für Irritationen und wurde kurz darauf von der EU aus dem Video gelöscht.
Gegenüber dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen hob der ukrainische Präsidentensprecher Serhij Nykyforow hervor, dass nur der Oberkommandierende der Streitkräfte, der Verteidigungsminister oder der Präsident belastbare Zahlen über Verluste veröffentlichen können. Präsident Wolodymyr Selenskyj werde offizielle Daten publik machen, „wenn der richtige Moment“ gekommen sei, da das eine sensible Information sei.
Kiew habe bereits in Brüssel angefragt, woher von der Leyen ihre Informationen habe, sagte Nykyforow. Die Ukraine veröffentlicht bisher nur äußerst selten Informationen über Verluste in den eigenen Reihen.
Russischer Oligarch beklagt hohe Verluste
Der Milliardär Alexej Mordaschow, vor dem Krieg der reichste Mann Russlands, bestätigte die Beschlagnahmung von Teilen seines Vermögens und beklagt sich über hohe Verluste durch die westlichen Sanktionen.
„Wir bei Severstal haben etwas mehr als 400 Millionen Dollar (400 Millionen Euro) verloren – die sind in Europa hängengeblieben, wurden als Waren- und Geldreserven beschlagnahmt“, sagte der 57-Jährige am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Es sei derzeit sehr schwer, Exporteinnahmen ins Land zurückzuführen, klagte er zugleich.
Inwieweit die eingefrorenen Gelder russischer Oligarchen Teil der Reparationszahlungen an die Ukraine sein werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Zwar erwähnt von der Leyen die blockierten Vermögen explizit. Doch an der Rechtssicherheit dieses Vorgehens gibt es erhebliche Zweifel.
Nicht so bei der EU-Kommissionspräsidentin. Sie sagte im Hinblick auf mögliche Rechtskonflikte, die EU arbeite derzeit zusammen mit anderen Partnerstaaten an einer Lösung. „Zusammen können wir rechtsichere Wege finden“, so von der Leyen.